Frieden braucht weiterhin Bewegung - Ein Vorschlag

von Gerd Greune

Wir haben gelernt, daß die Begründungen für neue Waffen immer darauf beruhen, daß den östlichen Nachbarn die Friedensfähigkeit abgesprochen wird. Wir können stattdessen damit: anfangen jetzt folgende konkrete Schritte zu gehen:

  1. Die weitere Stationierung aller atomaren und chemischen Waffen wird beendet und stattdessen eine atom- und chemiewaffenfreie Zone in Mitteleuropa geschaffen
  2. Die Bewilligung von Haushaltsmitteln für neue militärische Großprojekte wird gestoppt und in Mitteleuropa eine Zone frei von schwerem militärischen Gerät verwirklicht
  3. Die Halbierung der Streitkräfte und aller Waffensysteme wird zum Einstieg in eine umfassende konventionelle Abrüstung in Mitteleuropa vereinbart, wobei die Unterschiede bei den Luft- und Landstreitkräften in Ost und West berücksichtigt werden

Dieses Ziel sollte in den kommenden fünf Jahren verwirklicht werden, wenn die Mehrzahl der Bevölkerung dafür eintritt. Wir könnten eine von uns selbst organisierte Volksabstimmung beginnen, um diese Forderungen voran zu treiben.

Wir brauchen jetzt wieder Informationstage, um der Desinformation durch die Bundesregierung entgegenzuwirken.

Im Juni - aus Anlaß des ersten Vertrages über das Verbot, chemische Waffen im Krieg einzusetzen, der am 17. Juni 1925 abgeschlossen wurde,

Im August aus Anlaß des 25. Gedenktages des 1. begrenzten Atomteststoppvertrages (5.8.) und zu Hiroshima (6.8.) und Nagasaki (9.8.) über die neuesten Entwicklungen bei Atomwaffen, ihre Erprobung durch Atomtests und die geplanten Stationierungen in unserem Land, die schließlich zu mehr Atomraketen führen, als vor dem. INF-Abkommen,

Im Oktober anläßlich der Haushaltsberatungen im Bundestag, wenn über einzelne Rüstungsprojekte oder ihre Fortschreibung entschieden wird.

Diese Elemente einer Abrüstungspolitik, die den Namen wirklich verdient, führen zu einem anderen Europa. Sie klingen heute utopisch, die Alternative wäre allerdings die ständige Neuauflage militärischer Eskalationen. Dadurch können viele Milliarden DM für neue Arbeitsplätze im zivilen Bereich und für einen Weltentwicklungsfonds freigesetzt werden. Forschung und Entwicklung würden sich in unserem Land auf neue Zukunftstechnologien konzentrieren, die ökologisch verträglich sind und nicht existenzbedrohend. Schließlich würden damit Grundsteine für ein europäisches Haus gelegt, in dem die Menschen anfangen können, sich zu entfalten und ihren Kindern eine Kultur des Friedens aufzubauen.

Im Oktober 1988 ließen sich diese Bausteine einer neuen Abrüstungsordnung in einer großen demonstrativen Versammlung zusammentragen: Eine Demonstration, die den eigenen Abrüstungswillen der Bevölkerung unterstreicht, sich vor allem an Franzosen, und Sowjets wendet, um einen Neuanfang zu beginnen und die Ära der Konfrontation zu beenden. Es wird darauf ankommen, dieses positive Bild eines neuen Europa jenen düsteren Plänen einer westeuropäischen Atomstreitmacht entgegenzusetzen, noch bevor sie in Gang kommt. Wenn wir dies verbinden können mit dem Willen vieler zehntausend Menschen, die in Frieden ihre Arbeit erhalten wollen, dann wird sich ein Ort finden lassen, an dem wir uns zu diesem Zwecke versammeln. Die Zusammenkunft wäre zugleich ein Auftakt für europaweite Aktionen 1989, wenn sich zum 50. Mal der Beginn des 2. Weltkrieges jährt.

Die Hoffnung richtet sich auch jetzt erneut auf die Kraft unserer Phantasie und Bewegungsfähigkeit.

Ausgabe

Rubrik

Schwerpunkt
Gerd Greune ist Vorsitzender von ifias Brussels.