Teure Waffen für den weltweiten Einsatz

von Joachim Schramm
Mit den "Verteidigungspolitischen Richtlinien" vom Mai 2003 hat die Bundesregierung die Aufgaben der Bundeswehr neu definiert: Weg von der Landesverteidigung, hin zu einer in aller Welt einsetzbaren Interventionsarmee. Im März 2004 legte Verteidigungsminister Struck seine aktualisierten Planungen für den Umbau der Armee vor. Dabei wurden trotz der von der Regierung ansonsten geführten Spardiskussion Ausrichtung und Umfang der Neuausstattung der Bundeswehr weitgehend bestätigt. Bis 2006 ist der jährliche Bundeswehretat auf 24,3 Mrd. Euro festgelegt. Für die darauf folgenden Jahre soll er um 1 Mrd. erhöht werden. Gegen Angriffe auf seinen Etat wehrte sich Struck bisher sehr erfolgreich, auch wenn er öffentlich seinen Sparwillen bekundet.

Strategische Verlegefähigkeit
Zielsetzung für den Umbau und damit Begründung für die immensen Kosten ist die Einsetzbarkeit der Bundeswehr im Ausland. "Die bisher nicht vorhandene Teilfähigkeit "Strategische Verlegefähigkeit" wird mit Priorität hergestellt. Sie ist Voraussetzung für den Einsatz, die Verstärkung und die Versorgung von Kräften in weit entfernten Einsatzgebieten" so Struck in seiner Presseerklärung vom 31. März. Dies spiegelt sich dann auch in den vorrangig betriebenen Beschaffungsmaßnahmen wieder. Der Militär-Airbus A400M, mit dem der neue Kampfhubschrauber "Tiger", der Transporthubschrauber "NH90" und das ebenfalls neu entwickelte gepanzerte Transportfahrzeug "Boxer" transportiert werden können, wird ab 2012 in einer Gesamtstückzahl von 60 beschafft. Mit dem Tiger und dem NH 90 bekommt die Bundeswehr einen "bemerkenswerten Fähigkeitsgewinn" und erreicht auch international "ein beachtliches Niveau", wie der stellv. Heeresinspekteur Manfred Dietrich im April im Infobrief Heer ausführte. Auf dem Boden werden die Soldaten mit dem "Boxer" in den Kampf gebracht, unterstützt vom - ebenfalls neuen und luftverlegefähigen - Schützenpanzer "Puma". Liegt das Kriegsgebiet in Küstennähe kann die neue Fregatte F 124/125 amphibische Landeoperationen durch "Landzielbeschuss" unterstützen. Auch die neuen Korvetten der Bundesmarine dienen diesem Zweck. Ein weiteres Marine-Vorzeigeobjekt ist das neue U-Boot 212, das mit Brennstoffzellenantrieb kaum zu orten ist.

Neben diesen Waffensystemen, mit denen die "Verlegefähigkeit" und die "Wirksamkeit im Einsatz" gesteigert werden sollen, laufen weitere Beschaffungsprogramme. Die "Nachrichtengewinnung" wird durch das Satellitensystem SAR-Lupe in die eigenen Hände genommen. Hier ist man bisher auf die Hilfe anderer Staaten angewiesen. Zur "Führung und Steuerung" solcher weltweiten Einsätze dient das Satellitenkommunikationssystem SATCOM. Ebenfalls aus militärischer Sicht wichtig ist das europäische Navigationssystem "Galileo", mit dem man vom US-amerikanischen GPS unabhängig werden will. Ohne GPS ist ein moderner Krieg kaum führbar.

Der Eurofighter komplettiert das Bild der neuen Bundeswehr. Unter anderem mit dem neuen Marschflugkörper "Taurus" bewaffnet, ist die Bundeswehr damit zu Luftangriffen aus sicherer Distanz in der Lage, wie wir sie seit dem Jugoslawienkrieg kennen. 180 Maschinen hat die Bundeswehr geordert, die ersten wurden inzwischen in Dienst gestellt.

Sparen? Nicht mit der Bundeswehr!
Auch wenn interessierte Kreise der Bundeswehr gerne das Image einer bemitleidenswerten Rumpfarmee geben: Die Weichen zu einer hochmoderen Interventionsarmee sind längst gestellt. Die vorgesehene Verkleinerung von 280.000 auf 250.000 Soldaten dient genau diesem Ziel. Diese gliedern sich in Zukunft in 35.000 hochspezialisierte "Eingreifkräfte" für Interventionen, in 70.000 "Stabilisierungskräfte" zu längeren Einsätzen wie jetzt im Kosovo oder in Afghanistan und in 135.000 "Unterstützungskräfte". Vor allem die Eingreifkräfte verlangen nach neuen Waffen. Durch die Reduzierung des Personals und die Schließung von Standorten wird angestrebt, den Anteil an Investitionsausgaben innerhalb des Militärhaushaltes von jetzt 24 % auf über 30% bis Ende des Jahrzehnts hochzufahren.

Dies ist aus Sicht der Bundeswehreinkäufer - und der sie beliefernden Rüstungsindustrie - auch dringend notwendig. Auf 110 Mrd. Euro bezifferte 2002 der Spiegel die Summe der Rüstungsvorhaben bis 2014. Der Bundeswehrplan 2002 nennt allein für die 30 "wesentlichen Großvorhaben" Kosten von 76,46 Mrd. bis 2014 und danach. Daran hat sich bisher nur marginal etwas verändert, indem in kleinerem Umfang einige Projekte gestrichen oder gekürzt wurden. Ganz im Gegenteil muss eher mit einer Kostensteigerung gerechnet werden, die zum Rüstungsgeschäft offenbar zwangsläufig dazu gehört. So sollte der Eurofighter im Jahr 1997 noch 64,1 Mio. Euro pro Stück kosten. Heute geht der Bundesrechnungshof von einem Systempreis incl. Bewaffnung von 136,1 Mio. Euro aus.

Militärfreundliche Kreise verweisenauf "Deckungslücken" zwischen dem Bundeswehrplan und den anvisierten Bundeswehretats der nächsten Jahre und fordern Nachbesserungen. Auch die Rüstungsindustrie stößt in das gleiche Horn: "Wer eine moderne Bundeswehr, wer einsatzfähige Streitkräfte und eine Mitsprache in der internationalen Rüstungskooperation will, der muss dazu aber auch das Geld haben" meinte Tom Enders, Vorstandsmitglied des Luftfahrtkonzerns EADS am 31.03.04 im Handelsblatt. Hier decken sich offenbar dieInteressen von Bundesregierung und Rüstungsindustrie. Die Mitte Mai gemeldete Mehrheitsübernahme von Thyssen-Krupp an der Kieler Werft HDW wurde vom Bundeskanzler ausdrücklich begrüßt. Auch wenn sonst das hohe Lied von der freien Wirtschaft gesungen wird, ist die Regierung im Rüstungsbereich im Rahmen des Außenhandelsgesetzes zu Restriktionen bereit, um die deutsche und in zweiter Linie die europäische Rüstungsindustrie von US-amerikanischen Einflüssen freizuhalten. Der Aufbau der EU zu einem militärisch unabhängigen Konkurrenten der USA ist in vollem Gange.

Aufrüstung ausbremsen - Rüstungshaushalt senken!
Mit dem Slogan "Friedensmacht" zog die SPD in den Europawahlkampf. Hinter der Regierungspolitik verbirgt sich jedoch mehr Macht als Frieden, militärische Macht. Diesem stufenweisen Aufbau einer Militärmacht Deutschland und EU Steine in den Weg zu legen, ist eine entscheidende Aufgabe für die Friedensbewegung. Der Rüstungshaushalt ist hier ein wichtiger Ansatzpunkt. Dabei ist es wichtig, der Bevölkerung deutlich zu machen, dass anders als im Sozialbereich offenbar für diese Aufrüstung genug Gelder vorhanden sind. Die DFG-VK bereitet für den Zeitraum der Haushaltsberatungen im Herbst eine Aktion "Rüstungshaushalt senken" vor und wird bereits von einer Reihe anderer Friedensorganisationen unterstützt. Forderung ist die - realistische - Senkung des Rüstungshaushaltes um 5% Jahr für Jahr. Mit breitgestreuten Protestpostkarten an den Bundeskanzler sollen die Menschen dieser Forderung Nachdruck verleihen. Eine mail-Aktion an Abgeordnete und eine medienwirksame Auftakt-Aktion wird ebenfalls vorbereitet. Auch ein Info-Flugblatt zum Missverhältnis von Aufrüstung und Sozialabbau ist bereits erhältlich. Mit der Verteilung der Protestpostkarten kann jede Friedensgruppe diese Aktion unterstützen. Unter www.schritte-zur-abrüstung.de kann die Postkarte angeschaut und bestellt werden. Auch ein Newsletter mit regelmäßigen Informationen kann dort abonniert werden. Kontakt: DFG-VK, Schwanenstraße 16,42551 Velbert

Ausgesucht Rüstungsprojekte 2003 bis 2014

 
    Bezeichnung   Anzahl   Kosten  
    Eurofighter   180   24,500 Mrd.  
    Transport-Airbus A400M   60   8,330 Mrd.  
    Transporthubschrauber NH90   152   5,157 Mrd.  
    Kampfhubschrauber "Tiger"   80   3,142 Mrd.  
    Schützenpanzer "Puma"   410   2,000 Mrd.  
    Fregatte F 124   3   2,100 Mrd.  
    U-Boot U-212   4   1,616 Mrd.  
    Kommunikationssystem SATCOM       0,820 Mrd.  
    Aufklärungssystem SAR-Lupe    

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