Friedensfahrradtour "Europa ohne Armee(n)" von Bregenz/Bodensee nach Straßburg vom 28.7.-6.8.2000

Der Weg ist das Ziel

von Doris Möller
Initiativen
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Der Weg führte uns durch vier Länder, Menschen aus fünf Nationen nahmen daran teil. Wir waren eine Stammgruppe von 35 Leuten, viele fuhren außerdem eine Teilstrecke mit, besonders viele bis nach Straßburg.

Wir, wer war das? Menschen aller Altersgruppen, aus allen Berufssparten, aus politisch verschiedenen Richtungen, jedoch alle mit der einen Vision, der von einer friedlicheren Welt, von Abrüstung und speziell vom Abbau der Armeen in Europa. Wir glauben nicht, dass Militär Frieden sichern und nationale oder internationale Probleme lösen kann.

Zunächst stand wir da, am 28. Juli, ein Häuflein Radler in Bregenz am See unter dem internationalen Fahnenkreis mit besorgtem Blick zum Himmel. Dieser Blick sollte uns die meiste Zeit der zehntägigen Tour bleiben. Aber kein noch so heftiges Wetter konnte uns aufhalten noch unsere tolle Gruppenstimmung trüben, wie sich herausstellte. Wir starteten schließlich, etwa 30 Friedenswillige, Richtung Lindau, nachdem uns ein Vertreter des Internationalen Versöhnungsbundes Österreichs noch begrüßt hatte.

Es stellte sich heraus, dass eine ganze Reihe Mitglieder der DFG-VK Baden-Württemberg mitfuhren, von denen einige die Gesamttour auch mitgeplant und mitorganisiert hatten. Sie wirkten dann auch während der Tour sehr engagiert mit, so z.B. Achim Schmitz als Mann für alles, Sonnhild Thiel in eifriger Infostandarbeit, Martin Röcker aus Kressbronn im Abschnitt bis Konstanz als einheimischer Wegkenner (eine immer wichtige Aufgabe während der Route!). Überhaupt fand jeder und jede während der Route seine/ihre Nische, menschlich, sozial, gruppendynamisch, politisch. Wir wuchsen zu einem sehr positiven kreativen Team zusammen voll Witz, Spaß, Esprit und Dynamik. Manchmal fuhren wir bis zu 30 km/h. Aus allen Richtungen der Friedensbewegung waren Leute dabei, ob vom Internationalen Versöhnungsbund, von den Grünen, von der Gruppe "Schweiz ohne Armee" (kurz GSoA), auch aus christlichen Friedensmotiven Bestimmte und überzeugte Marxisten. Wir waren offen für einander und der gemeinsame Konsens stand über allen Meinungsunterschieden.
 

Spannend wurde für uns TeilnehmerInnen, welche Begegnungen wir mit anderen Friedensgruppierungen haben würden, welche Aktionen geplant waren und inwieweit wir während der zehn Tage mit der Öffentlichkeit und der Bevölkerung in Kontakt treten konnten.

An einzelnen Orten, z.B. in Schaffhausen und Freiburg und Straßburg hatten die lokalen Gruppen bereits Presse, Rundfunk und Fernsehen vorher informiert. Daraufhin erschienen mehrere Berichte mit Fotos in den Zeitungen, um Freiburg herum wurde während des ganzen 4. August im Radio über unsere Tour berichtet. Menschen unterwegs begrüßten und bestärkten uns. Live-Interviews wurden in den Medien wiedergegeben, und über die außerordentlich gelungene mehrstündige Kundgebung in Freiburg vor dem Alten Rathaus wurde Bericht erstattet.

In Lindau organisierte "Pax Christi" für uns und die Öffentlichkeit einen spannenden Abend im Friedensmuseum. In Konstanz kam es zu einem Gedankenaustausch mit der PDS und dem Verein "Hand in Hand". In Schaffhausen luden uns die Jusos zum Abendessen und zum Übernachten ein, zusammen mit ihnen bauten wir am Rheinfall direkt einen Infostand und das Plakat "Militär ist ein R(h)einfall" auf. In Basel fand eine sehr bewegende Begegnung mit jungen serbischen Oppositionellen der studentischen Widerstandsbewegung "OTPOR!" statt, die von ihrem mutigen politischen Engagement und von ihren eigenen Kriegserfahrungen berichteten. Ein Teil der Friedensradler unternahm dann noch eine Flugblattaktion an der Basler Kaserne gegen deren Weiterausbau.

In Müllheim kam es zu einer lebendigen Begegnung mit dem "Müllheimer Friedensrat", der uns auch verköstigte und uns Übernachtung bot und mit dem zusammen wir am nächsten Morgen vor der dortigen Kaserne eine kleine Friedensdemonstration unternahmen. Die Topkundgebung in Freiburg geschah vor großer Öffentlichkeit: Dort spielte die alemannische Liedermachergruppe "Goschehobel" zwischen den verschiedenen Ansprachen der Veranstalter unserer Tour, dem DFG-VK-Bundessprecher Jürgen Grässlin und den Freiburger Gruppen sowie der friedensengagierten Künstlerin Birgit Berg. In Emmendingen engagierten wir uns in einer lokalpolitischen Diskussion gegen die unsinnige Wiedererrichtung eines Kriegerdenkmals. In Offenburg sprach der DFG-VK-Bundessprecher Kai-Uwe Dosch im evangelischen Gottesdienst ein Grußwort an die Gemeinde. In Straßburg erinnerten wir die Menschen vor dem Münsterportal am 6. August anhand von großen Originalfotos aus Hiroshima 1945 schweigend an die furchtbare Katastrophe durch militärische Gewalt. Zum Abschluss zogen wir gemeinsam vor das Europaparlament, an das wir auf der Fahrt ein Tourentagebuch mit unseren Forderungen geschrieben hatten, das nach der parlamentarischen Sommerpause übergeben wird.
 

Die naheliegende Schlussfrage "Hat sich die Fahrt gelohnt?" und "Ist eine solche Friedenstour sinnvoll?" konnte mit Sicherheit jeder/jede aus ganz verschiedenen Gründen bejahen. Diese 600 Kilometer durch vier Länder wurden unausweichlich zur tiefen Einzelerfahrung, es wurde ein bewegendes Gruppenerlebnis. Wir hatten Begegnungen mit verschiedensten Friedensgruppen, wir konnten auch lokale Gruppen in ihren Anliegen unterstützen, wir leisteten auf der ganzen Strecke Öffentlichkeitsarbeit, nicht zuletzt durch Verteilen hunderter von Flugblättern und über die Medien, wir hatten viele Kontakte mit der Öffentlichkeit.

Der Weg ist das Ziel, alle unsere Weg-Erfahrungen lohnten, auch solche, wo etwas nicht ganz perfekt gelungen war. Die Impulse schwingen weiter. So radelte z.B. eine kleine Gruppe weiter an der jungen Donau entlang und kam auf Grund ihrer geschmückten Räder mit so manchen Bürgern ins Gespräch. Erste Friedensradler-Treffs fanden bereits statt am Bodensee, weitere Begegnungen sind geplant.

Besonderer Dank von uns allen an Tobias Henkel, der diese Friedensradtour unter allergrößtem Einsatz ermöglicht und verwirklicht hat.

Mehr im Internet unter http://www.bike-for-peace.de

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