20 Jahre Tschernobyl


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20 Jahre Tschernobyl

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Redebeitrag zum Aktionstag "ZeitBOMBE Atomenergie - 20 Jahre Tschernobyl" am 26. April 2006 in Dortmund

Die gesundheitlichen Folgen von Tschernobyl

Inge Zeller (in Dortmund)

Die Katastrophe von Tschernobyl, die heute vor genau 20 Jahren in Weissrußland stattfand, hat die Welt verändert:

Millionen Menschen wurden über Nacht zu Opfern.

Alleine 600.000 sog. Liguidatoren, Männer im Alter zwischen 20 und 50 Jahren setzte die damalige Sowjetregierung ein, die in den Wochen nach dem Unglück die radioaktiven Substanzen im Reaktor beseitigen mussten.

Ein 40-jähriger Mann, der in dem Ort Prijpjat nahe dem Reaktor lebte, arbeitet einige Tage als Liquidator. Er warf seine Schürze und Arbeitskleidung weg, als er nach Hause kam. Sein Käppi gab er aber seinem 6-jährigen Sohn, der es jeden Tag trug.

Nach 2 Jahren bekam der Sohn einen Gehirntumor und starb daran.

Dieses Beispiel zeigt drastisch, welche Auswirkungen Tschernobyl auf zwei Generationen von Menschen hatte: die Liquidatoren wurden alle krank, sie bekommen jede Art von Krebs, nicht nur Schilddrüsenkrebs oder Leukämienein alle Arten:

Magenkrebs, Blasenkrebs, Lungenkrebs, Darmkrebs-. Viele ihrer Kinder sind missgebildet eine Folge der Genetischen Schäden durch die radioaktive Verstrahlung.

Auch die zweite Generation ist ebenfalls sehr stark gefährdet:

Wer zur Zeit des Unglückes von 0-18 Jahre alt war, gehört zu der Gruppe von Menschen, die eigentlich kontinuierlich untersucht werden müssten, um möglichst Frühzeitig einen entstehenden Krebs zu erkennen .Aber Es wurden ja um den Reaktor riesige Territorien unbewohnbar. Die Menschen wurden umgesiedelt oder zogen weg, niemand hat die Exponierten erfasst. Die Strahlen des Tschernobylfallout entzogen große Landflächen der wirtschaftlichen Nutzung. Große und kleine Betriebe wurden verlassen, Städte "und Dörfer aufgegeben. Millionen Menschen wurden von der Strahlung betroffen, verloren Hab und Gut, Wohnung, Häuser, soziale Geborgenheit.

Die radioaktive Wolke zog um die ganze Erde: wir haben im Westen über unsere Nahrungsmittel nachgedacht und unsere Sandkästen überprüft.

Auch im Westen stieg die Zahl der T9tgeburten und Mißbildungen in dieser Zeit.

Keine der Regierungen in Rußlands, Belorußland oder der Ukraine hat Interesse daran an einer umfassenden Zusammenstellung der Folgen des Reaktorunfalles, Denn sie wollen ja wieder Atomkraftwerke bauen.

Und nicht dauernd Entschädigungen zahlen an die betroffenen Menschen.

Auch in anderen europäischen Ländern wird die Untersuchung von Tschernobylfolgen nur unwillig oder überhaupt nicht betrieben, weil Man ja auch in Westeuropa an die Lösung der Energiekrise mittels Atomstrom denkt, Denken Sie nur an Frankreich: 45 % des Stromes werden per Atomkraft hergestellt!

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist festgeschrieben, dass nach einer Laufzeit von 20 Jahren die Atomkraftwerke vom Netz müssen: Das Kernkraftwerk in Obrigheim würde 2005 stillgelegt- eine gute Entwicklung. Denn nur stillgelegte Atomkraftwerke sind gute Kraftwerke.

Wir verlangen, dass diese Vereinbarung eingehalten wird! Denn Schon wird in CDU-Kreisen über eine Reaktivierung des Hochtemperaturreaktors nachgedacht, angeblich, um die Energiekrise Zu lösen.

Zur Lösung der Energiekrise auf Atomkraftwerke zurückgreifen?

Wer so etwas sagt. handelt unverantwortlich gegenüber der Gesundheit der Menschen:

Die Entsorgung des Atommülles ist nicht geklärt, schon jetzt liegt in Gorleben ein Müll mit einer Halbwertszeit von 20.000 Jahren. Keine Technik ist so sicher, dass garantiert nichts passiert: wir können die Unglücke aufzählen: Harrisburg 1979, Sellafield 1983, Tschernobyl 1986 und zwischendurch viele kleineren Unglücke. Nein, wir wollen eine Welt ohne Atomstrom.

Wir setzen auf erneuerbare Energien wie Solartechnik und Windkraftenergie, Auch in Rußland gibt es viele ernsthafte Wissenschaftler, die genau die Folgen von Tschernobyl untersucht haben und diese Ergebnisse auch publiziert haben. Die russischen Wissenschaftler rechnen mit 270.000 zusätzlichen Krebserkrankungen in der Region mit nachfolgenden 93.000 Todesfällen.

Auch hier bei uns will man nicht darüber reden über diese schreckliche Folgen der radioaktiven Strahlung: Krebs in jeder Form.

Damit haben wir Ärzte tagtäglich zu tuen.

Tschernobyl hat uns drastisch eine Ursache für die Krebsentstehung gezeigt: Die Radioaktivität.

Das war nach dem Atombombenabwurf von Hiroshima dasselbe Genau wie nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: Tausende Tote und nach 20 Jahren immer noch Krebsentstehungen, die auf die Radioaktivität zurückzuführen sind. Wir Ärztinnen und Ärzte fordern die Politiker auf, sich nicht länger von der Atomwirtschaft erpressen zu lassen und den Irrweg Atomenergie endlich aufzugeben.

Wir fordern die wirkungsvolle Unterstützung der erneuerbaren Energien für eine wirtschaftliche und ökologische Zukunft, für eine Welt ohne Krieg um Öl.

Und wir fordern weiter die kontrollierte Abschaffung aller Atomwaffen als absolute Notwendigkeit für das Überleben der Menschheit.



Dr. med. Inge Zeller ist aktiv bei der Regionalgruppe Dortmund der IPPNW.

Website: www.ippnw.de
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