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Militärmesse
Rüstungsalarm in Stuttgart
vonEine Militärmesse in Stuttgart? Kaum denkbar. Stuttgart erhielt 2004 den „UNESCO Cities for Peace Prize“ für vorbildliche Integrationsarbeit. Die Stadt engagiert sich bei den Bürgermeistern für den Frieden für eine atomwaffenfreie Welt. In Unternehmen, die Militärwaffen oder Militärmunition herstellen, legt die Stadt Stuttgart keine Vermögenswerte mehr an. Aus „Respekt vor den Menschen“ setzt sich die Landesmesse Stuttgart als „nachhaltiger Unternehmer“ für die Menschenrechte ein. Also alles gut in Stuttgart?
Vom 15. bis 17. Mai 2018 soll die Militär-und Waffentechnikmesse International Forum for the Military Training, Education and Simulation Sectors (ITEC) zum ersten Mal in der Landesmesse Stuttgart stattfinden. Die Rüstungsschau findet jährlich in wechselnden Städten statt. Zum Beispiel in London, Prag und Rotterdam. Dreimal, zuletzt im Jahr 2014, präsentierte sie sich in Köln. An der ITEC 2014 nahmen rund 110 Rüstungsunternehmen teil – darunter Lockheed Martin, Rheinmetall und ThyssenKrupp. Den 3.000 FachbesucherInnen aus Europa, den USA, China, Pakistan und Saudi-Arabien wurden u. a. Simulationstechnologien, Raketenabwehrsysteme und Drohnentechnik gezeigt. Die Proteste zur ITEC 2014 führten dazu, dass die Kölnmesse der ITEC für 2018 eine Absage erteilt hat.
Grundsätzlich nicht imageschädigend?
Und Stuttgart? Steht eine Messe, auf der das Töten von Menschen im Krieg simuliert wird und zu befürchten ist, dass die entsprechende Software an kriegführende Regime verkauft wird, nicht im Widerspruch zu den Intentionen der Stadt und des Landes? Ohne Rüstung Leben fragte nach: beim Stuttgarter Bürgermeister Michael Föll am 31. Mai 2017. Als Beigeordneter der Landeshauptstadt für Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen gehört er dem Aufsichtsrat der Landesmesse Stuttgart GmbH an, an der die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg je zur Hälfte beteiligt sind. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
In seinem Brief vom 23. Juni 2017 beschreibt Bürgermeister Föll die ITEC als eine Kongressmesse, die sich „im Wesentlichen mit ›Trainings- und Simulations-Software für Polizei, Feuerwehr, Militär und Spezialeinheiten‹ beschäftigt“. Die Landesmesse stehe „bei Bewerbungen von potenziell kritischen Veranstaltungen ... in regem Austausch und in Abstimmung mit der Landespolizei, dem Staatsschutz und ggfs. dem Innenministerium. Die Zusage an die ITEC 2018 fand bei diesen Institutionen Zustimmung.“ Für die ITEC sprächen das „breite Ausstellungsangebot“, die „Stützpunkte der US-Army und der Bundeswehr“ in Baden-Württemberg sowie das vermehrte gesellschaftliche Interesse an Sicherheitsfragen. Er empfinde die Veranstaltung als „nicht 'grundsätzlich imageschädigend'“.
Rheinmetall: Platinsponsor der ITEC 2018
Als Aussteller auf der ITEC führt Bürgermeister Michael Föll lediglich zivile Firmen auf. Rüstungsfirmen wie der Platinsponsor Rheinmetall Defence Electronic GmbH fehlen in der Aufzählung. Dabei bezeichnet Rheinmetall die ITEC als „the most important event for the international simulation and training community in Europe. We at Rheinmetall are one of the major players in this industry and are looking forward to welcoming our customers and business partners for the exhibition in Germany in 2018.”
Unser Protest zeigt Wirkung: Am 12. Juli tagte der Aufsichtsrat der Landesmesse. Dort kam es zu heftigen Diskussionen üb er die ITEC. Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat, Anna Deparnay-Grunenberg, brachte einen Antrag auf Rückabwicklung des Vertrags mit dem Londoner Messeveranstalter Clarison Events ein. Von den 13 Mitgliedern des Aufsichtsrates votierten drei dafür, zwei enthielten sich, acht waren dagegen. Die SÖS-Linke-Plus-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat will jetzt einen Antrag gegen die ITEC einbringen. Ohne Rüstung Leben will den Druck auf Stadt und Land erhöhen. Wir appellieren weiterhin an den Aufsichtsrat. „Folgen Sie dem Beispiel Köln. Kündigen Sie den Vertrag mit dem Veranstalter der ITEC!“
Mehr unter www.ohne-ruestung-leben.de.