Kundgebung

Rheinmetall entrüsten

von Heinz Kappei
Initiativen
Initiativen

Anlässlich seiner diesjährigen Hauptversammlung am 28. Mai in Berlin musste sich Deutschlands grösster Rüstungskonzern wieder vehementer Proteste stellen. Um die Beteiligung des Konzerns am Jemen-Krieg und seiner Strategie der Internationalisierung zu begegnen, hatte die Kundgebung vor dem Hotel Maritim auch einen internationalen Charakter.

Mauro Meggiolaro, kritischer Aktionär aus Italien, und Terry Crawford-Browne, Journalist aus Südafrika, berichteten über die Ausweitung der Produktion von RWM Italia und Rheinmetall-Denel und die Proteste auf Sardinien und in der Nähe von Kapstadt.
Mathias John von Amnesty International Deutschland prangerte die deutschen Rüstungsexporte an menschenrechtsverletzende Staaten an.

Lühr Henken vom Bundesausschuss Friedensratschlag beschäftigte sich mit der Geschichte der Rheinmetall AG und deren Vorläufer sowie mit der derzeitigen hohen Auftragslage: Dies ist der höchste Bestand seit dem 2. Weltkrieg.

Canan Bayram von Bündnis90/Die Grünen und Sevim Dagdelen von Die Linke kündigten weitere gemeinsamen Aktivitäten im Deutschen Bundestag an: Die Schlupflöcher der bundesdeutschen Rüstungsexportkontrolle, die Rheinmetall durch Produktionsverlagerungen ins Ausland ausnutzt, müssen endlich geschlossen werden!

Charlotte Kehne und Christine Hoffmann, Sprecherinnen der Aktion Aufschrei-Stoppt den Waffenhandel! berichteten von ersten Erfolgen des größten zivilgesellschaftlichen Bündnisses: die Diskussion um Waffenexporte ist aus dem öffentlichen Diskurs nicht mehr wegzukriegen. Michael Schulze von Glaßer von der DFG-VK berichtete von Protesten gegen Rüstungsfirmen in Kassel, Hamburg und München.

Toby vom Bündnis „Rheinmetall Entwaffnen!“ wies auf das diesjährige Camp in Unterlüss/Südheide vom 1.-9.September hin. Am dem größten Produktionsstandort des Konzerns gibt es auch dieses Jahr wieder viel Protest.
Schon früh am Morgen hatte Greenpeace ein großes Transparent mit der Aufschrift „Keine Bomben für dem Jemen-Krieg“ am Tagungshotel ausgerollt.

Die Versammlung verzögerte sich dann um eine Stunde, weil mutige Kritische Aktionäre das Podium des Vorstandes im Hotel besetzt hatten. Sie wurden von der Polizei hinausgetragen und erkennungsdienstlich behandelt.

Der vielfältige kreative Protest gegen die skrupellosen Geschäfte des Konzerns wird breiter und internationaler! Neu dabei waren dieses Mal Amnesty International und Greenpeace. Mit ca. 400-500 Menschen haben sich in diesem Jahr mehr Menschen beteiligt. Und das werktags an einem Dienstagmorgen. Zudem ist mit „Rheinmetall Entwaffnen!“ der Protest auch jünger geworden.  Dies macht Mut für die Zukunft!

Rede von Lühr Henken auf der Kundgebung
Liebe Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner,
seit 121 Jahren produziert die Firma Rheinmetall Kriegswaffen. Ihre Blutspur begann 1914, als sie mit 8.000 Beschäftigten bereits zu den größten deutschen Rüstungsbetrieben zählte. Rheinmetall versorgte im Ersten Weltkrieg Heer, Luftwaffe und Marine des Kaiserreichs mit Munition, Waffen, Kanonen, Haubitzen, Mörsern, Flugabwehrkanonen, Schiffs- und U-Bootgeschützen sowie Flugzeugen. Nach der Demontage lief 1920 die Zivilproduktion vor allem von Lokomotiven, Waggons und Maschinen an. Ab 1936 vergrößerte Rheinmetall durch die Vereinigung mit Borsig die Militärproduktion und rüstete die faschistische deutsche Wehrmacht auf mit Panzern, Mörsern, Munition und Geschützen aller Art. Die Mitarbeiterzahl verzehnfachte sich von 1914 bis 1945 von 8.000 über 48.000?? 1918 auf 80.000. ??

Bis 1956 unterlag Rheinmetall einem kompletten Produktionsverbot und dabei hätte es bleiben sollen. Jedoch: 1958 ging es mit Maschinengewehren und Kanonen wieder los. Waffenanlagen für Schützen- und Kanonenjagdpanzer und Turmsysteme für die Leopardpanzer folgten. Rheinmetall stellt heute zusammen mit Krauss-Maffei Wegmann Schützen –und Radpanzer her und ist der drittgrößte Munitionshersteller weltweit. Das Geschäft boomt gewaltig – so wie nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg. Rheinmetall ist mit 12.000 Beschäftigten der größte in Deutschland ansässige Rüstungskonzern, beschäftigt mehr als vor dem Ersten Weltkrieg. Rheinmetall bezeichnet sich selbst als „führendes europäisches Systemhaus für Heerestechnik“. Umsatzrekord reiht sich an Umsatzrekord. Umsatz und Auftragsbestand waren seit dem Zweiten Weltkrieg nie höher als im letzten Jahr. Der Boom setzte sich im ersten Quartal dieses Jahres fort. Ein Plus von 24 Prozent beim Umsatz gegenüber dem ersten Quartal im Vorjahr.

Nicht nur, dass man sich unter den Rheinmetall-Aktionären darüber freut, dass die Bundesregierung dem NATO-Ziel folgend zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für das Militär ausgeben will, was auf eine Verdopplung der Ausgaben hinausläuft, nein, man freut sich auch über die EU. Und hier über PESCO. 20 Prozent von grenzüberschreitenden Rüstungsprojekten sollen vertragswidrig aus dem EU-Haushalt  finanziert werden. Dazu zählt auch das PESCO-Großprojekt: die Entwicklung einer nächsten Generation von Kampfpanzern, wie sie Deutschland und Frankreich vereinbart haben. Man spekuliert bei „Leo 3“ auf einen Umsatz von 100 Milliarden Euro bis 2040. Dafür haben sich eigens Krauss-Maffei Wegmann und der französische NEXTER-Konzern zusammengeschlossen. Rheinmetall als Europas Heeres-Primus war bisher außen vor, will aber 51 Prozent dieses Konzerns kaufen. Frankreichs Ablehnung scheint sich aufzulösen, so dass Rheinmetall in das Konsortium einsteigen kann, schrieb das Handelsblatt vor kurzem.  Möglicherweise wird Rheinmetall zum Führer dieser Rüstungschampions.

Das heißt für uns: Wir müssen dran bleiben. Wir müssen mehr werden und den Leo an die Kette legen. Entrüstet Rheinmetall!

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
Heinz D. Kappei (Bericht über Berlin) ist aktiv in der Berliner Initiative „Legt den Leo an die Kette“