15. Mai

Internationaler Tag der Kriegsdienstverweigerung

von Rudi Friedrich

"Wir haben den Verein für Kriegsdienstverweigerung an einem sehr bedeutsamen Tag gegründet, dem 15. Mai, gemeinsam mit 87 Gründungsmitgliedern. Dies ist wirklich ein großer Erfolg. Wir haben ein kleines Büro und werden für die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung in der Türkei streiten." Diese Meldung erreichte uns von Vicdani Ret Dernegi aus Istanbul. Zugleich gab es in mehreren Städten in der Türkei Seminare, Veranstaltungen und Aktionen zur Kriegsdienstverweigerung. Auch wenn über die aktuellen politischen Ereignisse das Thema Kriegsdienstverweigerung vorläufig in den Hintergrund getreten ist: Die Aktiven dort mischen bei den Protestaktionen gegen die Regierung mit und sind auf den unterschiedlichsten Ebenen weiter aktiv

Der Internationale Tag der Kriegsdienstverweigerung am 15. Mai existiert seit fast 30 Jahren. Weltweit beziehen sich Gruppen in ihrer Arbeit zur Kriegsdienstverweigerung auf ihn. Veranstaltungen, Mahnwachen, Demonstrationen, Aktionen, Seminare, Kampagnen und vieles andere mehr finden gleichzeitig auf internationaler Ebene statt, häufig in Solidarität mit inhaftierten Verweigerern. Es ist ein Tag, an dem ersichtlich wird, dass die Frage der Kriegsdienstverweigerung keine nationale, sondern eine internationale Frage ist, und dass in der Vernetzung der Gruppen auf internationaler Ebene eine besondere Stärke der Kriegsdienstverweigerungsbewegung liegt.

Connection e.V. machte dieses Jahr mit einer Pressemitteilung darauf aufmerksam, dass die Lage der Kriegsdienstverweigerer und -verweigerinnen in vielen Ländern immer noch äußerst prekär ist.

In Ägypten gibt es Verweigerer, aber kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Das Militär klagt sie zwar nicht an, sie sind aber praktisch ihrer bürgerlichen Rechte beraubt: dürfen nicht arbeiten, studieren oder reisen und können keinen Pass erhalten.

In Armenien sind aktuell über 30 Kriegsdienstverweigerer inhaftiert. Alle wurden zu Haftstrafen von zwei bis drei Jahren verurteilt. Die Verfolgung wird fortgesetzt, obwohl durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Armenien zur Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung verpflichtet ist.

Aserbaidschan sagte mit dem Beitritt zum Europarat die Einführung eines alternativen Dienstes für Kriegsdienstverweigerer zu, es gibt aber bislang kein Ausführungsgesetz. Zuletzt wurde im September 2012 ein Verweigerer zu einem Jahr Haft verurteilt.

In Eritrea entziehen sich Tausende junger Männer und Frauen der Wehrpflicht. "Kriegsdienstverweigerer", so der in Deutschland in der Eritreischen Antimilitaristischen Initiative aktive Yohannes Kidane, "werden vom Regime als Feiglinge gebrandmarkt. Ihnen drohen schwere Folter, lange Haftzeiten an unbekannten Orten oder sogar der Tod. Eine beträchtliche Zahl von ihnen flieht daher aus dem Land."

In Finnland wenden sich viele Kriegsdienstverweigerer gegen einen Zivildienst, der erheblich länger als der Militärdienst ist. So werden jedes Jahr einige Dutzend Totalverweigerer zu Haftstrafen oder Hausarresten verurteilt.

In den letzten Monaten sind in Griechenland Militärgerichte erneut gegen Kriegsdienstverweigerer vorgegangen, die bereits in den 1990er Jahren vor Gericht standen. "Das harte Vorgehen gegen griechische Kriegsdienstverweigerer", so der Verweigerer George Karatzas, "war angesichts der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Situation des Landes zu erwarten. Die aktuelle Finanzkrise und harte Sparmaßnahmen haben zu heftigen Attacken gegen das gesamte Spektrum der Menschenrechte geführt. Wir brauchen eine internationale Solidaritätskampagne, mehr als jemals zuvor."

Der Kriegsdienstverweigerer Natan Blanc aus Israel wurde im Mai 2013 zum zehnten Mal zu einer Haftstrafe verurteilt. Aufgrund einer internationalen Kampagne ist er nun vom Militär ausgemustert worden. Aber weiter wird vom israelischen Militär das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung nicht akzeptiert.

In Südkorea sind derzeit schätzungsweise bis zu 800 Verweigerer in Haft, die in aller Regel zu 18 Monaten Gefängnisstrafe verurteilt wurden.

In den USA wurden im März und April zwei KriegsdienstverweigerInnen zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt. Beide waren vor einem erneuten Einsatz im Irak nach Kanada geflüchtet und hatten dort vergeblich um Asyl nachgesucht.

Mehrmals verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei in Bezug auf die Kriegsdienstverweigerung. Da in der Türkei die Wehrpflicht erst dann als erfüllt gilt, wenn der Militärdienst abgeleistet wurde, besteht die Gefahr der Rekrutierung und Strafverfolgung praktisch ein ganzes Leben lang. Das betrifft auch diejenigen, die bislang nicht einberufen wurden und sich in einem Zustand der Illegalität im eigenen Land einrichten mussten. Sie alle müssen jeden Kontakt mit den Behörden vermeiden. Bei jeder Polizeikontrolle können sie verhaftet werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nannte dies einen "zivilen Tod".

In Turkmenistan sind derzeit neun Fälle von Kriegsdienstverweigerern bekannt, die zu Haftstrafen zwischen ein und zwei Jahren im Arbeitslager Seydi verurteilt wurden.

Die Kriegsdienstverweigerung ist eine Entscheidung, die angesichts der drohenden Repressionen, die von Haft über Folter bis hin zum Tod reichen, oft höchsten Mut erfordert. Obwohl die Europäische Menschenrechtskonvention und der Internationale Pakt für bürgerliche und politische Rechte die Staaten dazu verpflichtet, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen, ist dies bislang nicht oder nur unzureichend geschehen. Weiter ist zu fordern, dass die Verfolgung von KriegsdienstverweigerInnen eingestellt, ihre Entscheidung anerkannt und ihnen die vollen bürgerlichen Rechte garantiert werden. Zugleich müssen deutsche Behörden denjenigen KriegsdienstverweigerInnen Schutz und Asyl geben, die nach wie vor in ihren Herkunftsländern verfolgt werden.

Weitere Informationen bei Connection e.V., http://www.Connection-eV.org.

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