Hiroshima-
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Hiroshima-/Nagasakitag 2007

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Rede-Manuskript der Ansprache am 6. August 2007 in der Ruine der Ägidienkirche Hannover zum Gedenktag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima:

Verehrte Anwesende,
Vertreterinnen und Vertreter der beiden Partnerstädte Hiroshima und Hannover,
Gäste, Freundinnen und Freunde,

Wolfgang Puschmann (in Hannover)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Im März 1939 hatte Carl Friedrich von Weizsäcker in 4 Sätzen beschrieben, was uns bis heute beschäftigt:

"Wenn Atombomben möglich sind, wird es in der heutigen Menschheit jemanden geben, der sie herstellt.

Wenn Atombomben hergestellt sind, wird es jemanden geben, der sie einsetzt.

Beides folgt aus der jahrtausendealten politischen Institution des Krieges.

Also hat die Menschheit jetzt nur noch die Wahl, entweder die Institution des Krieges zu überwinden oder sich selbst zugrundezurichten."

Am 6. August 1945 geschah dann das bis dahin Unvorstellbare.

Die US-amerikanische Atombombe "Little Boy" wurde in knapp 600 Metern Höhe zur Zündung über Hiroshima gebracht. Die Detonation tötete in vermutlich mehr als 70.000 Menschen sofort und zerstörte ca. 80 Prozent der Stadt.

Bis Ende 1945 wuchs die Zahl der Todesopfer auf etwa 140.000 an.

Bis heute kommt es aufgrund der Spätfolgen der Verstrahlung zu Erkrankungen, wodurch sich im Laufe der Zeit die Zahl der Todesopfer offiziell auf über 245.000 erhöhte.

Wir gedenken des sekundenschnellen Massensterbens ebenso wie des qualvollen Siechtums mehrerer Generationen.

Und wir gedenken auch der Versehrten und Verstörten.

Aber es gehört zum Mechanismus der Macht, dass die Erkenntnis des Leidens, das sie produziert, verboten oder verdrängt werden muss.

Und noch immer haben wir die Wahl, die Institution des Krieges zu überwinden oder uns selbst zugrundezurichten.

Und noch immer zählen die Argumente der Macht mehr als die Macht der Argumente.

Darum ist und bleibt das Erinnern wichtig.

Darum kommen wir hier zusammen.

Wir brauchen die Erinnerung und den Blick in den eigenen Abgrund - zum Überleben.

Darum habe ich noch immer die Hoffnung, dass auch eine offizielle Gedenkkultur dazu beiträgt, die zentralen Überlebensfragen der Zivilisation nicht nur auf dem Niveau einer McDonaldisierung zu bedenken.

Wir haben nicht nur das Problem der Butterpreise.

Und gerade Religionen und Kulturen können einen vielleicht schmalen, aber leuchtenden Weg zwischen den Fronten der Gewalt und Gegengewalt offen halten.

Wenn sich die politischen Argumentationsfelder erschöpft haben, muss eine Öffentlichkeit da sein, die an die Möglichkeit dieses Weges erinnert.

Der Dialog der Kulturen und Religionen ist vielleicht die einzige Sprache, die nicht von Waffen vergiftet werden kann, weil an seiner Wurzel nicht das Rechthaben, sondern der Wunsch nach Verstehen und Begreifen liegt.

Aber ohne eine gewandelte Erinnerungskultur "jenseits der Angst" werden wir nicht fähig, unsere Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen wahrzunehmen.

Im Zentrum bleibt die so schlicht anmutende Frage:

Wollen wir unsere Welt auf einer Kultur des Friedens oder auf einer Kultur der Gewalt aufbauen?

Die Frage ist noch nicht entschieden.

Umso wichtiger ist jedes Engagement im Sinne der UN-Charta:

"die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle - ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion - zu fördern und zu festigen..."

Damit nicht das Faustrecht die Ausweitung weltweiten Terrorismus` sichert.

Damit Realität wird, was im Gebet der Vereinten Nationen schon lange vorkommt:

Unsere Aufgabe ist es,

daraus einen Planeten zu machen,

dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden,

nicht von Hunger und Furcht gequält,

nicht zerrissen in sinnloser Trennung

nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung.

Gib uns den Mut und die Voraussicht,

schon heute mit diesem Werk zu beginnen,

auf dass unsere Kinder und Kindeskinder einst mit Stolz den Namen "Mensch" tragen.



Pfarrer Wolfgang Puschmann Stadtsuperintendent der Ev. Kirche für hannover. Vita siehe hier.

E-Mail: Stadtsuptur (Punkt) Hannover (at) evlka (Punkt) de

Website: http://www2.kirche-hannover.de
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