60 Jahre
Hiroshima


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Hiroshima- und Nagasaki-Tag 2005

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Redebeitrag für die Kundgebung am Antikriegs-Mahnmal von Alfred Hrdlicka (Dammtordamm) in Hamburg am 5. Augsut 2005

Liebe Freundinnen und Freunde,

Bert Wahls (in Hamburg)

60 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ist die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen in einer kriegerischen Auseinandersetzung größer geworden. In einer Erklärung Mohamed el Baradais, Generaldirektor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) heißt es: "Wenn die Welt ihren Kurs nicht ändert, riskieren wir die Selbstzerstörung. Der gesunde Menschenverstand wie die jüngsten Ereignisse machen mehr als klar, dass der nukleare Nichtverbreitungsvertrag (...) an die Realitäten des 21. Jahrhunderts angepasst werden muss.(...) Wir brauchen dringend einen Fahrplan für die Abrüstung von Atomwaffen- und anfangen sollten wir mit einer deutlichen Reduzierung der 30.000 Atomsprengköpfe, die es nach wie vor gibt.(...) Wir dürfen nicht länger dem Irrglauben anhängen, dass das Streben nach Atomwaffen bei einigen Ländern moralisch verwerflich ist, während wir bei anderen moralisch akzeptieren, dass sie für ihre Sicherheit auf Atomwaffen bauen."

1968 haben sich die Atomwaffenmächte China, Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion und USA im Nichtverbreitungsvertrag (NVV, auch als Atomwaffensperrvertrag bekannt, engl. NPT) verpflichtet, "in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung." Im Gegenzug ließen sich die Nicht-Atomwaffenstaaten darauf ein, ihrerseits keine Atomwaffen zu erwerben oder herzustellen. Doch die Hoffnung, der NVV könnte rasch zur Abrüstung von Atomwaffen führen, hat sich nicht bewahrheitet. Heute werden wieder neue Atomwaffen entwickelt, und sogar in mehr Ländern als je zuvor. In den USA hat der Kongress Ende 2003 Gelder zur Entwicklung sog. Mini Nukes (Mini Atomwaffen), für Bunkerknacker, zum Bau einer Produktionsanlage für Plutoniumkerne und für Vorbereitungsarbeiten auf dem Atomtestgelände in Nevada bewilligt. Neue Raketen und Weltraumbomber sollen den Transport von Sprengköpfen an jeden Ort der Erde sicherstellen.

Erweitert wird das Offensivarsenal um Raketenabwehrsysteme und Weltraumwaffen. China reagiert auf die US-Raketenabwehrpläne mit einer beschleunigten Modernisierung seines Arsenals, z.B. mit der Entwicklung einer Interkontinentalrakete, die jederzeit einsatzbereit wäre. Russland hat den Bau neuer Atomraketen angekündigt. Putin will, dass Russland wieder zur "Weltraketenmacht" wird. Frankreich modernisiert seine gesamte Atomstreitmacht mit neuen Raketen, Cruise Missiles, Sprengköpfen und Bombern.

Großbritannien patrouilliert die Weltmeere jederzeit mit einem U-Boot und 48 Sprengköpfen, will eine Anlage zur Entwicklung neuer Atomwaffen bauen und profitiert vom Modernisierungsschub in den USA.

Nicht vergessen werden dürfen auch die sog. Defacto-Atommächte Indien, Pakistan und Israel: Indien und Pakistan sind jeweils im Besitz von einigen Dutzend Atomsprengköpfen. Sie arbeiten beide an Raketen größerer Reichweite, und tragen so zur weiteren Destabilisierung einer ohnehin schon gewaltträchtigen Region bei. Israel hat seine Atomwaffen nie offiziell bestätigt, verfügt aber über 75-200 atomare Sprengköpfe sowie eine Bandbreite von Trägersystemen wie Raketen und Bomber. Von UBooten aus könnte Israel atombestückte Torpedos und Cruise Missiles abschießen. Jüngst wurden nukleare Ambitionen weiterer Staaten bekannt. Beispiele sind Nordkorea, Iran und Libyen; ebenso wurde über Ägypten spekuliert. Auch der Verbleib von Atomwaffen und -materialien aus dem riesigen Bestand Russlands scheint nicht immer gesichert.

Der Stand des Atomwaffensperrvertrages wird alle fünf Jahre überprüft. Im Mai 2005 kamen die Mitgliedsstaaten des NVV (dem lediglich Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea nicht angehören) zur Vertragsüberprüfung nach New York.

Im Abschlußbericht der vorletzten Überprüfungskonferenz im Jahre 2000 erklärten die 187 Länder gemeinschaftlich "eine eindeutige Verpflichtung der Länder mit nuklearen Waffen zu einer völligen Abschaffung ihrer Atomwaffen". Leider haben sie sich aber auf keinen Zeitplan festgelegt.

Dies ist der Schritt, der noch fehlt. Aber auch diesmal wurde die Chance vertan, die im Jahr 2000 einstimmig vereinbarten 13 praktischen Abrüstungsschritte auf die Tagesordnung zu setzen, und die beschlossene Abrüstung endlich einzuleiten.

Angesichts dieser verfahrenen Situation haben die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki, Tadatoshi Akiba und Iccho Itoh, eine Dringlichkeitskampagne zur Abschaffung aller Atomwaffen gestartet. Die Kampagne wird von der Weltkonferenz der Bürgermeister für den Frieden, der internationalen Initiative Mayors for Peace getragen. Mayors for Peace beabsichtigt deshalb, durch Hunderte Bürgermeister, Tausende Vertreter von NGO`s und Hunderttausende Menschen den Regierungen auf der NPT Überprüfungskonferenz 2005 klarzumachen, dass wir einen weiteren bedeutungsvollen Schritt nach vorne erwarten. Der Wille der Völker der Erde wird gehört werden und wir werden zu einem Verbot von Atomwaffen kommen, um spätestens im Jahr 2020 in einer atomwaffenfreien Welt zu leben.

Wir haben den Hamburger Bürgermeister auf die Überprüfungskonferenz hingewiesen, und ihn gebeten an dieser Konferenz teilzunehmen. In einem höflichen Antwortschreiben der Senatskanzlei wurde uns mitgeteilt, dass eine Teilnahme des Bürgermeisters nicht geplant sei. Auf unsere weitere Bitte, am 6. bzw. 9. Aug. 2005 in einer öffentlichen Feierstunde der Opfer Hiroshimas und Nagasakis zu Gedenken, wurde nicht eingegangen.

Wir haben uns dann an bisher zwei Bezirksversammlungen Wandsbek und Nord gewandt. Nord hat unsere Forderung aufgegriffen und ich zitiere den beschlossenen Antrag: "Die Bezirksversammlung bittet den Bezirksbürgermeister Mathias Fromann der Bewegung Mayors for Peace beizutreten und sich dafür einzusetzen, das auch der Erste Bürgermeister von Beust für die Stadt Hamburg Mitglied dieser Initiative zur weltweiten Beseitigung von Atomwaffen wird.

Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Worte, die Bürgermeister Max Brauer am 17. April 1958 auf dem Hamburger Rathausmarkt vor mehreren Zehntausend Demonstranten bekundete: "Ich selber habe es für meine Menschenpflicht und für meine Staatsbürgerpflicht gehalten, die Schirmherrschaft für die große Volksbewegung gegen den Atomtod und gegen den Wahnsinn des Atomwettrüstens zu übernehmen." Und am Schluss seiner Rede: "Wir wollen uns durch den Atomtod nicht überrumpeln lassen. Euer Erscheinen auf dem Hamburger Rathausmarkt, dieser gewaltige Aufmarsch vieler Zehntausende soll und wird bleiben eine große Kundgebung für den Frieden - Für den Frieden in der ganzen Welt."



Bert Wahls ist aktiv bei der Friedensinitiative Hamburg-Bramfeld.
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