11.9.2001 erste Reaktionen vom: 17.09.2001 vorheriger nächster Artikel | Terroranschläge 11.9. - erste Reaktionen: Stellungnahmen / Aufrufe Brief des IAF an den Deutschen Presserat Verband Binationaler Familien und Partnerschaften (i Deutscher Presserat Postfach 7160 53071 Bonn Frankfurt, 17.09.01 Sehr geehrte Damen und Herren, sieben Tage nach dem Inferno in New York und Washington weicht die Trauer um die vielen Toten und das Mitgefühl mit ihren Angehörigen einer tiefen Sorge. Wir befürchten, dass der Wunsch nach Erklärungen für das Unfassbare und der Ruf nach Vergeltung weitere Verbrechen nach sich zieht und die Spirale der Gewalt eine neue Dimension erfährt. Die amerikanische Regierung hat den islamischen Fundamentalisten Osama Bin Laden zum Urheber und Verantwortlichen der Anschläge erklärt. Beweise dafür wurden bislang noch nicht vorgelegt. Die kriegerische Rhetorik in den USA wie in Europa hat jedoch bereits dazu geführt, das Menschen arabischer Herkunft und/oder islamischen Glaubens bedroht werden: innerhalb von drei Tagen meldeten moslemische Organisationen in den USA mehr als 300 Angriffe. Beim Zentralrat der Muslime in Deutschland sind Morddrohungen eingegangen. In München wurde eine Moschee bedroht. Die Aufzählung ist nicht vollständig. Viele Mitglieder unseres Verbandes sind mit Menschen moslemischen Glaubens verheiratet. Einige haben uns bereits über aggressive Äußerungen und Pöbeleien berichtet; andere empfinden die Stimmung als sehr bedrohlich. Muslimische Frauen erzählen uns von der Angst um ihre Kinder - in den Schulen werden Kinder ausgegrenzt und bedroht, als wären sie "kollektiv schuldig". Insgesamt wächst auch in unserem Verband die Sorge, dass die Rhetorik des Krieges und die militärische Aufrüstung die jahrelangen, erfolgreichen Bemühungen um ein respektvolles interkulturelles Miteinander zunichte macht. Wir wissen, wovon wir reden. 1972, nach dem Anschlag eines palästinensischen Kommandos auf die israelische Olympiamannschaft, gab es Drohungen und Anschläge auf arabische Menschen, wurden viele in Deutschland lebende Palästinenser des Landes verwiesen, obwohl sie mit dem Anschlag nichts zu tun hatten. Einige von ihnen waren mit deutschen Frauen verheiratet - sie gründeten damals unseren Verband. |
zum Anfang 11.9.2001 erste Reaktionen | Die Einteilung der Welt in eine "gute" westliche und eine "böse" islamische Welt verschärft den Hass. Die Rede von einer "Kriegserklärung gegen die gesamte zivilisierte Welt" brandmarkt alle, die sich nicht den USA zugehörig fühlen, als "unzivilisiert" -wer jedoch fortgesetzt Missachtung und Demütigungen erfährt, ist empfänglich für menschenfeindliche Ideologien, welcher Couleur auch immer. Attentätern, die ihr eigenes Leben als Waffe einsetzen, ist mit militärischen Mitteln nicht zu begegnen. Wie soll gegen einen Feind gekämpft werden, der nicht sagt wer er ist? Wo die Militärmacht USA Politik macht, sind nach der Erfahrung aus Jahrzehnten Besorgnisse angebracht. Ob Vietnam, Chile, die Golfstaaten, der Nahe Osten oder auch die Balkanländer - es gibt kaum ein Land, das unter den Machtansprüchen der "zivilisierten Welt" nicht gelitten hat. Die Verbrechen der Macht stehen den Verbrechen der Ohnmacht in nichts nach. Die Logik des Krieges ist auch die Logik der Fanatiker: Sieg oder Niederlage, die oder wir. Die Eskalation im Nahen Osten zeigt uns, wie schnell der "point of no return" erreicht ist, wenn unbesonnene Politiker das Feuer schüren. Wir wenden uns an Sie, sehr geehrte Damen und Herren, weil den Medien in solch hochsensiblen politischen Situationen eine besondere Bedeutung zukommt. Wir freuen uns, dass in vielen Zeitungen kritisch berichtet wird und nachdenkliche Kommentare erscheinen. Wir sind besorgt über die Verwendung von Filmmaterial, das ohne Erklärung ganze Völker in die Nähe von Terroristen rückt. Wir bitten Sie eindringlich, darauf hinzuwirken, dass die Berichterstattung über die Ermittlungen nach den Anschlägen differenziert erfolgt; dass Mutmaßungen und Gewissheiten voneinander unterschieden werden; dass kollektive Schuldzuweisungen unterbleiben und insgesamt alles vermieden wird, was der Einstimmung auf kriegerische Handlungen dienen könnte. Mit freundlichen Grüßen Cornelia Spohn (Bundesgeschäftsführerin) Kontakt: Verband Binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., Bundesgeschäftsstelle, Ludolfusstr. 2-4, 60487 Frankfurt, Tel: 069/713756-0, Fax: 069/70750-92 E-Mail: verband-binationaler@t-online.de Internet: http://www.verband-binationaler.de | ||
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