Redebeitrag von Olaf Harms (ver.di) für den Ostermarsch Hamburg am 17. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 17.04., Redebeginn: ca. 11 Uhr -

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst gilt mein herzlicher Dank an das Hamburger Forum für Frieden und Völkerverständigung, welches auch dieses Jahr diesen Ostermarsch organisiert.

Wenn ich die Pressemeldungen in den letzten Tagen verfolge, dann bekomme ich Angst.

Angst, weil in Syrien Giftgas eingesetzt wurde. Angst, weil ein US-Präsident völkerrechtswidrig Syrien bombardiert, obwohl überhaupt nicht klar ist, wer für den Giftgaseinsatz verantwortlich ist. Ich habe eins, weil diese Bundesregierung dieses Bombardement nicht verurteilt. Ich habe Angst, weil derselbe US-Präsident Ziele in Afghanistan bombardiert, um gleichzeitig vor diesem dort stattfindenden Krieg geflüchtete Menschen aus Hamburg nach Afghanistan abgeschoben werden. Meine Angst wird größer, weil der amtierende US-Präsident einen Teil seiner Flotte vor den Küsten Koreas stationieren will.

Angst macht es mir auch, wenn die Bundesrepublik auch in Sachen Rüstungsproduktion und Rüstungsexport einen Platz unter den ersten drei Ländern dieser Welt erreicht hat. Ich kann es verstehen, wenn Menschen, die in die schmutzigen Waffenläufe aus deutscher Fabrikation schauen, um ihr Leben fürchten und fliehen. Diesen Geflüchteten gilt unsere volle Solidarität. Und sie haben in der Tat ein Recht, hier in diesem Land zu bleiben, mindestens bis die Herstellung von Waffen und deren Export beendet ist.

Die NATO hat jüngst gefordert, dass all ihre Mitgliedstaaten ihre Ausgaben für Rüstung und Kriegswaffen auf 2% des Bruttoinlandsprodukts anheben sollen. Obwohl diese Forderung aus den Reihen der Bundesregierung infrage gestellt wurde, gab es jedoch keine Ankündigung, das Weißbuch aus dem Jahr 2014 zu korrigieren. Denn dort ist eben diese Forderung,  % des Bruttoinlandprodukts für den Rüstungsetat auszugeben, festgeschrieben. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dieses eine Steigerung in den nächsten Jahren auf über 72 Milliarden €, also fast eine Verdoppelung gegenüber dem bisherigen Stand.

Es könnte hoffnungslos machen, wenn ich gleichzeitig erlebe, dass die Spaltung unserer Gesellschaft in Arm und Reich immer tiefer wird. Während auf der einen Seite wenige Prozent der Bevölkerung über den Hauptanteil des Vermögens verfügen, wächst auf der anderen Seite die Armut rasant. Schon heute ist absehbar, dass vor dem Hintergrund der jetzigen Einkommen aus Erwerbsarbeit ein großer Teil der Beschäftigten nach jahrzehntelanger Arbeit nicht von der gesetzlichen Rente allein wird leben können. Das ist ein Skandal. Hier ist es doch richtig, zu fordern, dass ein Paradigmenwechsel in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung stattfinden muss. In den Fokus muss wieder die Rentenhöhe genommen werden, anstatt der Beitragsstabilität, die ausschließlich nur den Arbeitgebern zum Vorteil ist. Das bedeutet, dass die Rentenhöhe nicht weiter absinken darf. Nein, im Gegenteil, sie muss jetzt auf mindestens 48 % stabilisiert und in naher Zukunft auf mindestens 50% Rentenhöhe gesteigert werden. Um dieses zu finanzieren, sind nur einfache Schritte nötig. So unter anderem durch Einführung einer Vermögenssteuer, Anhebung der Kapitalertragssteuer und die Verwendung der zur Steigerung des Rüstungsetats dienenden Mittel, ganz zu schweigen von einer Kürzung des Rüstungsetats.

Es könnte hoffnungslos machen, wenn ich mir die Wahlerfolge der Rechtspopulisten in diesem Land ansehe. Mit ihrer Demagogie versuchen sie, uns gegeneinander auszuspielen. Nach ihrer Auffassung sind es die vor Krieg und Elend geflüchteten Menschen, die schuld daran sind, dass es zu wenig Arbeit oder zu wenig Wohnraum gibt. Beschäftigt man sich genauer mit ihren programmatischen Aussagen, so kann festgehalten werden: Sie sind gegen eine Vermögenssteuer, aber auch gegen zu strenge Regularien im Bereich des Mindestlohnes. Sie halten die Sozialversicherungssysteme und deren paritätische Finanzierung durch Beschäftigte und Unternehmer für unsinnig, wollen, dass allein die Beschäftigten für ihre Rente im Alter sorgen. Sie vertreten ein Weltbild, nachdem sie sich auf die abendländische Kultur beziehen, und damit aber zum Ausdruck bringen, dass Menschen mit anderem als den christlichen Glauben hier nichts verloren haben. Sie halten die Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Interessenvertretungen für schädlich, weil der Unternehmer dann nicht mehr allein entscheiden könne. Diesem Rechtspopulismus müssen wir in den Arm fallen. Ist er erst im Bundestag etabliert, befürchte ich eine weitere Rechtsentwicklung in diesem Land. Doch was wir brauchen ist keine weitere Rechtsentwicklung, und schon gar nicht diese Rechtspopulisten im Bundestag. Treten wir denen entgegen, die mit Zukunftsängsten, mit Ängsten um die eigene soziale Sicherheit spielen. Was wir brauchen, ist ein Sofortprogramm, welches ausreichend Wohnraum, Bildung und Gesundheit zur Verfügung stellt. Was wir brauchen ist eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, denn Arbeit ist genug und für alle da.

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

statt Angst und Hoffnungslosigkeit macht es mir Mut, wenn ich sehe, dass sich an den Ostermärschen in diesem Jahr wieder zig Tausende Menschen beteiligen. Es gibt mir Zuversicht und Kraft, wenn ich all die richtigen Forderungen nach Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr, nach Stopp aller Rüstungsexporte und für eine Willkommenskultur statt einer „Festung Europa“ lese.

Diesen Mut, diese Zuversicht und Kraft sollten wir nutzen, um auch in Hamburg endlich dafür zu sorgen, dass der Hamburger Hafen nicht mehr Drehscheibe für Kriegswaffen aller Art ist.

Diesen Mut, diese Zuversicht und Kraft sollten wir nutzen, um unsere Stimmen lautstark und bunt auch in den Demonstrationen zum im Juli dieses Jahres in Hamburg stattfindenden G 20-Gipfels hörbar werden zu lassen. Denn es sind im Wesentlichen die G-7-Staaten, erweitert um die Schwellenländer, die weltweit maßgebend sind in Rüstungsproduktion, Rüstungsexporte und eigene Kriegsführung. Unsere Forderung muss sein, diese Rüstungsressourcen einzusetzen gegen Umweltzerstörung und Klimawandel und zur Sicherung der menschlichen Existenzgrundlagen durch Ernährungssouveränität, Bildungs- und Gesundheitswesen.

Lasst uns also Mut, Zuversicht und Kraft nutzen, um in den kommenden Wochen und Monaten mehr Menschen zu gewinnen, aufzuklären und für den Frieden aktiv zu werden.

Euch allen vielen Dank.

 

Olaf Harms ist Vorsitzender des Landesbezirks Vorstandes von Ver.di Hamburg.