ungehaltener Redebeitrag für den geplanten Ostermarsch in Augsburg am 11. April 2020

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

mein Name ist Klaus Stampfer. Ich bin Mitglied der Augsburger Friedensinitiative, kurz AFI, und der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, kurz DFG-VK, Gruppe Augsburg.

Ich darf euch alle beim heutigen Ostermarsch begrüßen.

1960, also vor 60 Jahren, hat in Deutschland der erste Ostermarsch stattgefunden. Vorausgegangen waren Pressemeldungen, dass in der Nähe des ehemaligen KZ Bergen-Belsen mit der Erprobung der Honest-John-Atomraketen begonnen wurde. Die Ostermärsche haben mit dazu beigetragen, dass die Bundeswehr nicht atomar bewaffnet wurde, wie es die Adenauer-Regierung beabsichtigte. Auch wenn die Bundeswehr keine Atomwaffen hat, im Rheinland-Pfälzischen Büchel lagern 20 amerikanische Atomsprengköpfe und Soldaten der Bundeswehr üben tagtäglich mit ihren Tornado-Kampfflugzeugen den Abwurf dieser Atomwaffen. 

Wir müssen uns bewusst sein: Jede Atommacht hat Pläne für die Anwendung dieser atomaren Massenvernichtungswaffen und deren Einsatz wird täglich geübt. Der Einsatz der in Büchel stationierten Atomwaffen bedeutet, dass Europa in einem atomaren Krieg vernichtet wird, dass Hunderte Millionen Menschen ermordet werden. Oscar Lafontaine hat einmal gesagt: „Die Militärbasen der USA in Deutschland schützen uns nicht, sondern sie gefährden uns“. Der atomare Schutzschirm ist eine Lüge. 

Wir fordern von der Bundesregierung: Setzt den Beschluss des Bundestages von 2010 zum Abzug der Atomwaffen aus Büchel endlich um. Dass alle Atomwaffen endlich verschwinden, dazu sind die Ostermärsche da und deshalb stehen wir hier.

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

neben 60 Jahre Ostermarsch gibt es heuer ein weiteres rundes Datum. Vor 75 Jahren wurde Deutschland vom Faschismus befreit. Jetzt lese und höre ich von vielen Seiten „Nie wieder“. Tatsächlich muss alles getan werden, damit sich die Greuel des Nationalsozialismus nicht wiederholen. 

Was mich nachdenklich macht ist die verkürzte Forderung „Nie wieder“. Ich frage mich, „Nie wieder“ von was“? Im Schwur von Buchenwald heißt es „Nie wieder Faschismus, und nie wieder Krieg“. Damit werden Ross und Reiter genannt. Nur zu sagen „Nie wieder“ reicht nicht, „Nie wieder“ alleine wird zu einer inhaltsleeren Floskel. Oder bringen einige Parteien die Forderung „Nie wieder Krieg“ nicht mehr über ihre Lippen, weil sie selbst die Bundeswehr in Kriege geschickt haben und planen die Kriegseinsätze auszudehnen? 

Wir nennen Ross und Reiter und wir fordern „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“. Auch deshalb gibt es die Ostermärsche und deshalb stehen wir hier.

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Bei einem rechtsradikalen Anschlag tötete ein 18-jähriger Schüler am 22. Juli 2016 in München neun Menschen. Der Waffenhändler, der dem Schüler die Waffe verkauft hatte, wurde zu Recht wegen Beihilfe zum Mord verurteilt. 

Was ist mit den Waffenhändlern, was ist mit den Rüstungsproduzenten, was ist mit den Mitgliedern des Bundessicherheitsrates, die Kriegswaffen in alle Krisengebiete verkauften und liefern lassen und dadurch das Töten von Tausenden unschuldiger Menschen ermöglichen? Was ist dies anders als Beihilfe zum Mord? In den Kriegsgebieten werden mit Waffen, die dorthin geliefert werden, Zehntausende Menschen ermordet. Waffenexport ist Beihilfe zum Mord! 

Wir fordern den sofortigen Stopp aller Waffenexporte! Dass die Waffenexporte endlich verboten werden fordern die Ostermärsche seit langem und deshalb stehen wir hier.

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

in Artikel 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages, mit dem die Wiedervereinigung Deutschland ermöglicht wurde, bekräftigt Deutschland, dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird.  

Doch wie sieht die Realität aus:  Die Bundeswehr führt Krieg in Afghanistan, im Kosovo, in Mali, in Libanon, in Syrien, im Irak und unterstützt die Drohnenkriege der USA durch die Bereitstellung des Luftwaffenstützpunktes Ramstein. 

Die Bundeswehr beteiligte sich an dem jetzt wegen der Corona-Pandemie abgesagten Nato-Manöver „Defender 2020“, dem größten Manöver seit dem Ende des Kalten Kriegs, und eskalierte damit die Konfrontation mit Russland. 

Unter dem Beifall der Rüstungsindustrie und der Militärs fordern viele Politiker außenpolitisch mehr Verantwortung zu übernehmen. Mit dem von Georg Orwell beschriebenen „Neusprech“ ist mit „Verantwortung übernehmen“ „Krieg führen“ gemeint. 

Unter Verantwortung verstehen wir,

  • sich dafür einzusetzen, dass alle Kriegsverbrecher, auch in den westlichen Regierungen, sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten müssen, 
  • sich dafür einzusetzen, dass nicht Julian Assange, der die Kriegsverbrechen bekannt gemacht hat, sondern Diejenigen verurteilt werden, die Kriegsverbrechen begangen haben. 

Wir fordern Verantwortung dafür zu übernehmen, 

  • dass die Welt friedlicher wird, 
  • dass die Mittel zum Führen von Kriegen, also das Militär und die Waffen abgerüstet werden. 

Statt Konfrontation fordern wir Entspannung. 

Mit Verantwortung meinen wir, sich dafür einzusetzen, dass das Militär endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte landet, wo es hingehört, und damit die Möglichkeiten zum Krieg führen beseitigt werden. In dieser Verantwortung stehen die Ostermärsche und deshalb sind wir hier.

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

das Militär gehört weltweit zu den größten Verbrauchern fossiler Brennstoffe und bringt somit massenhaft CO2in die Atmosphäre. Das US-Militär alleine betreibt mehr Flugzeuge als alle US-Fluggesellschaften zusammen. Mit einer Studie der Brown University ist belegt, dass das US-amerikanische Militär als weltweit größter Einzelverbraucher von Erdöl einer der größten Erzeuger von Treibhausgasen ist. 

Auch die Bundeswehr erzeugt mit ihren Panzern, Flugzeugen und Schiffen jede Menge an CO2. So verbraucht beispielsweise ein Eurofighter bis zu 100 Liter Kerosin pro Minute, das sind unglaubliche 6000 Liter pro Stunde. 

Wir setzen uns dafür ein, diesen Planeten lebenswert zu erhalten. Neben der Verhinderung von Kriegen, neben der Errichtung gerechterer Wirtschaftssysteme zählt für uns auch, die Umwelt für uns und für zukünftige Generationen zu erhalten. Auch dafür führen wir die Ostermärsche durch und deshalb stehen wir hier. 

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

das Corona-Virus hat sich weltweit ausgebreitet. Unzählige Menschen müssen jetzt in einigen Ländern an dem Virus sterben, auch weil die westlichen Staaten diese Länder mit Sanktionen bestrafen. Unter die Sanktionen fallen auch lebenswichtige Medikamente und notwendige medizinische Geräte. 

Sanktionen sind Massenmord, erst recht in Zeiten der Corona-Krise! 

Wenn die Regierungen in den westlichen Staaten einen Funken Mitgefühl haben und die so oft beschworenen westlichen Werte nicht bloße Propaganda sein sollen, dann sind die Sanktionen, zum Beispiel gegen den Iran, Syrien, Venezuela, Kuba, Zimbabwe und weitere Länder, wie vom UN-Generalsekretär gefordert, aufzuheben, damit dort schwer Corona-Infizierte auch eine Möglichkeit haben zu überleben. 

Wir fordern Solidarität mit allen Menschen, auch dafür finden die Ostermärsche statt und deshalb stehen wir hier.

Ich danke euch!

 

Klaus Stampfer ist Mitglied der Augsburger Friedensinitiative und der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Augsburg.

 

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