Panzer an Saudi-Arabien

Befragung von Bundestagsabgeordneten

von Hermann Theisen

Wie denken eigentlich die Bundestagsabgeordneten über eine Lieferung von Kriegswaffen an Saudi-Arabien? Der Autor dokumentiert eine schriftliche Befragung der MdBs zu ihrem Abstimmungsverhalten.

Eine Meldung des Nachrichtenmagazins Spiegel im Sommer 2011 war voller Brisanz: "Deutschland ist bereit, moderne LŠopard-Kámpfpanzer an Saudi-Arabien zu liefern. Damit ändert die Bundesregierung eine jahrzehntelange Linie, dem autoritär geführten Königreich keine schweren Waffen zu liefern."

Nur wenige Tage später kam es zu einer Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag, die von der Opposition beantragt worden war. Oppositionsabgeordnete attackierten dabei die Regierung vom Rednerpult aus und mit zahlreichen Zwischenrufen. Während jedoch die Opposition ihre wichtigsten VertreterInnen ans Rednerpult schickte, entsandte die Regierungskoalition indes eher politische Leichtgewichte, die ihren Unmut über den in Rede stehenden Rüstungsdeal lediglich hinter hervor gehaltener Hand in Hintergrundgesprächen verlautbaren ließen. Am Rednerpult zeigten sie sich bemüht, regierungsfreundlich zu argumentieren und beschränkten sich dabei meist auf den Verweis der Geheimhaltungspflicht des Bundessicherheitsrates.

Demgegenüber zeigte sich die Opposition empört über den Rüstungsdeal mit den Saudis und kritisierte, dass es hier um wirtschaftliche Interessen der Rüstungsindustrie und nicht etwa um sicherheitspolitische Interessen der Bundesregierung gehen würde. Als Argumentationshilfe für die Abgeordneten der Regierungsfraktionen gab es zuvor Handreichungen, die sich bemühten, die besondere Bedeutung Saudi-Arabiens im Kampf gegen den Terrorismus und als stabilisierenden Faktor im Nahen Osten hervorzuheben. Um seine Macht zu erhalten, setzt das Königshaus jedoch demgegenüber auf Unterdrückung und auf das Ausschütten finanzieller Mittel, um sich damit den sozialen Frieden zu erkaufen. Amnesty International und Human Rights Watch kritisieren Saudi-Arabien deshalb seit langem schon für unzählige Verletzungen von Menschenrechten: Dissidenten werden verhaftet, Geständnisse erzwungen, die Todesstrafe vollzogen und jegliche Opposition verboten.

Die Befragung
Im Juli 2012 haben wir alle Bundestagsabgeordneten schriftlich zu ihren Beweggründen befragt, den Antrag: "Keine Genehmigung zur Lieferung von Kriegswaffen an Saudi-Arabien" (Drucksache 17/6529 ) zu befürworten bzw. abzulehnen.

82 Bundestagsabgeordnete antworteten auf diese Befragung. Die Antworten fielen insgesamt wenig überraschend aus, beschränkten sie sich doch meist auf die bereits bekannten Fraktionsmeinungen.

Zwei "Ausreißer" gab es aber, denn sowohl der CDU-Politiker Polenz (Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag), als auch der FDP-Politiker Dr. Lindner (er bezog sich zwar auf eine Erklärung zu Katar, wollte diese aber auch auf das Problem Saudi-Arabiens verstanden wissen), nahmen in einer ebenso deutlichen wie überraschenden Form Stellung, weshalb ihre Antworten hier nachfolgend dokumentiert werden sollen:

Ruprecht Polenz: "Ich dränge darauf, dass die Bundesregierung ihre Informationspolitik ändert. Es ist sehr unbefriedigend, dass der Bundestag erst dann über Waffenverkäufe debattieren kann, wenn diese im Rüstungsexportbericht veröffentlicht worden sind. Zu diesem Zeitpunkt hat es häufig bereits ein langes und vertrauliches Beratungsverfahren gegeben, in das das Parlament nicht eingebunden war. Wir brauchen in diesen Fragen mehr Transparenz. (...) Die Regierung sollte den Bundestag deutlich früher über geplante Rüstungsexporte informieren. Dann könnte man auf einer vernünftigen Grundlage darüber debattieren, ob sie sinnvoll sind. (...) Saudi-Arabien spielt beim Umbruch in der Arabischen Welt keine gute Rolle."

Dr. Martin Lindner: "Die Menschenrechtssituation ist wichtig! Und die Menschenrechte in Katar entsprechen keineswegs unseren Standards von Freiheit und Demokratie. Aber würde sich die Menschenrechtssituation in Katar verbessern, wenn die Leopard 2 nicht geliefert würden? Denn Katar ist durchaus in der Lage, sich ein vergleichbares Waffensystem aus anderen Ländern wie z.B. der USA zu beschaffen. So komme ich im Gegenteil zu dem Ergebnis, dass Sicherheitspartnerschaften durch Lieferung von Technik, Schulungen und Personalaustausch geeignet sind, langfristig günstig auf die Entwicklung der belieferten Länder einzuwirken. Wer sich auf den Standpunkt zurückzieht ãhne mich,macht es sich zu leicht. Man feiert sich als moralisch anständig und überlässt verantwortungslos Fragen der Stabilität und der Entwicklung anderen. Schließlich müssen wirtschaftliche Aspekte ebenfalls berücksichtigt werden. Hierbei geht es nicht nur um die Tausende von Beschäftigten beim Hersteller, sondern um die Menschen in vielen kleinen Unternehmen, die zuliefern."

Die Antworten sprechen für sich! Die ausführliche Dokumentation mit den Antworten der MdBs kann auf Wunsch per Email gerne zugesandt werden: Hermann [dot] Theisen [at] t-online [dot] de

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