Hiroshima-
Tag 2011

update:
02.08.2011


 voriger

 nächster

Hiroshimatag 2011

 Reden/Berichte/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag anlässlich der Gedenkveranstaltung zum 66. Jahrestag des Atombombenabwurfes auf Hiroshima und Nagasaki am 6. August 2011 in Berlin

Neuaufnahme: Bitte bearbeiten!

Ingeborg Junge-Reyer (in Berlin)



- Sperrfrist: 6. August, Redebeginn: 10 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort! -



Sehr geehrter Herr Gesandter Okada,
sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister Schulz,
sehr geehrte Frau Bezirksbürgermeisterin Emmrich,
sehr geehrter Herr Sotobayashi,
sehr geehrter Herr Braun,
sehr geehrter Herr Prof. Eichhorn,
liebe Mitwirkende,
meine Damen und Herren,

im Namen des Berliner Senats darf auch ich Sie alle sehr herzlich zu dieser Gedenkveranstaltung willkommen heißen. Es ist schön, dass Sie so zahlreich erschienen sind.

Der 6. August 1945 gehört zu den schwärzesten Tagen der Menschheitsgeschichte. Er markiert einen bis dato unvorstellbaren zivilisatorischen Tabubruch. Zum ersten Mal wurde Kernkraft als Waffe eingesetzt - mit verheerenden Folgen: Die amerikanische Atombombe machte Hiroshima binnen Sekunden dem Erdboden gleich. Drei Tage darauf folgte der Atomangriff auf Nagasaki. Mehrere zehntausend Menschen starben sofort, unzählige weitere in den Jahren danach. Und auch heute noch leiden Menschen unter den Langzeitfolgen.

Es gehört deshalb auch in Berlin zu den guten und wichtigen Traditionen, am Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima hier im Volkspark Friedrichshain - an der japanischen Weltfriedensglocke - zu einer Gedenkveranstaltung zusammenzukommen. Denn was im August 1945 geschehen ist, darf niemals vergessen werden. Das sind wir den vielen zehntausend Opfern, ihren Angehörigen und Freunden schuldig. Das sind wir aber auch den nachfolgenden Generationen schuldig, die ein Recht darauf haben, in einer friedlichen Welt ohne die Bedrohung durch Kernwaffen aufzuwachsen.

Nach dem Ende des Kalten Krieges hofften viele, dass nun das Zeitalter der weltweiten nuklearen Abrüstung gekommen sei. Doch leider müssen wir feststellen: Auch 66 Jahre nach Hiroshima und Nagaski und mehr als 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ist die atomare Bedrohung längst nicht überwunden. Im Gegenteil: Trotz unzähliger Abkommen und Bemühungen scheint die Gefahr derzeit sogar wieder zu wachsen.

Zwar haben die Weltmächte des Kalten Krieges inzwischen abgerüstet. Vor einem halben Jahr erst1 ist der neue START-Abrüstungsvertrag zwischen den USA und Russland in Kraft getreten, der eine weitere Reduzierung ihrer Bestände an taktischen Atomsprengköpfen und Trägersystemen vorsieht. Doch noch immer verfügen beide Staaten über große atomare Arsenale. Und während die Einen nun immerhin abrüsten, rüsten andere Länder sogar auf. Ganz abgesehen von der wachsenden Sorge, dass spaltbares Material und Atomtechnologien in falsche Hände geraten, etwa in die von Terroristen.

Auch deshalb bleibt es so wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, welch unvorstellbares Leid diese verheerenden Waffen über das japanische Volk gebracht haben. Niemals vor Hiroshima und Nagaski und niemals danach ist eine Atombombe gegen Menschen eingesetzt worden. Und wir müssen uns weiterhin mit aller Kraft dafür engagieren, dass dies auch so bleibt.

Mein Dank gilt an dieser Stelle den vielen zivilgesellschaftlichen Gruppen, die sich oft seit Jahren und mit großer Vehemenz für dieses wichtige Ziel einsetzen. Einige von ihnen sind Mitveranstalter dieser Berliner Gedenkstunde. Nochmals: Vielen Dank.

Denn fest steht: Nicht nur unsere Regierungen - wir alle tragen Verantwortung dafür, dass wir unseren Nachkommen eine friedliche, eine lebenswerte Welt hinterlassen.

Dazu gehört aus meiner Sicht übrigens auch der Verzicht auf die zivile Nutzung der Kernenergie.

Gerade erst musste Japan erneut erleben, welche zerstörerische Kraft die Atomenergie zu entfalten vermag. (Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki und die Reaktorkatastrophe von Fukushima lassen sich nicht vergleichen. Im August 1945 wurde Atomkraft bewusst als Waffe eingesetzt. Hunderttausende kamen ums Leben Im März 2011 hingegen kapitulierte ein Atomkraftwerk vor den Gewalten der Natur. Die Folgen lassen sich noch nicht abschätzen.)

Jedoch hat sich mit Fukushima einmal mehr gezeigt: Es gibt keine sichere Atomkraft. Sie lässt sich nicht einfach umschmieden zu einem Werkzeug des Friedens. Die Katastrophe von Tschernobyl erklärten viele noch mit mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen. Insofern schien Tschernobyl nur eine Ausnahme zu sein, die gleichwohl die Regel bestätigte: Nämlich, dass die Atomkraft beherrschbar sei, dass man sie zu sogenannten friedlichen Zwecken nutzen könne. Das war ein fataler Irrtum. Fukushima hat bewiesen: Gegen große Naturgewalten helfen technische Vorkehren nur wenig. Die Atomkraft bleibt eine unbeherrschbare, gefährliche Materie - egal, zu welchen Zwecken wir sie nutzen.

In Deutschland hat inzwischen glücklicherweise ein Umdenken eingesetzt. Der stufenweise Atomausstieg bis 2022 ist beschlossen. Die italienische Bevölkerung hat erneut für den Umstieg auf erneuerbare Energien votiert. Und auch Japans Ministerpräsident Kan propagiert heute den langfristigen Ausstieg seines Landes aus der Atomenergie.



Meine Damen und Herren,

die Menschen in Hiroshima und Nagasaki haben erlebt, was Radioaktivität anrichten kann. Ihr Schicksal ist uns Verpflichtung, für eine friedliche Welt einzustehen, die den nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt hinterlässt und ihnen Freiheit und Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Dazu gehört es, sich nachdrücklich für gewaltfreie Konfliktlösungen zu engagieren. Und dazu gehört es auch, sich für eine nicht-atomare und ökologisch verträgliche Energiegewinnung stark zu machen.

In diesem Sinne gedenken wir heute des Infernos von Hiroshima und Nagasaki. Wir verneigen uns vor den Opfern.



Ingeborg Junge-Reyer ist Bürgermeisterin von Berlin und Senatorin für XXX

E-Mail: Marion (Punkt) Suchland (at) senatskanzlei (Punkt) berlin (Punkt) de

Website: www.stadtentwicklung.berlin.de/service/de/senatorin.shtml
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome