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Kosovo-Krieg: 1 Jahr danach - Inhalt


vom:
15.03.2000


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Kosovo-Krieg: 1 Jahr danach:

  Stellungnahmen/Aufrufe

NATO-Krieg gegen Jugoslawien. Ein Jahr danach

Werkstatt für Gewaltfreie Aktion

Am 24. März 2000 jährt sich der Beginn der Luftangriffe auf die Bundesrepublik Jugoslawien. Die NATO rechtfertigte die Bombardierungen als humanitäre Intervention. die zum Ziel haben sollte, die massiven Menschenrechtsverletzungen in Form von Unterdrückung und Vertreibung im Kosovo zu beenden. Der NATO und der Bundesregierung gelang es, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass als einzige Handlungsalternative nur noch das militärische Eingreifen blieb, weil die friedliche Lösung des Konflikts gescheitert sei.

Obwohl die Luftangriffe Menschenrechtsverletzungen nicht verhindern konnten, sondern im Gegenteil neue heraufbeschworen und ein multiethnisches Zusammenleben für lange Zeit unmöglich scheint, gibt es seit dem Ende des,heißen` Krieges keine kritische Beschäftigung mit der Vorgeschichte, dem Verlauf und den Auswirkungen des Krieges. Ebensowenig gibt es Diskussionen über die Aufrüstung, die die europäischen NATO-Staaten planen.

Viele Menschen, auch aus der Friedensbewegung, folgten der Argumentationslinie der NATO. Sie ist aber nur bei oberflächlicher Betrachtung stimmig. Es sind erhebliche Zweifel anzumelden, ob eine friedliche Lösung konsequent gesucht wurde:

 der jahrelange zivile Widerstand der Kosovaren gegen ihre Unterdrückung fand kaum offizielle Unterstützung in Europa;

 die OSZE-Mission wurde nicht so vorbereitet und durchgeführt, dass sie ein Erfolg werden konnte. Die Implementierung der Mission dauerte zu lange und beim Abzug der OSZE-Mitarbeiter aus dem Kosovo waren statt der ohnehin viel zu gering geplanten Anzahl von 2000 Beobachtern nur 1400 vor Ort.

 es wurden keine ernsthaften Anstrengungen unternommen, eine Lösung durch die UNO herbeizuführen, weil die USA als einzig verbliebene Supermacht die Selbstmandatierung der NATO erreichen wollten.

 Willy Wimmer (CDU), Vizepräsident der parlamentarischen Versammlung der OSZE führte am 12.1.99 im Deutschlandfunk aus: "Wir wären im März des vergangenen Jahres wesentlich weiter gekommen, auch im Zusammenhang mit einer Lösung, die den Albanern entgegenkommt, wenn man die Europäische Union einfach nur gelassen hätte. Aber hier durften bestimmte Ergebnisse offensichtlich nicht erzielt werden, und deswegen ist das auch nichts geworden. ... Man muss oft den Eindruck haben, dass die Europäer deshalb nichts zustande bringen dürften, damit die Vereinigten Staaten hier eingreifen können..."

Die Einschätzung von Willy Wimmer ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass hinter dem Krieg (auch/überwiegend) andere Interessen standen. Die Menschenrechtsverletzungen wurden für die Legitimation des Krieges instrumentalisiert, um diese Interessen nicht deutlich werden zu lassen. Welchen Stellenwert die Menschenrechte tatsächlich spielen, zeigte sich nach dem Ende der Bombardierung und dem Einmarsch der KFOR-Truppen. Die Vertreibung von mindestens 150.000 Serben und Roma aus dem Kosovo wurde nicht verhindert.

Die eigentlichen Interessen sind in einem Artikel von Jürgen Rose, Oberstleutnant der Bundeswehr, am 24. November 1999 in der Berliner Zeitung aufgezeigt worden. Er schreibt zum Krieg der NATO gegen Jugoslawien u.a.: " Für die USA besteht sein Effekt selbstredend auch darin, dass von ihm die amerikanische Rüstungsindustrie in ganz erheblichem Umfang profitiert. Während des Luftkriegs kamen enorm teure Präzisionswaffen zum Einsatz, die fast ausschließlich aus US-amerikanischer Produktion stammten. ... Die strategische Konzeption der amerikanischen Südosteuropa-Politik ist entscheidend vom Verhältnis der USA zur aufstrebenden Europäischen Union bestimmt. ... Der Euro besitzt das Potential, dem Dollar als Weltleitwährung Konkurrenz zu machen. ... Die Wirtschaftsmacht Europa dürfte zu einer ernsthaften Herausforderung für die Hegemonialansprüche der Supermacht USA werden. In einer solchen Situation geo-ökonomischer Konkurrenz, gepaart mit der potentiellen Ablösung des Exklusivitätsstatus der NATO, bot und bietet sich für die amerikanische Administration zwingend die Instrumentalisierung der Konfliktlagen im südosteuropäischen Raum als effektive Option an. Der unliebsame Konkurrent, der ein vitales Interesse an der Stabilität seines,Hinterhofes` haben muss, soll langfristig in dieser Region gebunden werden. Nicht unerhebliche diplomatische, finanzielle und militärische Ressourcen der EU sollen dort absorbiert werden, wo dies für die USA erstens kontrollierbar geschieht und zweitens ihren Interessen nicht direkt zuwiderläuft."

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Kosovo-Krieg: 1 Jahr danach - Inhalt
Bei Betrachtung der Planungen der europäischen NATO-Staaten ergibt sich, dass die Analysen dieser Staaten sehr ähnlich sein müssen. Die USA haben Europa mit ihren überlegenen Waffen und Aufklärungsinstrumenten dominiert, u.a. haben die USA den Verlauf des Krieges eindeutig diktiert, auch hinsichtlich der Zielauswahl. Um dies in zukünftigen Konflikten zu vermeiden, möchte Europa sich dieselben Kapazitäten anschaffen und zur eigenständig handlungsfähigen Militärgroßmacht werden.

Hier werden aber die falschen Schlüsse gezogen!
 Nicht noch mehr und noch effizientere Waffen ermöglichen ein friedliches Zusammenleben der Menschen, sondern konsequente Umschichtung der militärischen Mittel in Projekte der zivilen Konfliktbearbeitung.

 Nicht noch besser auf Gefechtseinsätze vorbereitete Soldaten können zum Abbau des Gewaltpotentials vor Ort beitragen, sondern zivile Organisationen und nichtkämpfende Verbände.

 Die Instrumente der zivilen Konfliktbearbeitung sind aufzubauen bzw. zu verbessern. Zivile Konfliktbearbeiter/innen müssen gut und umfassend ausgebildet werden, so dass Missionen der UNO oder OSZE rasch zusammengestellt werden und mit Aussicht auf Erfolg arbeiten können.

Folgende Maßnahmen der Hilfe und zur Konfliktminimierung in Jugoslawien könnten sofort eingeleitet werden:

 Wiedergutmachung der angerichteten Schäden (Gerechtigkeit statt Almosen)

 Unterstützung der Flüchtlinge (z.B. über Diakonisches Werk und Caritas)

 Psychosoziale Hilfe für Traumatisierte (wie Medica in Bosnien)

 Unterstützung von Friedens- und Menschenrechtsgruppen (z.B. Balkan Peace Team)

 Einrichtung von Wahrheits- und Versöhnungskommissionen (wie in Südafrika)

 Arbeitsprogramme zur zivilen gesellschaftlichen Wiedereingliederung von Soldaten

 Aufhebung der Isolation Serbiens

 Einrichtung einer Balkankonferenz

Mit der Verhinderung des nächsten Krieges jetzt beginnen!

Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden, V.i.S.d.P.: Sonnhild und Ulli Thiel, Alberichstr., 76185 Karlsruhe, Tel.: 0721-552270, Fax 0721-558622


Internet: http://www.friedensdienst.de/gll.html
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