Ein Beitrag zur Kultur gewaltfreier Konfliktlösung

Peace Brigades International

von Klaus Jensen

Das Leben einer von Ermordung oder Entführung bedrohten Person zu schüt­zen, ohne dabei eine Waffe zu tragen; zwischen Konfliktparteien in Krisengebie­ten zu vermitteln, ohne politische Macht und Mandat irgendwelcher Regierun­gen; Trainings und Seminare zu gewaltfreiem Widerstand durchzuführen inmit­ten gewalttätiger Auseinandersetzungen, kurz, friedenschaffende und friedenser­haltende Initiativen auf der Grundlage aktiver Gewaltfreiheit dort zu ergreifen, wo Gewalt in ihrer brutalsten Ausprägung den Alltag bestimmt, alles dies sind keine bloßen Wunschvorstellungen naiver, traumtänzerischer Pazifisten, son­dern Realitäten in den Projekten der Internationalen Friedensbrigaden (Peace Brigades International, PBI).

Zum Beispiel Guatemala...
Seit fünf Jahren befindet sich ein Team Freiwilliger aus den USA, Ka­nada und verschiedenen europäischen Staaten in Guatemala, einem Land, das 40.000 Verschwundene und Er­mordete zu beklagen hat. In einer At­mosphäre von Angst und Bedrohung eskortieren PBI-Mitglieder Angehö­rige von Menschenrechtsorganisatio­nen, Gewerkschafter und andere von Ermordung bedrohte Menschen. Ei­nige von ihnen werden seit Jahren auf ihren Wegen zu Arbeit, zu Versamm­lungen und Demonstrationen durch diese Form internationaler Präsenz geschützt, ihr Aktionsradius erweitert. Durch Bereitstellung von Räumlich­keiten und schützende Präsenz bei öf­fentlichen Auftritten konnte sich Men­schenrechtsarbeit in Guatemala erst richtig entfalten.

Die Ausreise besonders gefährdeter Personen zu ermöglichen, Vermittlun­gen und Verhandlungen für Betroffene bei Behörden, Militärs usw. durch­zuführen, ergänzen die Arbeit der PBI ebenso wie die Durchführung von Workshops zu Fragen der Verteidi­gung der Menschenrechte.

Zunehmende Bedeutung gewinnen Einsätze zur Lösung lokaler Konflikte. Monatelang leisteten die Freiwilligen Schutzdienst vor den Toren einer Tex­tilfabrik, um Übergriffe von Polizei und Militär zu verhindern.

Die teilweise unter hohem Risiko ge­fahrenen Einsätze werden von ausge­bildeten Freiwilligen übernommen, die bereit sind, innerhalb international be­setzter Gruppen zu arbeiten und sich zum Prinzip Gewaltfreiheit zu beken­nen.

PBI sieht ihre Rolle vor allem als dritte Kraft zwischen den Konfliktparteien. Als nicht-parteiische (non-partisan) Gruppe versteht sie ihre Interventi­onsaufgabe als Ergänzung zum direk­ten gewaltfreien Kampf der betroffe­nen und unterdrückten Bevölkerung selbst. Sie konzentriert sich auf Schutz- und Vermittlungsaufgaben, wobei die Vermittlungsbemühungen nicht zur Erhaltung eines ungerechten Status Quo führen dürfen. PBI kommt auf Anfrage einheimischer Betroffener zum Einsatz und wird grundsätzlich nicht eigenmächtig von außen aktiv.

Einsätze in vielen Konfliktregionen der Welt
An die 1981 nach Vorbild der indi­schen Friedensarmee Shanti Sena ge­gründete internationale Organisa­tion werden immer häufiger Anfragen gerichtet. Leider können sie nicht zu­letzt aufgrund fehlender Finanzmittel nicht immer aufgegriffen werden.

Neben dem Projekt in Guatemala ist ein Team in El Salvador tätig, gerufen von mehreren Menschenrechtsorgani­sationen. Nicaraguanische Institutio­nen und Regierungsvertreter fragten PBI an, gemeinsam nach Möglichkei­ten zu suchen, das Konzept der Sozia­len Verteidigung auf die Situation in Nicaragua zu übertragen. Erste Workshops mit Vertretern von Volks­bewegungen fanden statt.

Vor mehreren Wochen wurde ein Eskortendienst für von Ermordung bedrohter Rechtsanwälte im von Po­gromen geplagten Sri Lanka einge­richtet, das um Initiativen zur Versöh­nung von Singalesen und Tamilen er­gänzt wird. 1990 werden Teams ihre Arbeit in Israel-Palästina und in Nord-Irland aufnehmen.

Unterstützungsmöglichkeiten
Nachdem in den ersten Jahren des Be­stehens der PBI der Kreis der Freiwil­ligen und der so unerläßlichen Unter­stützer relativ klein blieb, hat ein orga­nisches Wachstum der Organisation in den Projekten und in den Unterstüt­zerländern eingesetzt. Als im Juli die­sen Jahres in Trier der Internationale Rat der PBI tagte, waren bereits Mit­glieder aus 16 Ländern vertreten. Sie kamen aus den USA, Kanada, Zentral- und Südamerika, Asien und Europa.

In der Bundesrepublik wird die politi­sche, organisatorische und finanzielle Unterstützungsarbeit für die Frie­densbrigaden von der Arbeitsgemein­schaft Frieden in Trier koordiniert. Sie sucht Freiwillige, hilft bei der Ausbil­dung, bei Informations- und Pressear­beit und betreibt Finanzbeschaffung. Von dort wir auch die Bildung lokaler Unterstützungsgruppen in anderen Städten gefördert, wie zuletzt in Mün­chen, wo seit einigen Monaten eine PBI-Gruppe besteht.

Möglichkeiten der Mitarbeit bei PBI gibt es auf verschiedenen Ebenen:

Einsatz als Freiwillige-r
Voraussetzung für die Teilnahme an Projekten sind eine gewaltfreie Grundeinstellung, Teilnahme an Trai­nings, physische und psychische Ge­sundheit, Belastbarkeit in Konfliktsi­tuationen, Fremdsprachenkenntnisse oder die Bereitschaft, die benötigte Sprache zu erlernen. Die Dauer eines Einsatzes sollte sechs Monate nicht unterschreiten.

Mitarbeit in Unterstützergruppen
Sie beteiligen sich an Öffentlichkeits­arbeit über Projekte, unterstützen ein­zelne Freiwillige, organisieren soge­nannte Urgent actions, wenn Teammitglieder von Ausweisung bedroht sind, und helfen bei der Finanzbeschaffung.

Förderstatus
Lebensrettende Maßnahmen von PBI scheitern oft am fehlenden Geld. PBI braucht Menschen, die kontinuierlich spenden. Die Arbeit ist gemeinnützig.

Das Beispiel PBI zeigt, daß schon we­nige mutige, engagierte Leute viel be­wirken können. Ihr Einsatz hat Mo­dellcharakter, jedes der Projekte ist "ein Experiment mit der Wahrheit" (Gandhi). Für all jene, die Friedensarbeit nicht auf das Deklamatorische be­grenzt sehen möchten, ist PBI ein An­gebot, den Anspruch umfassender Gewaltfreiheit in die Tat umzusetzen und mit der Etablierung einer neuen Kultur der Konfliktlösung Formen physischer und psychischer Gewalt zu überwinden.

Weitere Informationen sind erhältlich bei: Arbeitsgemeinschaft Frieden e. V., Pa­laststraße 3, 5500 Trier, Telefon 0651-43571-2, Kto.-Nr. 113 746 bei der Kreis­sparkasse Trier-Saarburg (BLZ 585 501 30), Stichwort Peace Brigades Interna­tional.

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Klaus Jensen ist Mitglied des Interna­tionalen Direktorats der Peace Brigades International.