Redebeitrag für den Ostermarsch in Bremerhaven am 19. April 2025

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freude,

Wo stehen wir heute? Die Welt verändert sich. Die USA haben ihre Position als alleinige, alles beherrschende Weltmacht verloren. Es gibt keinen Weg zurück.

Wirtschaftlich sind sie von China eingeholt worden. Finanzpolitisch bilden sich Alternativen zu Weltbank und IWF heraus. Der Dollar verliert im Welthandel an Bedeutung. China kooperiert direkt mit Ländern des Südens und bietet ihnen eine Entwicklung unabhängig vom Westen.

Die „alte Welt“ kämpft gegen die Verluste ihrer Macht an, mit Sanktionen, mit Zöllen und Handelskriegen, mit Aufrüstung, Drohungen, Kriegen. Das ist kein neues Konzept, aber es spitzt sich brandgefährlich zu. Die USA wollen sich aktuell auf ihren Hauptrivalen in China konzentrieren und sich möglichst profitabel aus dem Krieg mit Russland in der Ukraine herausziehen.

Das wäre eine Situation für eine Neuorientierung. Europa oder Deutschland könnte sich auf eine multipolare Weltordnung und einen ebenbürtigen Umgang mit Handelspartnern umstellen.

Statt dessen wird der von Deutschland 1992 eingeschlagene Weg fortgesetzt. Damals wurde, von vielen weitgehend unbeachtet, die Beschränkung der Bundeswehr auf Landesverteidigung ad acta gelegt. Zusätzliches Ziel der Bundeswehr sei die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt…“ Die Grünen kritisierten das damals noch als Bruch der Tradition der zivilen Außenpolitik und der militärischen Selbstbeschränkung auf Kriegsverhütung.

Die neuesten Verteidigungspolitischen Richtlinien von November 2023 schwören Truppe und Bevölkerung auf Kriege mit gegnerischen Großmächten, Russland, aber auch China, ein. Alle gesellschaftlichen Bereiche sollen auf diese Aufgabe eingelotet werden. Im Vorwort heißt es „Diese Zeitenwende verändert die Rolle Deutschlands und der Bundeswehr fundamental. Als bevölkerungsreichstes und wirtschaftlich starkes Land in der Mitte Europas tragen wir Verantwortung.“

Als hätten die beiden Weltkriege nicht gereicht, drängt sich Deutschland in den Vordergrund. So übernimmt die deutsche Marine im Auftrag der NATO mit dem letztes Jahr neu eingerichteten Marine-Hauptquartier „Commander Task Force Baltic“ in Rostock eine Führungsrolle in der Kontrolle der Ostsee. Seit diesem Jahr ist in Litauen die deutsche Panzerbrigade 45 in Dienst, die erste deutsche Kampfbrigade seit dem 2. Weltkrieg, die dauerhaft im Ausland steht. Auch hier wird die Führungsrolle betont. Deutschland steht außerdem bei der Finanzierung und Waffenlieferung sowohl in der Ukraine als auch in Israel an zweiter Stelle nach der USA.

Für EU und NATO ist die wichtigste Aufgabe Deutschlands, eine funktionierende logistische Infrastruktur im Herzen Europas bereit zu stellen. Das sind Häfen, Flughäfen, Fernstraßen, Bahnlinien, Stromtrassen, Internet, Übernachtungsplätze für schnellen Truppen- und Materialtransport. Die sollen mit Hilfe der 500 Milliarden aus dem Sondervermögen Infrastruktur geschaffen, erweitert oder ertüchtigt werden.

Das bedeutet z. B. in Bremerhaven, den Hafen für Kriegsschiffe auszubauen.

Militärs drängen auf den Bau der besonders umwelt- und klimaschädlichen Autobahn A20 für den Transport von 100 000en Soldaten an die Ostfront. Kostenpunkt mindestens 7 Milliarden.

Viele Bundesstraßen und die meisten Autobahnen gehören zum Militärstraßengrundnetz Wir sollten bei extrem aufwändigen Erneuerungen auch daran denken, dass Straßen eventuell panzerfit gemacht werden sollen.

Der Marinestützpunkt Nordholz soll mit 400 Millionen € zum modernsten Luftlandeplatz Europas ausgebaut werden.

Die finanziellen Belastungen, die Klima- und Umweltschäden dürfen die nächsten Generationen ausbaden.

Sollten wir mit all dem nicht einverstanden sein und auf die Idee kommen, wie in den 80ern die Hafenausfahrten zu blockieren, dann können wir die im Aufbau befindliche neue Heimatschutzdivision kennenlernen. Die soll die Infrastruktur schützen, nicht die Bevölkerung!

Im kürzlich veröffentlichten „Grünbuch Zivil-militärische Zusammenarbeit“ werden konkrete Pläne deutlich, wie im Kriegsfall das Militär überall Vorrang bekommt, in Krankenhäusern, auf den Straßen, in Verwaltungen und Unternehmen. Pech, wer dann eine Krankenhaus-Behandlung braucht!

Kriegswirtschaft heißt auch, dass z. B. Alstom in Görlitz statt Eisenbahnen Panzer bauen soll.

Und nicht zuletzt wollen sie unsere Jugend, als Kanonenfutter.

Von all der Kriegstüchtigkeit profitieren auf jeden Fall die Rüstungskonzerne, deren Gewinne Blackrock und andere Hedgefonds der Superreichen einkassieren. Gewinner sind aber auch Unternehmer, die die nationale Krisenstimmung nutzen, um die Rechte der abhängig Beschäftigten zurückzudrängen und Löhne zu drücken. Schon die Kriegspolitik der letzten Jahre hat einen Rechtsruck bei allen großen Parteien mit sich gebracht, mit Abwehr der selbst geschaffenen Flüchtlinge. Wenn dieser Weg weiter verfolgt wird, dann stirbt die Freiheit in der Wehrpflicht – pardon „Freiheitsdiensten“, die Demokratie stirbt in der Einschränkung der freien Meinungsäußerung und Einschränkung des Versammlungsrechtes, das Recht in der harten Bestrafung von politisch Andersdenkenden. Einen Vorgeschmack davon erhält aktuell die palästina-solidarische Bewegung, Klimaaktivisten, Antifaschisten.

Wer jetzt nicht alles tut für Diplomatie und Abrüstungsverträge, der will Krieg. Mit Verhandlungen und Verträgen können Konflikte beigelegt, aber nicht Länder unterworfen werden.

Verlierer sind wir alle. Nichts, was uns teuer ist, ist sicher.

Krieg ist der größte Klimakiller. Das Militär wurde bei den Klimaabkommen einfach außen vor gelassen. Wir können uns keinen Krieg mehr leisten!

Die Klimabewegung wurde stark, als Umweltbewegung, Flüchtingsbewegung und Trikont-Initiativen unter dem Begriff der Klimagerechtigkeit zusammenfanden. Das war eine Arbeit von Jahren.

Die Friedensbewegung kann wachsen, wenn es gelingt, Umwelt- und Klimabewegungen, Gewerkschaften, Frauenbewegung, Flüchtlingsorganisationen, antirassistische Bewegungen, sozial Engagierte und Bewegungen gegen Demokratieabbau zusammen zu bringen. Dazu müssen wir aufeinander zugehen.

Spaltungen sind das Instrument der Herrschenden.

Mit Propaganda, Desinformation und Anknüpfen an tiefsitzende Ressentiments, z.B. gegen die Russen oder gegen die Muslime/Araber, sähen sie Zwist und Verunsicherung. Sie schaffen es, dass es kein Skandal ist, wenn Deutschland in der Ukraine Nachfolger der Nazikollaborateure des Massakers in Babi Jar und bekennende Rechtsextreme wie die Assow-Brigaden mit Waffen unterstützt. Sie schaffen es, dass „keine Kritik an Israel“ zur Staatsräson erklärt wird, trotz Regierungsmitgliedern, die das Existenzrecht der Palästinenser in ihrem angestammten Land aberkennen, trotz Tausenden von getöteten Kindern, Journalisten, Medizinern.

Gemeinsam gegen den Krieg, in der Ukraine, in Nahost und in anderen Regionen. Sucht das Gemeinsame!

Solidarität in Deutschland und weltweit für eine gerechte, lebenswerte Welt ist unsere Antwort!

Vielen Dank.