Eine Woche vor Ostern rufen wir mit unserem Aufruf "Kriege stoppen - Frieden und Abrüstung jetzt! " in mehreren Zeitungen zur Teilnahme an den Ostermärschen 2025 auf. Hilf auch du mit bei der Mobiliserung!
Ein Beginn einer neuen Friedensbewegung?
Eindrücke von der Friedensdemo am 3. Oktober
von
Selten ist um einen Aufruf zu einer Friedensdemonstration so heftig gestritten worden wie um den Aufruf eines zehnköpfigen Personenkreises der Initiative „Nie wieder Krieg“ rund um Reiner Braun und Willy van Ooyen zu einer Demonstration in Berlin am 3. Oktober. Dem Aufruf unter dem Titel „Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationaler Solidarität“ (1) folgten am Tag der Deutschen Einheit lt. Veranstalter 40.000 Menschen. Das Durchschnittsalter dürfte bei 60-70 gelegen haben. Hauptredner*innen auf der Abschlusskundgebung waren Parteivertreter*innen, von Ralf Stegner (SPD) über Sahra Wagenknecht (BSW), Gesine Lötzsch (Die LINKE) bis zu Peter Gauweiler (CSU).
Die Veranstalter*innen hatten Gruppen, die mit dem Aufruftext nicht glücklich waren, eingeladen, eigene Aufrufe zu formulieren; eine Einladung, der zahlreiche andere Gruppen gefolgt sind, darunter Gewerkschaftsgruppen, linke SPDler*innen, pax christi, NaturFreunde, Forum Friedensethik der Badischen Landeskirche und die IPPNW. Andere fehlten, so auch die Kooperation für den Frieden und die DFG-VK.
Jenseits einer sehr unangenehm hochkochenden Polemik bezogen sich die inhaltlichen Kritikpunkte an dem Aufruf vor allem auf das, was fehlte: Eine Verurteilung Russlands wegen des Angriffs auf die Ukraine und seiner Atomwaffen und die Forderung nach Schutz von Kriegsdienstverweigerern aus den kriegsbeteiligten Ländern. Auch die Forderung „Demokratischen Meinungsaustausch fördern, sachliche Berichterstattung ermöglichen! – Keine Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit!“ stieß auf Kritik, weil er an rechte Argumentationsmuster von fehlender Pressefreiheit anschließe. (2)
Dazu kam die Befürchtung –trotz eines eindeutigen Eintrags auf der Website der Veranstalter -, dass rechtsoffene und rechtsextreme Kreise zu der Demo mobilisieren würden. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner reagierte darauf, als er seine Zusage mit den Sätzen erläuterte: „Wir dürfen den Frieden und die Friedensbewegung deshalb nicht den Extremisten überlassen und auch nicht den Populisten, die sich gleichzeitig links und rechts geben. Am Ende führen uns alle Extremisten aufs Schlachtfeld.“ (3)
Ein letzter Kritikpunkt war das Fehlen von Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Formulierung des Aufrufs und der Redeliste. DFG-VK und IPPNW gehörten zu den großen Verbänden, die entsprechende Ersuchen an die Veranstalter gestellt hatten, aber Hörensagen zufolge abblitzten. (Die IPPNW durfte dann bei einer der Auftakte reden.)
Der 3.10. in Berlin
Um es vorweg zu nehmen: Die Schreiberin dieses Artikels hat auf der Demo vor allem rote Fahnen diverser K-Gruppen gesehen, einige – vielleicht weniger als erwartet - palästinensische, und, trotz der Bitte der Veranstalter, das zu unterlassen, sehr viele Parteifahnen besonders von BSW und der Linken. Falls AfD-Mitglieder dabei waren, dann nur für Insider erkennbar.
Der Tag begann mit drei Auftaktkundgebungen, von wo aus sich dann Demonstrationszüge zur Siegessäule bewegten, wo die Abschlusskundgebung mit den eingangs erwähnten Redner*innen stattfand. Ob es wirklich über 40.000 Teilnehmende waren, soll dahingestellt bleiben – eine beachtenswerte Zahl war es in jedem Falle. In einer der Sternstraßen und in Hörweite zur Bühne fand eine Gegendemonstration von ein paar hundert Ukrainer*innen statt. Dort sprach der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth, der die Friedensdemonstrant*innen heftig angriff. Und die DFG-VK Berlin hatte am Vormittag, verstanden als Protest gegen die Ausrichtung der Demonstration, Särge vor der russischen Botschaft abgelegt.
Inhaltlich schien die Mehrheit der Demonstrierenden zu einen, dass die NATO die eigentlich Schuldige an dem Krieg sei, die Waffenhilfe abzulehnen sei und sofort Verhandlungen stattfinden müssten. Ralf Stegner wurde ausgebuht, als er von einem „russischen Angriffskrieg“ sprach und konnte seine Rede kaum zu Ende bringen.
Auch die neuen Mittelstreckenraketen wurden vielfach zum Thema gemacht. Reiner Braun sprach von dem ‚Beginn einer neuen Friedensbewegung‘. Sorge wohl aller: Dass wir auf einen Dritten Weltkrieg zusteuern, wenn die Kriege in Europa und Nahost nicht beendet würden. Ob man aber dafür die Betroffenheit über den Angriff Russlands, die zahlreichen Opfer und die Kriegsverbrechen unter den Tisch kehren muss? Die Spaltung der Friedensbewegung in diesen Fragen wurde am 3. Oktober jedenfalls nicht überwunden.
Anmerkungen
1 https://nie-wieder-krieg.org/alles-zur-demo-am-3-oktober/
2 https://berlin.dfg-vk.de/von-der-friedensbewegung-zur-weltuntergangssekte/
3 https://www.ralf-stegner.de/2024/09/23/unser-ziel-frieden-in-der-welt/