Schulfrei für die Bundeswehr

Friedensbildung statt Militärwerbung

von Susanne Hellstern

Die Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr – Lernen für den Frieden“ in Baden-Württemberg protestierte am 14.02. und 17.02.2017 mit einer Mahnwache vor den Messehallen in Stuttgart gegen die Präsenz der Bundeswehr auf der didacta (Europas größte Fachmesse rund um Bildung) und forderte, Friedensbildung an den Schulen zu stärken, anstatt JugendoffizierInnen in den Unterricht einzuladen.

Im November 2016 veranstaltete der Kampagnenrat von „Schulfrei für die Bundeswehr - Lernen für den Frieden“ einen Aktionsworkshop für Interessierte. Hier wurden Ziele überlegt und Aktionen vorgeschlagen, die für eine Mahnwache bei der didacta sowie zum Red Hand Day am 12. Februar, dem Tag des Protestes gegen Kindersoldaten, realisierbar schienen. Erstmals wurden katholische Pfarrer angeschrieben, der Red Hand Day erklärt und Materialien beigefügt, die Anstöße und Ideen für einen Gottesdienst mit Predigt zum Thema Kindersoldaten lieferten.

Mit dem Banner „Schulfrei für die Bundeswehr-Lernen für den Frieden“ zeigten AktivistInnen am Eröffnungstag der didacta Präsenz und verteilten Flyer. Am 17.02. war die Kampagne samt Infotisch mit Zelt, mehreren Bannern und Materialien vor Ort nicht zu übersehen. Ein Megaphon und verschiedene Durchsagen zum Thema „Militär im Unterricht und Friedensbildung“ sowie Trommelschläge zogen die Aufmerksamkeit an und so war der Auftritt unüberhörbar. Zusätzlich wurden die MessebesucherInnen von einer großen Puppe, die einen Soldaten darstellt, dem „Schreibtisch-Töter“, begrüßt.

Die Kampagne fordert die sofortige Kündigung der Kooperationsvereinbarung des Landes mit der Bundeswehr, die Durchsetzung eines Verbots von Lehr- und Werbeveranstaltungen der Bundeswehr an und mit Schulen sowie eine kontinuierliche Erhöhung des Etats für Friedensbildung. Wie in jedem Jahr war die Bundeswehr auf der Messe mit einem großen Stand vertreten, Schulklassen spielten das Strategiespiel POL&IS (Politik und Internationale Sicherheit) und Jugendoffiziere informierten über aktuelle Angebote.

Neu war eine Beobachtung des Bundeswehrstandes von AktivistInnen der Kampagne. Die Frage war, wie gut besucht der Stand war und welches Interesse an der Bundeswehr besteht. Die Daten und Eindrücke werden in der Kampagne ausgewertet und dienen als Grundlage für zukünftige Überlegungen.

Mit ihren Werbeveranstaltungen in Schulen und Messen erreichen JugendoffizierInnen und KarriereberaterInnen der Bundeswehr jährlich mehr als 300.000 SchülerInnen, darunter auch elfjährige Kinder. Mittlerweile rekrutiert die Bundeswehr jährlich fast 2.000 Minderjährige für den Dienst im Militär, Tendenz steigend. Die 17-jährigen Jungen und Mädchen erhalten dasselbe militärische Training wie erwachsene SoldatInnen und werden häufig direkt nach ihrem 18. Geburtstag in Auslandseinsätze geschickt. Diese Rekrutierungspraxis und die Werbung von Minderjährigen für den Dienst im Militär widersprechen den Empfehlungen der Kinderkommission des Bundestages sowie den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, die auch Deutschland unterschrieben hat. An die Bundesregierung richtet die Kampagne die Forderungen, die UN – Kinderrechte und die Empfehlungen der Kinderkommission durchzusetzen, Minderjährige unter 18 Jahren nicht zu rekrutieren und keine Abenteuercamps, Events oder Online-Angebote, die den Soldatenberuf verharmlosen, anzubieten und zu bewerben.

Darüber gibt es eine zunehmend stärkere Diskussion in der Öffentlichkeit. In einer Petition des Bündnis‘ Kindersoldaten, der DFG-VK und der GEW an Verteidigungsministerin von der Leyen treten inzwischen schon mehr als 20.000 Menschen dafür ein, die Rekrutierungspraxis mit Minderjährigen zu beenden (www.unter18nie.de).

Friedensbildung statt Militärwerbung ist das Gebot der Stunde. In Baden-Württemberg engagiert sich die Kampagne weiterhin für den Ausbau und die Stärkung der Friedensbildung: Die Servicestelle Friedensbildung als Beratungs-, Vernetzungs- und Kontaktstelle für LehrerInnen und MultiplikatorInnen soll auch über das Jahr 2017 hinaus finanziell und personell so gut ausgestattet werden, dass sie ihre erfolgreiche Arbeit fortführen und die zunehmenden Nachfragen nach Angeboten zum Thema Frieden erfüllen kann. Auf der didacta konnte auch eine Veranstaltung zum Thema „Friedensbildung statt Militärwerbung: Schulfrei für die Bundeswehr?“ der GEW besucht werden.

Die Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr-Lernen für den Frieden“ wird weiterhin Protest gegen die Bundeswehrpräsenz auf Bildungsmessen anmelden und Präsenz zeigen, selbst wenn manche Reaktionen der MessebesucherInnen abweisend oder gleichgültig waren.

Beim Verteilen der Flugblätter vor der Messe fiel Kampagnenmitgliedern diesmal auf, dass wiederholt zu hören war: „Finde ich gut, dass Ihr so was macht!“

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Susanne Hellstern ist Mitglied im Kampagnenrat von „Schulfrei für die Bundeswehr-Lernen für den Frieden“ in Baden-Württemberg.