Erstellt: 02.09.1999 nächster Artikel | zu: Antikriegstag 1999 - Inhalt FR am 1.9.1999 "Antikriegstag ist aktueller denn je" und "DGB entfacht Diskussion neu" Frankfurter Rundschau, Monika Kappus "Antikriegstag ist aktueller denn je" DGB entfacht Diskussion neu Im Wortlaut: Erklärung Pax Christi "Antikriegstag ist aktueller denn je" Das rot-grüne Ja zum Krieg hat die Friedensbewegung gestärkt und geschwächt Von Monika Kappus (Frankfurt a. M.) Eines haben die Erklärungen verschiedenster Friedensgruppen zum Antikriegstag am heutigen 1. September gemeinsam. Sie beginnen mit dem Überfall der Wehrmacht auf Polen, münden in den Nachkriegs-Imperativ "Nie wieder Krieg", um dann den Einschnitt dieses Jahres zu notieren - die Beteiligung der Bundeswehr am Krieg um Kosovo. Die Schlussfolgerung: Der Antikriegstag sei aktueller denn je, um gegen die Militarisierung der Außenpolitik zu protestieren. In einer vom Netzwerk Friedenskooperative zusammengefassten Resolution wenden sich zahlreiche Initiativen gegen die Politik militärischer Interventionen. Nach dem Präzedenzfall Kosovo warnen sie vor weiteren Selbstmandatierungen der Nato wie vor einer drohenden Militarisierung der Europäischen Union. Seit dem Regierungsantritt von Rot-Grün im Bund gebe es "in Fragen von Krieg und Frieden fast nur noch eine außerparlamentarische Opposition", sagt Manfred Stenner vom Netzwerk. Die alten Verbündeten der Friedensbewegung von den Grünen und der SPD-Linken "haben den Krieg gerechtfertigt". Deren humanitäre Begründung des Militärschlags habe für eine "Verunsicherung in den Köpfen" der meisten Kriegsskeptiker gesorgt. Dadurch und aufgrund der allgemeinen Entpolitisierung habe der Krieg nicht zu einer zahlenmäßigen Stärkung der Friedensbewegung geführt. "Ein riesiger gesellschaftlicher Protest von unten nach oben ist unrealistisch", sagt Stenner. Die Friedensbewegung könne "gerade dafür sorgen, dass unsere Gegenposition überhaupt noch vorkommt". | |
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Antikriegstag 1999 - Inhalt | Die Frage dürfe nicht heißen, wie der nächste Krieg vorbereitet werde, sondern wie er vermieden werden könne. Schon zeichneten sich neue Konfliktherde in Montenegro und im Kaukasus ab. Die deutsche Außenpolitik schweige weitgehend - auch zu ermutigenden Entwicklungen wie dem Gewaltverzicht der Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Stenner vermisst nachdrückliche Appelle an Ankara, endlich die Menschenrechte in Kurdistan zu achten. Mit Sozialdemokraten und Grünen hätten Friedensbewegte in Oppositionszeiten Konzepte zur zivilen Konfliktbewältigung entwickelt, "aber in der Regierung machen sie das Gegenteil".
Vom Bundestag verlangt das Netzwerk, den Kosovo-Krieg "gründlich und offen" nachzubereiten. Der Verlauf habe deutlich gemacht, dass die humanitären wie politischen Ziele des Krieges ins Gegenteil verkehrt worden seien. Die Abgeordneten müssten jetzt darüber nachdenken, ob sie sich künftig nochmals für einen solchen "Krieg im Namen der Menschenrechte verantwortlich machen wollen". Entgegen der Nato-Propaganda habe der Krieg das Scheitern des militärischen Weges zur Erreichung politischer Ziele offenbart. Letztlich habe die Diplomatie gesiegt. Mit Blick auf die aktuelle Lage in Kosovo fordert das Netzwerk den Bund auf, dringend dafür zu sorgen, dass die kosovo-albanische Befreiungsarmee UCK in die Schranken gewiesen und Minderheiten geschützt würden. Den Wiederaufbau dürften nicht nur die Interessen der Staaten bestimmen, die ihn finanzieren. Vielmehr müssten unabhängige zivile Gruppen an dem Prozess mitwirken. Termine: www.friedenskooperative.de DGB entfacht Diskussion neu Resolution stößt in eigenen Reihen auf Widerspruch (mk) FRANKFURT A. M., 31. August. Als "nachträgliche erneute Rechtfertigung des Kosovo-Krieges" rügen Gewerkschafter eine Erklärung des Dachverbandes DGB zum Antikriegstag. Der Deutsche Gewerkschaftsbund bestätige damit seine Haltung während des Nato-Bombardements gegen Jugoslawien, die in "Zustimmung oder Schweigen" bestanden habe, rügte Klaus Pickshaus vom Hauptvorstand der IG Medien. Der vom geschäftsführenden DGB-Bundesvorstand gebilligte Aufruf widerspreche dem Grundsatzprogramm des Dachverbandes, wonach Krieg als Mittel der Politik zu ächten sei. Der DGB-Appell ist zwar getragen von einem generellen Bekenntnis zu zivilen Konfliktlösungs-Strategien und einer Absage an militärische Gewalt. Zugleich heißt es aber auch: "Der Kosovo-Krieg hat gezeigt, dass Bemühungen um die friedliche Beilegung von Konflikten an Grenzen stoßen können." Alle Versuche, die serbische Staatsführung durch Verhandlungen zum Einklenken zu bewegen, seien an deren Haltung gescheitert. "Die Nato griff ein, weil die Völkervertreibung und der Massenmord durch Verhandlungen nicht gestoppt werden konnten." Damit unterschätze der DGB die Chancen der von ihm selbst geforderten zivilen und politischen Mittel, erklärte dazu das Netzwerk Friedenskooperative. Zudem würden humanitäre Beweggründe unterstellt, wo tatsächlich machtpolitische Motive gewirkt hätten. Das fordere eine Diskussion heraus. Die soll am nächsten Samstag in Frankfurt am Main stattfinden, Thema: "Nach dem Balkankrieg: Die Nato, die neue Weltordnung und die Gewerkschaften". "Nach dem Krieg ist immer auch vor dem Krieg", sagt Mitorganisator Pickshaus. Die Rechtfertigung aus der Erklärung sei kein "Versehensschlenker" des DGB. Wer aber das Nato-Bombardement als einzige Option begreife, laufe Gefahr, damit die nächste Ausnahme von der antimilitaristischen Regel "zu sanktionieren". Wenn sich die Gewerkschaft nicht mit der Militarisierung der EU auseinandersetze, nehme sie ihren gesellschaftspolitischen Auftrag nicht wahr. Aufrüstung gehe zu Lasten der Sozialetats, sagte Pickshaus. | |
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Antikriegstag 1999 - Inhalt | Von Protesten gegen die Resolution weiß ein DGB-Sprecher in Berlin nichts. Doch ein Blick ins Internet genügt. Etliche Ortsvereine verweisen auf eine Erklärung gegen den Krieg, die bereits im Frühjahr mehr als 12 000 Gewerkschafter unterzeichneten und damit ihre abweichende Ansicht kundtaten. Klare Absagen an das Nato-Bombardement finden sich hier. Irmgard Jasker vom DGB-Ortskartell Wedel hält dem Vorstand schlicht entgegen: "Arbeitende Menschen sind immer die Verlierer eines Krieges."
Der 1. September wird seit 1957 in der Bundesrepublik als Antikriegstag begannen. Damals rief der DGB unter dem Motto "Nie wieder Krieg" zu Kundgebungen auf. Ein Jahr zuvor war die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt worden. E-Mail: friekoop@bonn.comlink.org | |
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