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28.04.2000


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Ostermärsche und -aktionen 2000:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Ostermarsch am 24.4.2000 (Manuskript)

Rede in Frankfurt

Sabine Leidig

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde

"Kaufen wenn die Kanonen donnern, und Verkaufen, wenn die Friedensglocken läuten, das mag sensible Menschen abstoßen, hat jedoch in der Börsengeschichte meist zu deutlichen Gewinnen geführt" schreibt Heiko Thieme in der FAZ vom 29.3.99 - und er hat recht:

Am ersten Tag nach der Bombardierung von Jugoslawien durch die NATO stieg der Dow-Jones-Index an der New Yorker Börse um 1,7 %. Bereits am 6. Kriegstag jubelten die Aktionäre: "Der Dow-Jones-Index schafft die Hürde von 10 000. Erstmals in der über 100jährigen Geschichte steigen die US-Akien so hoch. Nach einem weiteren Kriegsmonat meldeten die Rüstungskonzerne General Dynamics und Raytheon, Kursgewinne um 10 bis 20 %.

Auch dieser Krieg war also ein Bombengeschäft. Vor allem für die US-Rüstungsindustrie. Allein die Tornados der deutschen Luftwaffe haben hunderte Lenkflugkörper verschossen und nun muss Ersatzmunition für runde 95 Millionen Dollar bei Texas Instruments eingekauft werden.

Eine Studie der Bundeswehruniversität vom Mai ´99 ergibt, dass der NATO-Einsatz gegen Jugoslawien bis dahin alle kriegsführenden Parteien 40 Milliarden DM gekostet hat.

Man hätte mit den Kosten für einen einzigen Kriegstag etwa 4000 Arbeitsplätze und dazu 4000 Lehrstellen ein Jahr lang öffentlich finanzieren können !

Die Wiederaufbaukosten für Jugoslawien werden sich nach US-Schätzungen auf hundert Milliarden DM belaufen.

Und die Baupläne für den Neubau der zerstörten Infrastruktur, der Straßen, Brücken, Bahnlinien, E-Werke, Sendeanstalten und Betriebe liegen bei den einschlägigen Konzernen der NATO-Staaten bereits auf den Schreibtischen - sie werden z.B. über die Europäische Bank für Wiederaufbau finanziert.

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Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) meldete sich gleich zu Wort. Hauptgeschäftsführer Ludolf von Wartenberg fordert eine Freihandelszone in Südosteuropa. und eine angemessene Beachtung der Deutschen Wirtschaft beim Wiederaufbau im Balkan.

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde

Es würde den Rahmen meiner 10 Minuten bei weitem sprengen, zu analysieren, weshalb Teile der Gewerkschaftsbewegung aktuell keine eindeutige Antikriegshaltung einnehmen.

In ihrem ersten programmatischen Dokument nach 1945 haben die Deutschen Gewerkschaften jedenfalls folgende Erkenntnis festgehalten:

(Zitat) "Zwei Weltkriege haben den Beweis erbracht, dass die zum Krieg treibenden Kräfte in Deutschland in der Zusammenballung der Kapitalmächte in Monopolen, Kartellen, Konzernen und Trusts und in dem Missbrauch ihrer wirtschaftlichen Vormachtstellung zu suchen sind." (Zweite Interzonenkonferenz der Deutschen Gewerkschaften im Dezember 1946)

Und eine weitere Feststellung war und ist die, dass die Arbeiter, die abhängig Beschäftigten, die kleinen Leute immer die Verlierer und Verlierinnen von Kriegen sind, egal ob sie im Land der Besiegten oder im Land der Sieger leben.

Und so gibt es auf die Frage wer bezahlt die Zeche? auch heute keine neue und keine unerwartete Antwort:

Die Banken, Versicherungen oder Großkonzerne werden jedenfalls weder mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer, noch mit einer Gewinnabgabe, weder mit einer Börsen-Spekulationssteuer, noch mit einem Sonderopfer für Superreiche zur Kasse gebeten.

Stattdessen hat der Finanzminister mit dem Zukunftsprogramm der Regierung ein Sparprogramm aufgelegt, das in den nächsten 3 Jahren 150 Milliarden DM mehr in die Staatskasse bringen soll. Allein beim Arbeits- und Sozialministerium sollen fast 70 Milliarden gestrichen werden - mit einem ersten Sparpaket wurde bereits die soziale Absicherung vor allem für Arbeitslose und RentnerInnen verschlechtert.

Nach dem Golfkrieg gegen Sadam Hussein, ist in Deutschland übrigens die Mehrwertsteuer erhöht worden, um diesen Waffengang zu bezahlen.

Der Etat des Bundesministeriums für "Verteidigung", lag und liegt dagegen unverändert hoch und die in diesem Jahr geplante Kürzung von 3,5 Milliarden hat Minister Scharping selbst relativiert: Die besonderen Leistungen der Bundeswehr für den Jugoslawien-Krieg werden nämlich durch einen zusätzlichen Titel finanziert und außerdem werden Anschaffungen, die an internationale Verträgen gebunden sind künftig nicht mehr aus dem Etat der Bundeswehr gezahlt. Dies gilt z.B für das geplante große Transportflugzeug, oder die Umwandlung des Eurocorps und die Satellitenaufklärung.

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Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde

Ich will nicht schwarzmalen und auch nicht schwarz-weiss-denken.

Mir ist bewusst, dass die Ursachen von kriegerischen Auseinandersetzungen weltweit vielschichtig sind und dass die eine Frage "wem nützt es?" nicht auf alles Antwort geben kann. Aber ich halte es für notwendig, diese alte Frage aus der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit immer wieder zu stellen; denn dafür werden uns die Augen nicht von der prosperierenden Medienindustrie geöffnet.

Wir brauchen aber offene Augen, denn neue Kriege werden vorbereitet und neue gewaltige Aufträge an die Rüstungsindustrie aus Steuergeldern finanziert.

Die Umrüstung der Bundeswehr für weltweite Kriegseinsätze ist in vollem Gange. Insgesamt sieht die derzeitige Planung mehr als 200 Waffenprojekte vor, die in den nächsten Jahren 180 Milliarden DM verschlingen sollen.

Die interventionsfähigen Krisenreaktionskräfte werden weiter ausgebaut. Sie sollen sogenannte "vitale deutsche Interessen" in aller Welt sichern. Dazu gehört der "freie Zugang zu Rohstoffen und Märkten" - so steht es in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992, und die sind von der Rot-Grünen Bundesregierung unverändert übernommen worden !

Auch damit werden vor allem die Interessen der "Global Player", der Öl-Konzerne und Exportweltmeister bedient.

Ich komme aus Baden-Württemberg, einem "Musterländle" für Rüstung und Militarisierung. Dort, in Calw, wird das "Kommando Spezialkräfte" trainiert für verdeckte Aktionen im Hinterland potentieller Feindstaaten. Diese rund 1000 Elitesoldaten gelten als Speerspitze der neuen, auf "out of area"-Kriegseinsätze getrimmten Bundeswehr.

Ein weiteres Beispiel für den Umbau ist die flächendeckend geplante Kooperation der Bundeswehr mit zivilen Krankenhäusern. Damit soll die notwendige Logistik im Sanitätsbereich geschaffen werden und Scharping kann Bundeswehrkrankenhäuser schließen, um mit dem Geld neue Waffen zu kaufen. Ein besonderer Fall ist Karlsruhe, dort soll das Klinikum direkt die Krisenraktionskräfte unterstützen. Im Einsatzfall soll Personal vom städtischen Klinikum Lücken im Bundeswehrkrankenhaus füllen, oder gar mit ins Ausland geschickt werden.

Und das perfide ist, dass diese Kooperation dadurch schmackhaft gemacht wurde, dass Bundeswehrpersonal zur Ausbildung an zivile Kliniken kommt, und damit angeblich "mehr helfende Hände" in einem Bereich wo dringend mehr ziviles Personal eingestellt werden müsste.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wir alle wissen, dass Kriege keine Naturnotwendigkeit sind, sondern dass sie von Menschen vorbereitet und gemacht werden und ich wollte aufzeigen, welche Interessen damit verbunden sind.

Aber ich bin sicher - und deshalb stehen wir ja schließlich hier - dass Kriege auch von Menschen verhindert werden können. Von all denen, die interessiert sind am Frieden, weil sie den Frieden brauchen.

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Es ist doch ein Hohn, wenn die Bundesregierung, die öffentliche Finanzierung von Bildung, Umwelt, Entwicklung und Beschäftigung mit dem Hinweis auf leere Kassen und das freie Spiel der Marktkräfte verweigert und gleichzeitig Milliarden-Investitionsprogramme auflegt mit denen einerseits die Rüstung produzierenden Konzerne gesponsort werden und andererseits quasi durch Staatsintervention der ungehinderte Zugang eben dieser Konzerne zu den Weltmärkten abgesichert wird.

1997 hat die Friedensbewegung mit der Kampagne gegen den Eurofighter die Auseinandersetzung um die Aufrüstung der Bundeswehr zu einer weltweit einsatzfähigen Kampftruppe begonnen und in einer bundesweiten Abstimmungs-Aktion haben sich fast 41.000 Menschen beteiligt: 4 % für und 95% gegen den Eurofighter.

Auf die Frage "Was soll mit dem Geld geschehen?" gabe es in der Tendenz eindeutige Antworten:

-Schaffung von Ausbildungsplätzen: 71 %

-Umweltschutz: 47 %

-Verbesserung des Gesundheitswesens: 45 %

-Sozialer Wohnungsbau: 38 %

-Frauenförderung: 23 %

Nur 2% votierten für andere Waffen für die Bundeswehr.

Ich denke, daran sollten wir anknüpfen; es muss uns gelingen, in den Gewerkschaften und in der Öffentlichkeit ein neues Abrüstungsbewusstsein zu wecken.

Die Welt steht vor einer neuen Runde des Wettrüstens.

Widerstand ist angesagt - wir müssen auf dem Wege ins 21. Jahrhundert diesem gefährlichen, gewaltige Ressourcen verschlingenden Wahnsinn wirksam entgegentreten !

Nein zur Militarisierung der EU !

Lasst uns kämpfen für einen europäischen Weg des Friedens und der sozialen Geerechtigkeit - das könnte ein Impuls für menschenwürdige Veränderungen in der Welt geben

Wir müssen und wir werden uns wehren gegen den Einsatz von militärischen Mitteln als Fortsetzung der Politik und wir werden einstehen für die zivile Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse:

Gegen deutsche Kriegseinsätze und den Einsatz deutscher SoldatInnen im Ausland, für die Auflösung der Krisenraktionskräfte in Calw und anderswo, für das Verbot von Rüstungs-Exporten und für weitreichende Abrüstungsschritte fordern wir Beschäftigungsprogramme statt Rüstungsprogramme - Abrüstung jetzt !


Sabine Leidig, DGB-Vorsitzende, Region Mittelbaden

E-Mail:  dgb-mittelbaden@karlsruhe.de
Internet: http://www.karlsruhe.de/Arbeit/DGB-Mittelbaden/
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