60 Jahre
Hiroshima


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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2005

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Redebeitrag anlässlich des 60. Gedenktages an die Atombomben- abwürfe auf Hiroshima (6.8.1945) und Nagasaki (9.8.1945) - auf der Domplatte in

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

Helmuth Prieß (in Köln)

Als ich 1990 zusammen mit 20 weiteren Offizieren und Unteroffizieren öffentlich erklärte "Wir stimmen der Aussage "alle Soldaten sind potentielle Mörder" zu" - weil die Strategie der NATO zu völkerrechtlich verbotenem unterschiedslosem Töten, zum Völkermord, führt", da riefen Konservative Zeter und Mordio, Verteidigungsminister Stoltenberg ließ gegen den Willen meiner militärischen Vorgesetzten - übrigens hier im Kölner Heeresamt - ein militärgerichtliches Verfahren gegen mich einleiten und eine mit einem Zivil tragenden Richter und mit 2 Oberstleutnanten besetzte willfährige Kammer degradierte mich vom Major zum Oberleutnant - allein der materielle Schaden dieses für mich und meine Familie exsistenzvernichtenden Urteils entspricht einer Geldstrafe von ca. 400.000,00 Euro.

Das Urteil wurde in letzter Instanz aufgehoben, die Degradierung gestrichen, und bald darauf wurde ich zum Oberstleutnant befördert. Damit bestätigte das Gericht, dass der Einsatz von Atomwaffen, der sogenannte unterschiedlose Waffeneinsatz, Soldaten immer zu Mördern macht!

Die Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki vor 60 Jahren waren Terrorangriffe gegen die Zivilbevölkerung, sie waren völkerrechtswidriger Massenmord. Und so sind die Besatzungen der Bomber Mörder; Mörder sind auch deren militärische Vorgesetzte und ein Mörder ist auch der damalige amerikanische Präsident Truman.

Trotz dieses Tiefpunkts in der Menschheitsgeschichte, trotz der erfreulichen ABC-Abrüstungsverhandlungen vor rund 20 Jahren, trotz des Endes der Ost-Westkonfrontation, trotz des Urteils des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag, das Androhung und Einsatz von Atomwaffen für völkerrechtswidrig erklärt und die völlige Abrüstung der Atomwaffen fordert, sind die Gefahren eines Atomwaffeneinsatzes nicht gebannt - vielleicht sogar erhöht,



1.weil die Atomwaffenstaaten, besonders die USA und Russland, immer noch über tausende Sprengköpfe höchster Spreng- und Strahlungskraft verfügen, um die Welt mehrfach vernichten zu können, und



2.weil die Zahl der Atomwaffenbesitzer zugenommen hat und sehr wahrschein- lich noch weiter wächst.


Der Versuch der USA, die von ihnen so genannten Schurkenstaaten vom Atomwaffenbesitz fernzuhalten, erinnert an den trinksüchtigen Vater, der seinem Sohn den Konsum von Softdrinks verbieten will. Die USA brauchen eine Entziehungskur und alle anderen Atommächte auch! Das würde die Welt sicherer machen!

Was ist eigentlich der Grund, dass z.B. Großbritannien noch über Atomwaffen verfügt? Abschreckung von Gefahren von außen? Da könnte ja jedes Land der Welt auf Atomwaffen- besitz bestehen!

Was ist der Grund, dass heute noch 150 Atomsprengköpfe in Ramstein und Büchel auf deutschem Boden lagern? Ihre vermeindlich abschreckende Wirkung zu Zeiten des Ost-West-Konfliktes ist nicht mehr gefragt! US-Atomwaffen auf deutschem Boden sind eine konkrete, erhöhte Gefahr für uns, da diese Waffen uns an die Atomwaffeneinsatz-Strategie der USA binden.

Die USA



-haben den Antiraketenbegrenzungs-Vertrag (genannt ABM-Vertrag) mit Russland aufgekündigt und wollen im Weltraum rüsten,



-sie sind mitschuldig am ergebnislosen Verlauf der Überprüfungs- konferenz des "Nichtweiter-Verbreitungs-Vertrages" von A-Waffen



-und Sie prahlen mit ihrem Rüstungsziel, mit neuen, treffgenaueren und mit kleinen atomaren Sprengköpfen bestückten Raketen tief im Boden verbunkerte Ziele vernichten zu können. Die Führbarkeit atomarer Einsätze rückt dadurch immer näher. Als Soldat sage ich: Der atomare Schmutz muss weg - und jede deutsche Regierung muss sich besonders intensiv dafür einsetzen!


Zur "Treffgenauigkeit" von US-Waffen muss ich noch sarkastisch hinzufügen: Sie, die US-Waffen. treffen mit ihrem friedly fire ihre eigenen Soldaten und Verbündete, natürlich treffen Sie auch punktgenau z.B. eine iranische Verkehrsmaschine mit über 200 Fluggästen über dem persischen Golf, in Belgrad treffen Sie die chinesische Botschaft und Krankenhäuser, in Nis die Tabakfabrik, punktgenau treffen sie einen Personenzug auf der Drinabrücke, sie treffen Flüchtlingsgruppen im Kosovo, eine mit schutzsuchenden Zivilisten gefüllte Tiefgarage in Bagdad und sie treffen punktgenau Hochzeitsfeiern in Afghanistan

Liebe Bürgerinnen und Bürger, unser aller Ablehnung muss sich natürlich gegen jede Art militärischer Aufrüstung richten! Atomwaffen sind der scheußliche

I-Punkt auf der Wirksamkeit und Grausamkeit konventioneller Waffen! Die Ächtung der Landminen, das Engagement gegen den Export von Kleinwaffen (die oft in den Händen von Kindersoldaten landen) und die deutsche Weigerung an der Teilnahme am völkerrechtswidrigen Krieg der USA und einer Hand voll Mitläufer gegen Irak, sind neben unerfreulichen militärischen Entscheidungen Lichtblicke deutscher Außenpolitik. Wer keine deutschen Soldaten im Irak oder in ähnlichen Szenarios kämpfen und sterben sehen will, dem ist doch bei der bevorstehenden Bundestagswahl klar, welcher möglichen Koalition er im Namen des Friedens seine Stimme nicht geben kann!

Bündnisverteidigung und friedenserhaltende Blauhelmeinsätze: Dazu sage ich "Ja". Aber: "Frieden mit Waffen erzwingen zu wollen, das ist eine gefährliche Illusion"! So die Position der Offiziere und Unteroffiziere des Arbeitskreises DARMSTÄDTER SIGNAL. Vorbeugende, zivile Maßnahmen zur Konflikt-regelung sind das Mittel der Wahl!

Auch Terroranschläge können nicht mit Waffen, Scharfschützen, Bundeswehr- einsatz im Inneren oder Überflugverboten ausgeschlossen werden. Die reichen Länder der Welt sind aufgerufen endlich abzugeben - also auch wir hier! - und für Gerechtigkeit weltweit einzutreten. Entscheidend ist, die Ursachen für den Terrorismus zu bekämpfen! Menschen brauchen Lebensperspektiven und Chancen zur Selbstverwirklichung - dann laufen sie auch keinen "Rattenfängern des Terrors" hinterher!

Der Weltjugendtag - besser das Welttreffen der katholischen Jugend - steht kurz bevor. Ich gebe zu " dass mich derartige gesteuerte, buchbare Mega-Events, deren Teilnehmer mit vorbereiteten Kennzeichen, Karten und Kochgeschirren herumlaufen, nicht sonderlich begeistern.

Wenn aber schon alle Bürger ungefragt mit Ihren Steuern, Bankkosten, Telefon- gebühren, RWE-Rechnungen, überfüllten Straßen und Verkehrsmitteln und Um- weltschäden, mit Ausfall von Schulunterricht, und, und " und - diese Massen- schau mittragen müssen, dann erwarte ich, und da stehe ich ja sicher nicht allein, dass davon erkennbare Impulse für das Verständnis zwischen den Religionen ausgehen, für verstärkten Einsatz gegen den Hunger und für mehr soziale Gerechtigkeit weltweit, für mehr Schutz unserer Umwelt und für eine Welt ohne Waffen und Kriege, denn "Jeder Soldat auf dieser Welt ist ein Soldat zu viel!".

Schön, wenn der katholische Militärbischof beim jährlichen, nächsten Friedensgebet der Soldaten hier im Kölner Dom, den letzten Satz meiner Worte in seine Predigt aufnehmen würde!



Helmuth Prieß ist Oberstleutnant a.D. und Sprecher des Arbeitskreises "DARMSTÄDTER SIGNAL"

E-Mail: helmuthpriess@darmstaedter-signal.de

Website: www.darmstaedter-signal.de
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