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Antikriegs-
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vom:
26.08.2001


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Antikriegstag 2001:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Antikriegstag - Friedenslinde Kaufbeuren, 1. September 2001, 17.00 Uhr

Jakob Knab



Sperrvermerk:

Sperrfrist: Redebeginn, 01.09., 17 Uhr



Liebe Freunde des Friedens!

Im Friedenswort "Gerechter Friede" vom 4. Oktober 2000 heißt es zur Traditionspflege und Erinnerungsarbeit: "Deswegen braucht es persönliche Wahrhaftigkeit und historische Sorgfalt, vor allem aber den politischen Willen, eine Kultur des Gedenkens zu fördern, in der auch der Gefahr einer selektiven Erinnerung entgegengewirkt wird. Hier hat alles seinen notwendigen Platz, was der öffentlichen Bewusstseinsbildung dient: Denkmäler und Gedenkstätten, Literatur und Film, Archive und Dokumentationen, Jugendbildungseinrichtungen und Schulbücher - kurz: sämtliche Medien von Bildung und Erziehung.

Ihr Wert für den künfügen Frieden lässt sich mit einer einfachen Frage prüfen:

Sagt mir, welche Menschen ihr verehrt, und ich sage euch, wie nahe der nächste Krieg ist. Wird auf der einen Seite als Kriegsheld gefeiert, wen die andere als Kriegsverbrecher brandmarkt, verkörpern die Guten der einen für die anderen das Böse, dann schwelt der Konflikt noch immer.

Ein Funke kann genügen, um erneut einen Brand zu entfachen.

Der Gewalt vorbeugen heißt auch, eine Tradition gemeinsamer Vorbilder begründen, in denen sich eine gemeinsame Zukunft verkörpert. In ihr und durch sie formt sich eine verbindende Identität."

Das Friedenswort benennt die "Gefahr einer selektiven Erinnerung". Ich denke hier an Ansprachen am Volkstrauertag - im Volksmund auch "Heldengedenktag" - wo die Floskel von der soldatischen Pflichterfüllung allzu wohlfeil ist.

Gegen diese Wahrnehmungsblockaden, Verdrängung und Schuldabwehr möchte ich heute an den in Kaufbeuren gebürtigen Feldwebel Erwin Bucher erinnern In seiner Geburtsstadt Kaufbeuren ist er wahrhaft der "unbekannte Soldat":

1995 wurde in der italienischen Stadt Albinea (Reggio Emilia) ein Friedensdenkmal eingeweiht. Es trägt die Aufschrift:

MAI PIU - NEVER MORE - NIE WIEDER !

Bei der alljährlichen Gedenkfeier an dieser Stele werden auch fünf deutsche Soldaten geehrt, die im August 1944 von "Kameraden" der Wehrmacht exekutiert wurden. Einer dieser fünf getöteten Soldaten ist Feldwebel Erwin Bucher, der am 18. Oktober 1917 in Kaufbeuren geboren wurde.

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Antikriegs-
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Angesichts von Kesselrings verbrecherischen Befehlen, die einer "Anstiftung zum Mord" (Wehrmacht. Mythos und Realität, S. 832) gleichkamen, und angesichts der Gräueltaten von Hitlers Wehrmacht in Italien wollten diese fünf Soldaten ihren kleinen Teil dazu beitragen, diesen Vernichtungskrieg zu beenden. Sie planten die kampflose Übergabe einer Nachrichtenzentrale an die italienische Resistenza. Sie wurden verraten; ihr Leben endete im Kugelhagel der deutschen "Kameraden"... Posthum freilich wurde diesen fünf Soldaten die Ehrenbürger wurde der italienischen Stadt Albinea verliehen.

Die "Gefahr einer selektiven Erinnerung" war auch gegeben bei den Gedenkfeiern am 20. Mai diesen Jahres, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der Kameradenkreis der Gebirgstruppe und der Bund der Deutschen Fallschirmjäger Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag des Angriffs von Hitlerdeutschland auf Kreta veranstalteten. Es hieß, militärische Leistungen seien unabhängig von politischen Zielsetzungen zu würdigen. Die Einsicht "Tapferkeit ohne Gerechtigkeit ist ein Hebel des Bösen" (Ambrosius von Mailand) ist den Funktionären der Krieger- und Soldatenvereine fremd.

Die "Gefahr der selektiven Erinnerung" war auch offenkundig, als beim Kreta-Gedenken die Kriegsverbrechen der deutschen Fallschirmjäger, wo ganze Dörfer niedergebrannt und deren Männer liquidiert wurden, einfach ausgeblendet wurden.

Freilich ist da auch ein unbekanntes Ruhmesblatt bei den Faltschirmjägern der Wehrmacht. Ich spreche von jenen Fallschirmjägern, die sich Ende Mai 1940 auf dem griechischen Militärflugplatz Tanagra (bei Athen) weigerten, die Ju 52 zu besteigen. Sie wurden vom Feldgericht der 7. Flieger-Division zum Tode verurteilt und von "Kameraden" exekutiert.

Ehre diesen Kriegsdienstverweigerern! Sie wurden totgeschwiegen, weil sie nicht ins stolze Selbstbildnis der tollkühnen Fallschirmjäger passen. Aber wer sie vergisst, der tötet sie ein zweites Mal.

Im Rückblick auf das vergangene Jahr gibt es auch eine erfreuliche Meldung: Das Museum der Deutschen Gebirgstruppe in Sonthofen, ursprünglich als Kulttempel und Andachtsraum der Ewiggestrigen und Leistungsschau militärischer Erfolge von Narvik bis zum Gipfel des Elbrus im Kaukausus geplant, konnte verhindert werden.

Vielleicht gelingt es auch, das geplante Museum der Fallschirmjäger in Altenstadt zu verhindern.

Denn wir brauchen keine Waffenschauen der Wehrmacht, sondern Friedenslinden und Denkmäler mit der Aufschrift:

MAI PIU - NEVER MORE - NIE WIEDER!


Jakob Knab ist Mitglied von Pax Christi und Sprecher der "Initiative gegen falsche Glorie"
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