Was tun mit der NATO? Kein Frieden

von Dieter Schöffmann

Ein erstes substantielles Abrüstungsabkommen ist unter Dach und Fach und wird tatsächlich vollzogen. Das Ost-West-Klima scheint entspannter und friedlicher denn je.
Aber: Der Ruf nach 'Kompensation' - also neuerlicher Aufrüstung - wird erhört, auf Kriege bzw. 'Konflikte niedriger Intensität' wird sich vorbereitet, eine neue NATO-Kommandozentrale soll bei Linnich verbuddelt werden: ... Also netto keine Abrüstung, geschweige denn Frieden. Nennenswerter Frieden, konsequente Friedenspolitik wird es auch heute mit der NATO nicht geben.
Die NATO muß also weg! Was muß weg?

Die NATO
Die NATO ist so konkret wie wenig greifbar. Sie ist ein Schutz- und Trutzbund gegen Ost und Süd, ein Vertragswerk, eine Ideologie- und Wertegemeinschaft gegen die Bedrohung des Kapitalismus, ....
Sie ist Wirkung und nicht Ursache, Überbau und nicht Fundament.
Als Zuspitzung westlicher Unsicherheitspolitik bietet sie sich geradezu für zugespitzte Kritik an. Auf Abrüstung und Entmilitarisierung zielendes Handeln muß aber letztendlich bzw. zuallererst Fundament wie Ursachen angreifen.

Gretchenparolen
Raus", "auflösen", "zersetzen", "reformieren", "zerschlagen" ... - die verschiedenen gängigen (Anti- )NATO-Parolen bieten hier wenig praktisch nutzbare Orientierung, dienen sie doch vorwiegend der jeweils eigenen Standortbestimmung - der 'radikalen' bzw. 'realistischen'. Wichtig und richtig an nahezu all' diesen Parolen ist die damit vermittelte Aussage, daß einzelne (Auf-)Rüstungsmaßnahmen und -objekte in einem militärstrategischen, ideologischen und organisiertem Zusammenhang gesehen und angegriffen werden müssen; daß substantielle Abrüstung nicht ohne wesentliche politische und gesellschaftliche Veränderungen zu erreichen sein wird.

Die BRD wird - angesichts der gesellschafts-politischen Kräfteverhältnisse und Meinungen in diesem Land - sicher nicht als erste aus der NATO austreten, so begrüßenswert dies wäre. Aber die NATO-Mitgliedschaft immer wieder zu thematisieren heißt, die herrschende unsicherheitspolitische Ideologie und Praxis beständig öffentlich zu thematisieren und zu hinterfra-gen.

Kein Frieden mit dem Militär!
Pies ist wichtig, um vielleicht einmal daß eklatante Mißverhältnis großer Umfragemehrheiten gegen die Raketen und für allgemeine Abrüstung einerseits und ebenso großer Mehrheiten für Bundeswehr und NATO - also den Aufrüstungsagenturen - andererseits zu knacken. Für unsere derzeitige Friedensbewegung sicher auf absehbare Zeit eine zu große Nuss.
Aber damit anzufangen, sollte sich niemand gehindert fühlen.
Und ein wichtiger Anfang könnte sein, der Bundeswehr, einer der größten 'konventionellen' Armeen in der Welt, den Frieden aufzukündigen, der ihr bisher auch von zu Vielen in der Friedensbewegung gewährt wird. Betreiben wir ihre gesellschaftliche Desintegration, wie die der Aktiven Soldaten in dieser Gesellschaft ("Soldaten sind Mörder").
Fördern wir den Bundes-Wehr-Unwillen (es könnten ruhig noch mehr den Kriegsdienst verweigern bzw. 'unzufriedene' Soldaten zur Verweigerung bzw. Desertion ermutigt und unterstützt werden).
Wehren wir uns gegen die 'Zivilverteidigung' genannten psychologische Kriegsvorbereitung und innere Aufrüstung.
Kasernen, Munitions- oder Raketendepots, Manöver, Zapfenstreich, diese und weitere militärischen Orte und Veranstaltungen sollten keinen Frieden mehr bekommen.
Gelänge dies und hätte auch noch Erfolg, um die NATO wär's auch nicht mehr gut bestellt.

Besonders realistisch klingen diese Vorschläge derzeit nicht, sind aber m.E. einige V ersuche wert. Zumal wir nicht darauf warten sollten, daß uns ein weiterer großer Bewegungsanstoß - wie die offensichtlich gefährliche Raketenrüstung - so einfach vor die Füße gestellt wird. Versuchen wir's doch mal mit Hingehen und selber Anstoßen.
 

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Dieter Schöffmann, Büro für Öffentlich­keit, Aachener Str. 66, 5000 Köln.