Die Söldnerfreunde aus Oberndorf:

Heckler & Koch - "in a world of compromise some don't.."

von Frank Eyssen
Initiativen
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Unangekündigte Besuche vor den Werkstoren der Rüstungsindustrie konfrontieren uns immer wieder mit einer von vornherein klaren Situa­tion: Die, die wir dringend im Sinne eines "Sagt Nein!" erreichen müß­ten, nämlich die in der Rüstungsindustrie Beschäftigten, ziehen flu­chend und uns beschimpfend an uns vorbei, die Augen nach unten, das Gesicht bei jeder Kamera schnell zur Seite gewandt.

Und wir sitzen vor dem Tor, vor oder unter unserem Transparent, verketten das Werkstor, die Forderungen sind klar ... Nur: Was bringt's ?? Wie groß muß der Skandal sein, um über die wenigen direkt Beteiligten hinauszudrängen???

Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar, oben auf dem Hügel, der nach 1945 verschämt in Lindenhof um­benannt wurde, vorher Adolf-Hitler-Siedlung hieß, ist ein Garant für Skan­dale! Deutsche Präzisionswaffen im ehemaligen Jugoslawien, als Killersta­tussymbol in Südamerika - "Alles le­gal!" kommentiert die Firmensprecherin den weltweiten Terrorwaffenvertrieb.

Wo ansetzen? Das "Büro für notwen­dige Einmischungen" in Kooperation mit R.I.B., BuKo, Medico, Robin Wood, Grünen und Jusos, DFG-VK und Ohne Rüstung leben drehte am 19. März vor dem Heckler & Koch - Werkstor den Spieß um. Morgens um 6.30 brachten wir unser von Heliumballos getragenes Transparent an:

"Deutsche Waffen finden ihr Ziel - Für die Opfer kein Asyl - SAGT NEIN!" Pressekonferenz im Freien. Jürgen Grässlin vom Rüstungs Informations-büro Baden-Württemberg dokumen­tierte die Chronologie der H&K-Skan­dale, Gerti Kiermeier, DFG-VK Mün­chen, ging auf die Opfer der Oberndor­fer Geschäftemacher ein. Forderung al­ler Beteiligten: Eine Verursacherhaf­tung gegen die Rüstungsindustrie!

Zu Ex-Jugoslawien: Goran, Deserteur, ein "Mensch aus Sarajewo" hielt ein be­eindruckendes Plädoyer für pazifistische Lösungen. Während hier noch nicht einmal ansatzweise alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, poltern die Militärs.

Inzwischen kam auch die Oberndorfer Polizei, von uns herzlichst zu unserer Pressekonferenz begrüßt. Denn - wir hatten eine Anzeige gegen H & K auf­zugeben (siehe nebenstehenden Kasten).

Das "Büro für notwendige Einmischun­gen" will nach dem Tag X das "outen" von Rüstungsfirmen bzw. Zulieferern fortsetzen. Die Aktion in Oberndorf bzw. die Anzeige gegen Heckler & Koch ist nur ein Auftakt. Unterstützen werden wir hier auch die Landminen­kampagne von Medico International. Im Zusammenhang mit Artikel 16 GG for­dern wir auch - im Sinne einer Demilita­risierung - Asylrecht für Deserteure. Z.B. eine Kampagne "Friedens­nobelpreis für Deserteure" könnte ein wichtiger Diskussionsbeitrag zu Ex-Jugoslawien sein.

Eine entsprechende Resolution haben wir am Tag der Heckler & Koch-Aktion auf der Europabrücke Kehl/Straßburg an Wilfried Tellkämper (Grüne im EP) übergeben, verbunden mit einer kurzfri­stigen Verkehrsberuhigungsmaßnahme.

R.I.B. hatte im Zusammenhang mit den Anzeigenschaltungen von Heckler & Koch in "Soldier Of Fortune" bei der Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Schriften die Indizierung der Gewaltpo­stille gefordert. Aber - Deutschland 1993! - erfolglos.

Begründung: Das Blatt sei zwar gewalt­verherrlichend etc. - aber in Englisch verfasst. Somit eine Gefährdung deut­scher Jugendlicher nicht gegeben. Bleibt nur noch die Forderung nach Verbot des Englischunterrichts an deutschen Schu­len im Sinne einer Gewaltprophylaxe nachzureichen. In Bonn sitzen halt die besten Satiriker ...

P.S. Der Hamburger Verfassungsschutz mahnt besondere Vorsicht in Hinblick auf deutsche neonazistische Söldner auf kroatischer Seite an. Nach Rückkehr dieser Söldner in die Bundesrepublik drohe der Aufbau einer rechten Terror­gruppe in Deutschland.

P.P.S. "Soldier of Fortune" im März 1993. Neben der Anzeige von Heckler & Koch, Motto "In A World Of Com­promise, Some Don't" findet sich auch ein Artikel über kroatische Söldner ...

Anzeige gegen die Firma Heckler & Koch GmbH in Oberndorf/Neckar:

"Wir fordern die Staatsanwaltschaft Rottweil auf, wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Verei­nigung gem. 129 StGB ein Ermitt­lungsverfahren gegen die Firma Heckler & Koch, Oberndorf, einzuleiten.

Die deutsche Firma Heckler & Koch (und nicht etwa ihre US-amerikanische Tochtergesellschaft H&K Inc.) wirbt re­gelmäßig für ihre Waffen in dem US-amerikanischem Söldnermagazin SOL­DIER OF FORTUNE, zuletzt in der Ausgabe vom März 1993. SOLDIER OF FORTUNE wird auch auf dem deut­schen Markt vertrieben und richtet sich somit auch an Deutsche. Dieses Maga­zin stellt keine herkömmliche Zeitschrift dar, sondern durch sie wird ein Infor­mationssystem zur Förderung des Söld­ner-Unwesens betrieben. Dort werden u.a. Fortbildungsseminare für Söldner bzw. Kampfkurse angeboten, mithin das bewusste und gewollte Töten von Men­schen geübt und deren "Erfolg" in Kampfeinsätzen ausgiebig dargelegt.

Foto: Polizist, der Himmel kann weg

Durch die Schaltung von Anzeigen in SOLDIER OF FORTUNE bilden die Verantwortlichen von H&K als dessen deutsche Unterstützer eine auch nach deutschem Recht strafbare kriminelle Vereinigung gem. 129 StGB. Diese Vorschrift soll die erhöhte kriminelle Intensität erfassen, die in einer festge­fügten Organisation ihren Ausdruck fin­det, die Kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlich­keit für wichtige Rechtsgüter der Ge­meinschaft mit sich birgt. Diese ist da­durch begründet, daß eine kriminelle Vereinigung den einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten erleichtert und bei ihnen das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückdrängt. Weiter macht sich H&K einer Straftat gem. 109f. StGB schuldig, die das Werben eines Deutschen zugunsten einer aus­ländischen militärischen Einrichtung - und das sind die Söldnerorganisationen -unter Strafe stellt."

Die Anzeige wurde am 19.März 93 von der Oberndorfer Polizei bei der Presse­konferenz vor dem H&K-Werkstor auf­genommen. Unterzeichner: Jürgen Grässlin/RIB; Frank Eyssen/Büro für notwendige Einmischungen; Tobias Pflüger/RIB; Paul Russmann/Ohne Rü­stung leben; Martin Jung/Die Grünen Tübingen; Gerti Kiermeier/DFG-VK München; Christine Urban/BuKo Bre­men; Winni Hermann/Sprecherin Die

Grünen LV Baden-Würtemberg; Ange­lika Beer/BuVo Die Grünen; Christian Lange/Lv Juso BaWü

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Frank Eyssen ist Sprecher des Hamburger Büros für notwendige Einmischungen.