Redebeitrag für die Antikriegstagveranstaltung am 1. September 2020 in Nottuln

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

„Stell dir vor es ist Krieg und Keiner geht hin“

An diesen Spruch muss ich sehr oft denken, er hing als Poster in meinem Zimmer.

Diese Vorstellung ist nach wie vor sehr schön aber leider sieht unsere Realität anders aus.

„Die Welt ist überrüstet, der Frieden ist unterfinanziert.“ So brachte es der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, auf der New Yorker Konferenz „Atomwaffen abschaffen“ auf den Punkt.

Wenn nur etwas mehr als zehn Prozent der weltweiten Militärausgaben dazu verwendet würden, die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen wie inklusive Bildung für alle und die Beseitigung von extremer Armut und Hunger zu finanzieren, könnten diese Ziele erreicht werden.
Dann wären wir unserem Ziel nach einer friedlicheren Welt auch ein Stück näher.

Heute hört man oft: Wir leben in Frieden! Das ist unser Lebensgefühl und wir sind alle froh, dass wir keine Kriegsauseinandersetzungen am eigenen Leibe erleben mussten.

Das ist gut so.

Aber leben wir wirklich im Frieden? Im letzten Jahr gab es weltweit 23 Kriege – ja sie sind nicht hier auf unserem Boden aber wir können uns nicht davon freisprechen, dass uns dies nicht betrifft.

Denn der Spruch meiner Jugend muss heute heißen – „Es ist Krieg und wir gehen hin“! Die Bundeswehr ist in 13 Einsatzgebieten aktiv dabei und die Zahl reicht von 2 Soldaten im Sudan bis hin zu 1032 in Afghanistan. Ja, wir haben dort einen anderen Auftrag und wir beteiligen uns nicht an den Auseinandersetzungen per se aber spricht man einmal mit Soldatinnen und Soldaten, die aus dem Einsatz kommen, so ist es doch an vielen Stellen ein anderes Bild.

Gefühlt ist dies aber alles weit weg von uns – aber auch dies ist ein Trugschluss, denn wenn wir nur einmal in die Jahre 2015/2016 zurückblicken, dann kommen uns die aktuellen Kriege in vielen Teilen der Welt immer näher - in Person von Flüchtlingen. Zur Zeit kommen nur noch vereinzelt Menschen zu uns, die großen Ströme der Jahre 15/16 sind abgeebbt aber gemäß des UNHCR sind zur Zeit 80 Millionen Menschen auf der Flucht und man nimmt an, dass die Coronakrise die Lage noch verschärfen wird.

Wir müssen uns alle damit auseinandersetzen – wir müssen uns auch damit auseinandersetzen, dass die Politik unserer Regierung - vor allem jedoch im Rahmen der EU - eine Mitverantwortung daran trägt.

Doch alle Lösungsvorschläge, die gemacht werden zielen eher darauf ab, uns die Flüchtlinge vom Hals zu halten – notfalls mit der Einstufung als „Sicheres Herkunftsland“ ohne Rücksicht auf die Realität, mit Abkommen mit Diktaturen, mit Lagern in Libyen – diese Dinge helfen den Menschen vor Ort nicht und hindert sie an der Flucht.

Dabei führte die Politik unserer Regierung mit zu Fluchtbewegungen: verhindert sie doch nicht den Export von Rüstungsgütern in Kriegs- und Spannungsgebiete. Und dabei boomt auch der Rüstungsexport „Made in Germany“. In kaum einem der Krisen- oder Kriegsgebiete weltweit sind nicht Waffen aus deutschen Waffenschmieden im Einsatz.

Wenn man bedenkt, dass der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern Panzer und der Waffenproduzent Heckler und Koch G 36 Gewehre in Kriegsgebiete liefert und damit zu den Flüchtlingsströmen beiträgt. Auf der anderen Seite aber liefert Airbus hochmoderne Technik wie Radaranlagen und Sensoren zur Überwachung der europäischen Außengrenzen, damit die Flüchtlinge nicht durchkommen, so muss man eigentlich von einem – und verzeihen sie mir dieses Wort – perversen Zusammenspiel sprechen.

Der Profit der Rüstungskonzerne geht dabei vor Gesetzen und Menschlichkeit.

Dazu passt ein Zitat von Carl von Ossietzky, er sagte 1931, ich zitiere – „Der Krieg ist ein besseres Geschäft als der Friede. Ich habe niemanden gekannt, der sich zur Stillung seiner Geldgier auf Erhaltung und Förderung des Friedens geworfen hätte.“

Doch auch bei uns sind immer mehr Menschen in Sorge, ob wir unser friedliches Leben hier fortsetzen können. Ein unberechenbarer US-Präsident spekuliert: „Wenn wir die Atomwaffen haben – warum benutzen wir sie nicht?“

Solche und andere Aussagen machen und müssen Angst machen und dabei muss man sich einmal vor Augen führen, dass die Weltuntergangsuhr – die Doomsday Clock, aktuell 100 Sekunden vor zwölf zeigt.

Diese Bedrohungsuhrzeit hat zwei Gründe – Klimawandel und die atomare Aufrüstung.

Um diesen Gefahren entgegen zu treten - darum stehen wir heute hier - dafür brauchen wir eine Bewegung, in der Frieden, Umwelt und die soziale Frage für die Menschheit, gemeinsam gedacht und gefordert wird.

Es ist wichtig, dass wir dabei alle Friedens- und Gewerkschaftsbewegung, Fridays for Future, die Mayors for Peace und die gesamte Politik diesen Kampf gemeinsam führen.

Oder um es mit den Worten von Udo Lindenberg zu sagen:

„In einer solch beknackten Welt braucht es eine mächtige Friedensbewegung.“

Die Zeit wird langsam knapp – also machen wir uns auf den Weg!

 

Manuela Mahnke ist Bürgermeisterin der Gemeinde Nottuln und Mitglied bei "Mayors for Peace".