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Erstellt:
13.05.1998


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zu: Aktion Jericho - Inhalt

Gegen das organisierte Elend

Für eine menschenwürdige Drogenpolitik

Pax Christi Berlin Hans Peter Hauschild

Wer eine begehrte Ware knapp macht, ermöglicht den Händlern Milliardengewinne. Wer die Ware illegalisiert, schenkt ihnen noch die Steuer dazu.

Beides tut der Staat und verfolgt außerdem die KonsumentInnen psychoaktiver Substanzen, die den Preis des Verbotes von Handel und Konsum ohnehin zu zahlen haben, oft mit Armutsprostitution und Kleindealerei. Bei knappem oder gar ohne Einkommen steigt außerdem die Bereitschaft, gefährlich gestreckte Ware zu kaufen: Grund für viele der sogenannten Drogentoten. Haben "Drogentäter" keinen deutschen Paß, ist die Ausweisung gewiß. Welche Ziele verfolgt diese Drogenpolitik? Viel Irrationales und zumindest eine Form von Rassismus: Die Bürgerphantasie des "Fremden" im verbotenen Rausch wird zum irrationalen Haß auf die Nichtdeutschen als Konsumenten und Händler. Im Feindbild "Ausländischer Dealer" ist die Angst vor emotionalisierender "Überfremdung" kristallisiert, indem der Konsumwunsch als Teil der eigenen gesellschaftlichen Realität geleugnet wird. Illegalisierter Aufenthalt und Drogenverbot führen die staatliche Organisierung und Inszenierung von "Ausländerkriminalität" am deutlichsten vor Augen. Was ohne AuslG und BtMG an Straftaten übrigbliebe, wäre nur ein Bruchteil von heute, staatsangehörigkeitsunabhängig.

Die Prohibition, das Verbot von Handel und Gebrauch psychoaktiver Substanzen, führte immer zu steinreichen Syndikaten und geschundenen Konsumenten, z.B. das Alkoholverbot in den USA von 1919-33 oder des Rauchens in England und Preußen. Mit einem Blick in die neuzeitliche Geschichte kann niemand bestreiten, daß der Wunsch nach sinnlicher Grenzüberschreitung ein zentrales Moment aller bekannten Kulturen war und ist. Mit welcher Begründung will ein Rechtsstaat zu globalisierenden Zeiten Monokultur verordnen?

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Aktion Jericho - Inhalt
Die Überführung des Betäubungsmittelgesetzes ins Nahrungs- und Genußmittelgesetz allein wäre noch keine Garantie für problemlosen Drogenkonsum. Aber es gäbe endlich Qualitätsstandards und keine Opfer der Streckmittel mehr. Auch der Verkauf in Apotheken, Beipackzettel, ärztliche Verschreibung und die Einrichtung von "Druckräumen" können nur erste Schritte in die richtige Richtung sein mit dem vorrangigen Ziel, gesundheitliche Gefahren des Konsums auf der Straße zu verkleinern. Alle bekannten Drogenkulturen, wie auch die heimische Alkoholkultur, lehren jedoch vor allem ein Drittes: Kompetenter Gebrauch berauschender Substanzen wird immer gemeinschaftlich gelernt, durch (sub)-kulturelle Traditionen, Solidaritäten und Erzählungen. Erst das Ende der staatlichen Verfolgung wird dieses entscheidende Moment der Gefahrenminimierung möglich machen. Noch grundlegender ist der soziale und ökonomische Rahmen der KonsumentInnen, der über die Möglichkeit wohltuender Rauscherfahrungen entscheidet. Wohlversorgte können auch heute trotz BtMG ohne Angst vor der Polizei Drogen genießen. Wer jedoch auf der Straße lebt, arm und gehetzt von "außen" und "innen", genießt überhaupt nichts.

Hans Peter Hauschild ist Leiter der Pax Christi Bistumsstelle Berlin





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