Forum in Stuttgart

von Margot Käßmann

Der ökumenische Rat der Kirchen hat 1983 in Vancouver zu einem weltweiten Prozeß für Gerechtigkeit; Frieden und Bewahrung der Schöpfung aufgerufen. Im Rahmen dieses Prozesse, dessen Ziel ein gemeinsames Reden und Handeln der Kirchen in den drei Themenbreichen ist, finden zunächst Foren in den einzelnen Ländern, dann in den- Regionen (für Europa: Basel 1989) .und eine Weltversammlung (Seoul 1990) statt. Für die Bundesrepublik hat dieses Jahr in zwei Phasen im April um im Oktober ein solches Forum getagt. Daran waren alle Kirchen und aus den Kirchen die unterschiedlichen Meinungen repräsentiert, u. a'. auch aus den "Dritte-Welt"-, Friedens- und Ökologiegruppen. Während der konziliare Prozeß auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig läuft, sollte hier versucht werden, den größtmöglichen Konsens zu formulieren .
Diese Vorgabe ist wichtig, denn sie ist Ursache der für die Gruppen in manchen Teilen unbefriedigenden Aussagen. Das Ringen uni Konsens mußte teilweise zum Kompromiß werden, besonders da, wo die politischen Optionen .hart aufeinanderprallten.

So ist die Stuttgarter Erklärung - ein Papier von über 50 Seiten - kein prophetisches Wort. Aber sie kann Hilfestellung für die weitergehende Diskussion werden, denn sie macht deutlich: es gibt keine Trennung von Glauben und Politik. Christen sind vom Evangelium her verpflichtet in den brennenden gesellschaftlichen Fragen der Zeit Stellung zu beziehen. Dieses ist in vielen Gemeinden noch lange nicht als Voraussetzung anerkannt und dürfte den Gruppen die Chance bieten, am Ort und in der Kirche insgesamt vermehrt Gehör und Unterstützung zu finden.

Aber auch in. einzelnen Sachpunkten ist das Papier weiterführend; So vor allem in den Abschnitten zu Gerechtigkeit und Schöpfung, in denen sich Linien andeuten, die zur Herausforderung in der Kirche und damit in der Gesellschaft insgesamt werden können. Etwa, wenn gefordert wird, die Innenpolitik dürfe nicht der Versuchung erliegen, Asylbewerber/-innen zum Instrument der Abschreckung für andere Asylsuchende und Flüchtlinge zu machen, ja Gemeinden aufgefordert werden, Kirchenasyl zu gewähren, wo Menschen von Abschiebung bedroht sind. Oder auch die gemeinsame Aussage, Kernenergie könne nicht Grundlage einer zukünftigen Energieversorgung sein.

Das Ringen im Bereich Frieden, der hier besonders interessiert, war. in Stuttgart und den vorangegangenen Diskussionen bei weitem am schwierigsten und heftigsten. Das lag daran, daß Christen aus Bundeswehr und Friedensbewegung  und Christen aus unterschiedlichen politischen Umfeld um einen Konsens ringen mußten, die sonst eher separat und im Gegenüber formulieren und handeln. Gleichzeitig lag darin natürlich ein Chance des Dialogs.

Inhaltlich sind die Schwerpunkte der Erklärung im Abschnitt Frieden:
l. Es besteht Konsens, daß die nukleare Abschreckung auf Dauer als Instrument des Kriegsverhütung nicht geeignet ist Ein neues Konzept internationaler Sicherheit wird gefordert, bei  dem die Sicherheitsinteressen des jeweils anderen berücksichtigt werden. Damit ist das Konzept der Sicherheitspartnerschaft von den Kirchen aufgenommen worden, die Toleranz der Abschreckung auf Zeit blieb aber strittig.
2. Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein. Die Institution des Krieges ist abzuschaffen. Dieser Konsens von. Stuttgart führte allerdings nicht zu

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