Redebeitrag für den Ostermarsch in Berlin am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

seit mehr als einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine.
Das Töten und Sterben nimmt kein Ende, die Verwüstung und Zerstörung des Landes gehen immer weiter.

Krieg ist immer eine Katastrophe für die Menschen, jedoch auch – und darauf möchte ich in meinem Redebeitrag eingehen –für das Weltklima und die Umwelt.

Ich möchte deshalb darauf zu sprechen kommen, weil durch den Ukrainekrieg die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts
–  die Bewältigung der Klimakrise – völlig in den Hintergrund getreten ist, obwohl es gerade dieser Krieg ist, der uns der Klimakatastrophe noch näher bringt. Die Armeen der Welt heizen das Klima an – sogar dann, wenn sie keinen Krieg führen – und sie verursachen riesige Schäden an Natur und Umwelt. Einer Studie der amerikanischen Brown University zufolge trägt allein die US-Armee mehr zur Klimakrise bei als ganze Länder wie Schweden oder Portugal. Damit ist sie der weltweit größte institutionelle Verursacher von Treibhausgasen. Und so ist es kein Zufall, dass ausgerechnet auf Druck der USA im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 der CO2-Ausstoß des Militärs ausgeklammert wurde. Die Auswirkungen des Militärs auf die Erderhitzung können so nur geschätzt werden – genaue Daten fehlen. Nach plausiblen Schätzungen ist der militärische Sektor weltweit für circa sechs Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Durch Kriege steigt dieser Anteil allerdings massiv an. Kriege sind Klimakiller.

Allein im zweiten Irakkrieg 2003 wurden in wenigen Wochen so viel Treibhausgase freigesetzt, wie von einem Staat wie den
Niederlanden in einem ganzen Jahr. Der aktuelle Krieg in der Ukraine trägt so in großem Maße dazu bei, dass wir uns immer weiter vom Ziel entfernen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Jenseits dieser Marke, darüber ist sich die Wissenschaft einig, droht das Überschreiten von Kipppunkten mit unkontrollierbaren Folgen für das Weltklima. Der jüngste Synthesebericht des Weltklimarats sagt ganz klar: Wenn die Erderwärmung wenigstens auf unter 2 Grad begrenzt werden soll, dann müssten die Treibhausgasemissionen noch in diesem Jahrzehnt drastisch sinken. Aber das Gegenteil passiert gerade:
Durch den Krieg in der Ukraine kommen wir einer globalen Klimakatastrophe immer näher.

Auch das ist ein Grund, weshalb wir fordern, dass dieser Krieg durch eine Verhandlungslösung so schnell als möglich beendet wird.

Doch anstatt eine diplomatische Initiative zur Beendigung des Krieges zu ergreifen, sorgt die Bundesregierung durch die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen und von Munition dafür, dass der Krieg immer weiter eskaliert – mit unabsehbaren Folgen für die Menschheit und die Natur.

Gleichzeitig hat die Ampelkoalition ein gigantisches Aufrüstungsprogramm für die Bundeswehr durchgesetzt und dies mit der „Zeitenwende“ durch den Ukrainekrieg gerechtfertigt.

Wir wissen aber: der Krieg Russlands gegen die Ukraine stellt eben keine „Zeitenwende“ dar.

Solche völkerrechtswidrigen Kriege sind vom Westen unter Führung der USA seit dem 2. Weltkrieg immer wieder geführt oder unterstützt worden. So die Luftangriffe der NATO gegen Ex-Jugoslawien, die beiden Irakkriege oder der immer noch andauernde brutale Krieg im
Jemen, der mit westlichen Waffen geführt wird und dem bisher fast 400.000 Menschen zum Opfer gefallen sind.

Von unseren Politikern und den Medien wird aber der Eindruck erweckt, als breche nur Russland das Völkerrecht.

Warum?
Um damit eine weitere militärische Aufrüstung zu begründen!

Dabei betrugen bereits im Jahr vor dem Ukrainekrieg die weltweiten Rüstungsausgaben fast 2 Billionen Euro. Mit nicht einmal der Hälfte dieser Summe könnten die notwendigen Maßnahmen finanziert werden, um die Klimakrise zu stoppen.

Stattdessen aber nimmt die Ampelregierung mit dem 100-Mrd-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr nun weitere Klima­schäden wissend in Kauf. Deutschlands Militär hat bereits im Jahr 2019 circa 4,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent ausgestoßen. Das ist fast doppelt so viel wie der innerdeutsche Flugverkehr. Aber was schert das die Ampelkoalition, was schert das insbesondere eine grüne Partei, die zwar ihre Wurzeln im Pazifismus und im Umweltschutz hat, die aber heute zu so etwas wie der Ständigen Vertretung der Rüstungsindustrie im Bundestag mutiert ist!

Die sog „Zeitenwende“ wird auch vom Klimaschutzminister Habeck beschworen, der sich schon vor Beginn des Krieges für Waffenlieferungen an die Ukraine stark gemacht hatte und der bei seinem kürzlichen Besuch in Kiew wieder den Sieg der Ukraine über Russland als Ziel ausgegeben hat.

Dieses Gerede von der Zeitenwende dient dem olivgrünen Habeck als Rechtfertigung dafür, dass Deutschland jetzt statt russischen Erdgases noch viel klimaschädlicheres amerikanisches Fracking-Gas importiert und dass an den Küsten LNG-Terminals aus dem Boden gestampft werden, die nicht nur das Wattenmeer mit chlorverseuchten Abwässern belasten, sondern die auch die weitere Nutzung fossiler Energien in Deutschland auf Jahrzehnte zementieren. Klimaschutz und Naturschutz sind offensichtlich ohne Bedeutung, wenn es gilt, Russland zu ruinieren, wie es Habecks Parteifreundin Baerbock als Ziel der Sanktionspolitik gegenüber Russland benannt hat.

Halten wir fest:

Die weltweite Aufrüstung und die immer weitere Eskalation im Ukrainekrieg bedrohen die Zukunft der Menschheit.

Nur mit Diplomatie und internationaler Abrüstung ist das Überleben auf unserem Planeten zu gewährleisten.

Wenn die Kriege auf der Welt und die weitere Aufrüstung nicht gestoppt werden, sind alle Anstrengungen zur Verhinderung der Klimakatastrophe vergebens.

Frieden und Klimaschutz bedingen sich gegenseitig. Vor allem können sie beide nicht warten.    

 

Rolf Sawala