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07.08.2012


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Hiroshimatag 2012

 Reden/Berichte/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für die Hiroshima-Gedenkveranstaltung auf dem Bremer Marktplatz am 6. August 2012

Liebe Freundinnen und Freunde,
Sehr geehrte ZuhörerInnen,

Bernhard Stoevesandt (in Bremen)



-Es gilt das gesprochene Wort -



heute stehen wir hier 67 Jahre nach dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima und wenig später der auf Nagasaki um von den Gefahren die eine Technologie der Atomspaltung und -fusion beinhaltet zu warnen.

Es reden heute zwei Physiker und eine Medizinerin. Diese Kombination ist sicher kein Zufall. Während die Menschen aus dem medizinischen Bereich direkt mit den Folgen der Technologie zu tun bekommen, sind die ForscherInnen der Physik, die gewesen, die diese Technologie in die Welt setzten. Dazu ist es sinnvoll zu verstehen, dass die Physik als Wissenschaft angetreten ist, um Natur mathematisch berechenbar und damit beherrschbar zu machen. Dieses berechnen der Vorgänge der Natur ist für viele (meist männlich sozialisierte Menschen), eine faszinierende Tätigkeit. Die meisten ForscherInnen versprechen sich davon einen hilfreichen Beitrag zum gemeinsamen Leben der Menschen auf dieser Welt. Auch diejenigen, die Grundlagen zum Bau der Atombomben gelegt haben, waren sicher voller guter Intentionen. Doch das beherrschen der Natur kann immer unterschiedlich verwendet werden - und die Verwendung entspricht den gesellschaftlichen Bedingungen. So war es auch kein Wunder, dass im Anblick des Faschismus viele Forscher sich freiwillig an der Entwicklung der Bombe beteiligten - um hinterher entsetzt über ihr Werk die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen.

Wer aber will, dass solche Technologien nicht mehr geschaffen werden, muss den ForscherInnen auf die Finger schauen. ForscherInnen wollen meist Gutes tun, sind aber per Definition betriebsblind, was die Auswirkungen ihrer Forschung angeht. Dies liegt darin begründet, dass eine Betrachtung der gesellschaftlichen Auswirkungen von wissenschaftlicher Erkenntnis in den Naturwissenschaften als "unwissenschaftlich" gilt. Das Sperren der Forschung für militärische Zwecke ist dafür ein erster Schritt um dem entgegenzutreten.

Ist so eine Technologie einmal in der Welt, ist sie nur schwer wieder zu entfernen. Der naive Glaube vieler Physiker, den begangenen Schaden durch eine fast unendlich scheinende Energiequelle, der Atomkraft, in der Welt wieder gut machen zu können, hat sich inzwischen auch in sein Gegenteil verkehrt. Nicht nur,



-dass die Schäden durch die Atomkraft durch Tschernobyl und Fukushima, allzu offensichtlich sind,



-dass wir auf einer Menge an radioaktivem Müll sitzen, der die ganze Welt verseuchen könnte - ohne wirklich plausible, verantwortliche Lösung.


Gerade der Konflikt um den Iran zeigt, das Dilemma der angeblich friedlichen Nutzung der Atomkraft. Wer Atomkraft betreibt, braucht dafür genau die Technologien, die für den Bau von Atombomben notwendig sind. Es scheint geradezu zynisch, dass gerade die Staaten den Iran versuchen von einer Technologie Abstand zu nehmen, die genau diese Technologie - der Urananreicherung selbst betreiben, oder selbst Atombomben besitzen.

Das heißt nicht, dass es daher auch nichts mehr macht, wenn der Iran nun auch Urananreicherung betreibt und am Ende Bomben bauen kann. Doch in dem Konflikt wird klarer wie nie, wie eng der Bau von Atombomben mit dem betrieb der Atomkraft verzahnt ist. Atomkraft und Atombomben sind Zwillinge, die über sehr weite Strecken genau die gleiche Technologie benötigen. Da laut Atomwaffensperrvertrag alle Länder Atomkraft und Urananreicherung betreiben dürfen, ist formal kaum etwas gegen die Bestrebungen des Irans einzuwenden. Er tut nicht viel anderes als ein Staat wie die Bundesrepublik Deutschland.

Klar ist jedoch, dass die politische Situation des Irans eine andere ist: Er befindet sich am persischen Golf - der Region, von der viele westliche Staaten wegen des Öls abhängen. Doch nach dem Sturz der westlichen Marionetten-Diktatur des Schas 1979 und der Installation einer islamistischen - anti-westlichen Republik, stellt der Iran als Regionalmacht für die westlichen Staaten eine Bedrohung ihrer Energieversorgung dar. Gleichzeitig sind die Drohungen des Iran gegenüber der anderen Atomwaffen-Regionalmacht Israel eine bedrückende Realität.

So sieht sich der Iran einerseits bedroht durch den Westen und Israel - welche im Besitz von Atombomben sind. Dies wird aber auf der anderen Seite als Befürchtung genommen um anzunehmen, dass der Iran sein Atom-Programm auch zum Bombenbau benutzt.

An sich sollte der Atomwaffensperrvertrag die Verbreitung von Atombomben verhindern. Doch dieser Vertrag ist immer löchriger geworden: Heute besitzen, neben den offiziellen Atomwaffenstaaten (USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich) noch Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel solche Bomben. Und je weiter sich diese Waffen verbreiten, um so dringender wird es für die verbliebenen Staaten selbst nachzurüsten. Denn das Bemühen um solch schreckliche Waffen ist oft getrieben von einer Angst vor "den Anderen". Gleichzeitig wird die Verbreitung des Wissens über die Technologie so breit, dass ihre Kontrolle immer schwieriger wird.

Wenn wir also verhindern wollen, dass sich Atomwaffen immer weiter ausbreiten und ihr Einsatz immer wahrscheinlicher wird, dann müssen wir dafür sorgen, dass es diese Waffen nicht mehr gibt - nirgends! Atomwaffen müssen weg - überall.

Doch wie soll das gehen? Wie soll das erreicht werden? Am Ende wird dies nur funktionieren, wenn gleichzeitig auch die Atomkraft weltweit abgeschafft wird. Heute wird in verschiedenen Ländern der Welt das Uran abgebaut, zu uns nach Europa gebracht, weiter verarbeitet und wieder wo anders hin geschickt. So lange das Uran aber in greifbarer Nähe bleibt, ist die Versuchung für bedrängte Staaten viel zu groß, daraus Waffen zu fertigen. Wer Atombomben abschaffen will, muss dafür sorgen, dass das Uran in der Erde bleibt - überall auf der Welt. Ob in Australien, Niger, Gabun, Südafrika, Indien, Iran, Russland, Kanada oder den USA. Wer Atombomben abschaffen will, muss verhindern, dass das Uran überall durch die Welt gefahren werden kann - und das betrifft nicht nur sogenannten Brennstoff. Deshalb ist auch das Verbot von Nuklearen-Brennstofftransporten über die Bremer Häfen so ungenügend: Das Problem ist das Uran. Uranabbau, Uranhandel, Urananreicherung, Urantransporte und alle weiteren Verwertungen des Urans gehören abgeschafft. Dies wird nur passieren, wenn wir wirklich viel Druck machen, sei es durch Demonstrationen, Unterschriften, Blockaden (wie erst kürzlich wieder in Gronau - wo ein Urantransport erstmals umdrehen musste), LeserInnenbriefen und was uns alles einfällt. Diese Welt wird nur besser, wenn wir uns bewegen. Ansonsten landen wir an einem nuklearen Abgrund, den die Welt nicht verkraften wird.



E-Mail: bstoeve (at) gmx (Punkt) de
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