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Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 6. August 2024 in Offenbach
- Sperrfrist: 6.8., Redebeginn: 18 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
dies ist ein Tag des Gedenkens: vor 79 Jahren wurde über Hiroshima die von den US-Soldaten „Little Boy“ genannte Atombombe abgeworfen – dieser so genannte „kleine Junge“ hatte entsetzliche Folgen: In einem Umkreis von 500 Metern um den „Ground Zero“ waren 90 Prozent der Menschen sofort tot. Die Temperatur am Hypozentrum unter dem Detonationspunkt betrug für etwa eine Sekunde ca. 3.000 - 4.000 Grad Celsius. Menschen, die sich dort aufhielten, verbrannten und verglühten vollständig - an dieser Stelle verdampfte alles. Bis zum Ende des Jahres 1945 waren an den akuten Folgen dieser einen Bombe etwa 140.000 Menschen gestorben, weitere Zehntausende starben an Langzeitfolgen - etwa der Krebserkrankungen, die durch Strahlung provoziert wurden.
Wir gedenken dieses schrecklichen Verbrechens, weil solche fürchterlichen Mordinstrumente immer noch in den Arsenalen der Nuklearwaffenmächte bereit gehalten werden - und sogar weiter perfektioniert werden sollen. Und Vasallenstaaten der nuklearen Supermacht USA - wie die Bundesrepublik Deutschland - halten sich bereit, eigene Flugzeuge und Piloten zum Einsatz US-amerikanischer Atombomben im Kriegsfall zur Verfügung zu stellen – mehr noch: sie investieren Milliarden, um dafür benötigte Einrichtungen wie den Fliegerhorst Büchel in der Eifel für neue Bomberflugzeuge vom Typ F-35 herzurichten – das soll nach aktuellen Schätzungen 1,1 Mrd . € kosten. Unabdingbar für den fachgerechten Abwurf der neuen B-61-12 US-Nuklearbomben soll der Erwerb des Superfliegers F-35 aus den USA sein – Kosten weitere etwa 10 Mrd. €. – Dahin wird also ein Teil des um 100 Mrd. € Kreditmasse aufgeblähten deutschen Wehretats fliessen. (Zur Erläuterung: der Begriff „Vasallenstaat“ ist nicht meine Wortschöpfung, sondern entstammt dem Buch „Die einzige Weltmacht“ des Politologen Zbigniew Brzezinski, einstmals Sicherheitsberater des US-Präsidenten Carter.)
Die Friedensbewegung, und mit ihr unsere ärztliche Bewegung IPPNW hat einen ganz anderen Vorschlag: die Bundesrepublik Deutschland sollte endlich dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen beitreten, wie dies bereits 70 Staaten durch Parlamentsbeschluss und Ratifizierung getan haben - und damit konsequent die Lagerung von Atomwaffen in Deutschland und natürlich erst recht jeden Einsatz solcher Massenvernichtungsmittel von unserem Territorium aus verbieten. Damit würde sie endlich dem seit langem bekannten Votum des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag aus dem Jahr 1996 Folge leisten, der Atomwaffen wegen ihrer Wirkung als Massenvernichtungsmittel gerade auch gegen Zivilisten für unvereinbar mit dem Völkerrecht erklärt hat. - Die deutsche Bundesregierung hat nun aber einen weiteren folgenschweren Schritt als treuer Vasall der US-Regierung getan: unlängst erst hat sie widerspruchslos die Entscheidung Washingtons akzeptiert, neue Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren, offensichtlich gegen Russland gerichtet. Dazu gehörten „Tomahawk“-Marschflugkörper, und noch in der Entwicklung befindliche Hyperschallraketen, welch durchaus auch nuklear munitioniert werden können – sozusagen eine Wiederholung des Drohungsaufbaus, den Friedensbewegte bereits aus den 80er Jahren kannten und mit Erfolg bekämpft hatten.
All dies sind keine Beiträge zu unserer Sicherheit hier in Mitteleuropa, sondern verantwortungslose Machtspiele am Abgrund. Nur der militärisch-industrielle Komplex kann davon Gewinne erwarten - in Deutschland etwa Unternehmen wie Rheinmetall.
Wo bleiben wirkungsvolle Beiträge gegen die globale Klimakatastrophe, und immer weitere Naturzerstörungen? Wo bleibt die internationale Verantwortung gegenüber dem zunehmenden Elend im globalen Süden, bis hin zu Hungerkatastrophen? - Wir werden uns entschiedener noch einsetzen müssen - für eine Sicherheit der Menschen, statt einer Sicherheit von Rüstungsprofiten und Macht-kartellen. Und eben besonders auch: für eine Welt ohne Atomwaffen.
Vielen Dank.
Dr. Matthias Jochheim ist aktiv bei der IPPNW Regionalgruppe in Frankfurt.