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03.09.2011


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Antikriegstag 2011

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung in Bremen am 1. September 2011

Liebe Freundinnen und Freunde,

Andrea Kolling (in Bremen)



- Es gilt das gesprochen Wort -



Ich spreche hier für die Bremische Stiftung Rüstungskonversion und Friedensforschung

Rüstungskonversion - Was ist denn das? Auch hier in Bremen weiß das kaum noch jemand - obgleich das Land Bremen bundesweit einmal der Vorreiter war - Bremen hatte nämlich als einziges Bundesland - einen Konversionsbeauftragten für die innerbetriebliche Rüstungskonversion.

Einen Beauftragten für die Umwandlung von militärischer Produktion in zivile Produktion - heute ist das so gut wie vergessen.

Seit 10 Jahren gibt es den Konversionsbeauftragten nicht mehr - dafür ist seit 10 Jahren - eine andere Marschrichtung angesagt - die militärische Marschrichtung und das weltweit.

Vor 10 Jahren - wir erinnern uns: 9/11 - Jetzt werden wir alle wieder mit Bildern der einstürzenden World- Tradecenter bombardiert - militärisch gesagt.

Tief ins kollektive Gedächtnis sollen sich diese Bilder einbrennen - das wir das Ereignis bloß nicht vergessen - denn: seitdem ist Kriegszustand - die NATO hat den Verteidigungsfall seit 10 Jahren ausgerufen - auch schon vergessen?

Seit nunmehr 10 Jahren erliegt die sog. Internationale westliche Staatengemeinschaft dem permanenten Irrglauben Konflikte mit militärischer Gewalt eindämmen zu können - Konflikte zu lösen - und vor allem - auch wenn das nicht so gesagt wird: man will militärisch siegen.

Nur keine Niederlage - kein Rückzug - keine Umkehr - immer weiter so - Militarisierung nach Innen und nach außen. Und die Kosten dessen werden kleingeredet, bewusst verschleiert. Von den Opfern ganz zu schweigen.

Aktuell blicken wir auf den NATO Krieg gegen Libyen. Hier ist die NATO praktisch die Luftwaffe der Aufständischen.

Bereits über 20.000 Einsätze hat die NATO geflogen. Nur eine Flugverbotszone war die Vorgabe - zum Schutz der Bevölkerung und als Ziel galt offiziell ein Waffenstillstand und nicht Gaddafi sturmreif zu Bomben. UNO gescheitert? - NATO gesiegt?

Mit der UN-Entschließung nahmen es Paris und andere Hauptstädte nicht so genau und so wurden Waffen an die Rebellen trotz UN-Embargo geliefert.

Ein nicht militärisch orientiertes Europa - ein friedensstiftendes ziviles Europa nur noch Wunschdenken und Vergangenheit?

Und Deutschland? Ist das die werteorientierte Außenpolitik, die von Regierungsseite offiziell verkündet wird? Eine werteorientierte Außenpolitik ist blanke Rhetorik.

Ein Bereich von Außenpolitik sind die Rüstungsexporte - auch wenn das nicht an die große Glocke gehangen wird.

Und Deutschland zählt seit Jahren zu den größten Rüstungsexporteuren weltweit. In den letzten Jahren immer auf dem dritten Platz hinter den USA und Russland. Deutschland ist damit Europameister vor den großen Konkurrenten Frankreich und Großbritannien.

Die Lieferung von Waffen und Rüstungsmaterialien an menschenverachtende Regime, an Despoten ist seit Jahrzehnten gängige Politik. Obgleich die Richtlinien und Grundsätze etwas anderes fordern. Aber es gibt kein Rüstungsexportgesetz - dass Rüstungsexporte klar verbietet.

Hochaktuell seit gestern bekannt: sind deutsche Sturmgewehre vom Typ - G 36 von Heckler & Koch in Libyen aufgetaucht. Überraschung?

Bei beiden Kriegsparteien den Rebellen und bei den Gaddafi-Truppen. Das Hightech-Gewehr der Oberndorfer-Waffenschmiede ist besonders zielgenau, durchschlagend und kann 750 Schuss pro Minute abfeuern. Grandios. zynischer

Und dazu noch eins oben drauf: Gruseligerweise auch noch eine Spezialausführung für Spezialtruppen mit verkürztem Lauf . Abwarten ob aufgeklärt werden kann wer, wann, wem genau, wieviel dieser Waffen geliefert hat. Die Bundesregierung an Gaddafi - dem europäischen Partner für die Flüchtlingsabwehr? Bereits 2005 die schwarz-rote Bundesregierung wie heute gemutmaßt wird. Damals haben deutsche Polizeibeamte Gaddafis-Spezialtruppen trainiert.

Drei aktuelle weitere Rüstungsexportde Beispiele an drei Länder jedes skandalös - will ich hier kurz skizzieren.

1. Saudi-Arabien als erstes

Viel Empörung löste In diesem Frühsommer der Panzer-Deal mit Saudi-Arabien aus. Mitten im arabischen Frühling genehmigt die Merkel-Regierung 200 Leopard II Kampfpanzer. Dabei hatte das autoritäre Regime in Saudi-Arabien gerade erst dazu beigetragen, die Demokratiebewegung in Bahrain mit europäischen Waffen blutig niederzuschlagen. Die Leopard II Panzer für Saudi-Arabien werden dazu noch speziell für urbanes Gelände optimiert - das heißt sie sind besonders zur Niederschlagung von Aufständen geeignet.

200 Stück - ein dickes Profitgeschäft für die deutschen Panzerbauer!

Und nochmal das G 36 - diesmal für Saudi-Arabien: Es wurde bekannt das Heckler & Koch mit Erlaubnis der Bundesregierung eine ganze Herstellungsanlage für das deutsche Sturmgewehr G 36 nach Saudi-Arabien geliefert hat. Das war bereits die schwarz-rote

Bundesregierung, wie dem Rüstungsexportbericht für das Jahr 2008 zu entnehmen ist. Jetzt ist die Fabrik fertig zur Waffenproduktion und Saudi-Arabien wirbt bereits international für den deutschen Exportschlager.

2. Angola

Und noch ein Rüstungsdeal in diesem Sommer erhitzte die Gemüter. Diesmal genehmigte die Merkel-Regierung der Bremer Lürssenwerft 6-8 Schnellboote an Angola zu liefern. Der Deal umfasst ein Volumen von bis zu 60 Millionen Euro. Mit der fadenscheinigen Begründung gegen Piraterie und illegale Fischerei - an das arme Angola. An eine zweifelhafte Regierung - aber gut für die Bremer Werftenauslastung.

Ein letztes Beispiel aus diesem Sommer:

3. Israel

Ein weiterer Rüstungsdeal wurde gerade von Verteidigungsminister Thomas de MaiziŠre in Israel eingefädelt. Der Verkauf eines U-Bootes. Das wird die Merkel Regierung mit 135 Millionen Euro unterstützen! subventionieren.

Das U-Boot vom Typ Dolphin II kostet rund 500 Millionen Euro. Gebaut werden soll es in Kiel, und Bremen liefert wie immer bei U-Booten zu.

Es wird das sechste U-Boot, das Deutschland an Israel liefert. Die ersten beiden bekam Israel in den 90er Jahren geschenkt, zwei weitere hat die rot-grüne Bundesregierung 2005 kurz vor dem Ende der Regierungszeit gebilligt, und nun die Bundesregierung von Angela Merkel.

Doch dazu sind im jüngsten Krieg in Gaza israelische U-Boote benutzt worden, um Raketen auf Gaza-Stadt abzuschießen. Das heißt, genau wie Kampfpanzer auch, werden U-Boote auch in den inneren Konflikten und Kriegen eingesetzt.

Das Brisante an den Dolphin-U-Booten ist jedoch, dass diese nicht nur über Standard-Torpedorohre verfügen, sondern auch mit größeren Torpedorohren vom Kaliber 650 Millimeter ausgestattet worden sind. Diese können mit atomar bestückten Marschflugkörpern ausgerüstet werden. Damit liefert Deutschland ein Beitrag zur nuklearen Aufrüstung in der Nahostregion.

Hier bei uns sind die Werften mit dem neuen U-Boot-Folgeauftrag auch in Zukunft ausgelastet sind: Mit dem sechsten U-Boot würde die deutsche Finanzhilfe für U-Boot-Geschäfte mit Israel insgesamt mehr als eine Milliarde Euro betragen - Geld, der SteuerzahlerInnen das der deutschen Werftindustrie und ihren Zulieferen auch hier in Bremen zugute kommt. Ein beschämende Tatsache!

Und allen Protesten zum Trotz - deutsche Waffenlieferungen in den Nahen Osten gab es schon viele. Eine desaströse Rüstungsexportpolitik.

Exporte sind für Rüstungsunternehmen in Zeiten leerer öffentlicher Kassen die Möglichkeit, ihre todbringenden Produkte weiterzuentwickeln und zu verkaufen. Um die geringere Binnen-Nachfrage zu kompensieren, nutzen die Waffenlobbisten ihre Macht um verstärkt in den Export gehen zu können - mit Hilfe der Bundesregierung. Da interessieren die Grundsätze wenig. Auch wenn Waffenlieferungen in Krisengebiete nach den deutschen Rüstungsexportrichtlinien untersagt sind.

Wir fordern in der Kampagne: Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel: ein Passus im Grundgesetz: der lautet: "Der Export von Kriegswaffen und Rüstungsexporten ist grundsätzlich verboten."



Andrea Kolling ist Vorsitzende der Bremische Stiftung Rüstungskonversion und Friedensforschung.

E-Mail: andreamkolling (at) web (Punkt) de
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