Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2022 in Berlin

 

- Es gilt das gesprochene Wort! -

 

Liebe Anwesende,

auch in diesem Jahr erinnern wir als Friedenskoordination an den Beginn des Zweiten Weltkriegs, der mit dem Überfall des Naziregime auf Polen am 1. September 1939 begann. Wir erinnern und mahnen gleichzeitig, dass dieses Datum auch zum
Engagement und Handeln für den Frieden beiträgt.

Für alle Konflikte gibt es eine Lösung, die natürlich auch wahrgenommen werden muss. Die Lösung heißt Verhandeln auf Augenhöhe, dies wird leider beim derzeitigen Ukraine-Krieg nicht genutzt.

Der Krieg wird eher noch befeuert, nicht zuletzt durch Waffenlieferungen von den USA, der NATO, und gegen alle bisherigen Verpflichtungen, auch von Deutschland. Kriege werden aber nicht durch Waffenlieferungen beendet.

Mit dem 100 Milliarden-Paket für die Aufrüstung der Bundeswehr, kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges beschlossen, setzt Deutschland stattdessen ein entschlossenes Zeichen, Kriege zu befürworten, statt sich auf diplomatischem Weg entschieden für eine friedliche Lösung einzusetzen. Geld, das gebraucht würde für soziale und ökologische Maßnahmen, sowie angebracht wäre für völkerverbindende Projekte.

Diese Zeitenwende, wie sie von Scholz genannt wird, lässt nichts Gutes für die Bürgerinnen und Bürger ahnen.

Seit Jahren beklagen wir den Pflegenotstand, der sich seit dem Ukraine-Krieg nicht verbessert hat, sondern in der Berichterstattung nun eher nach hinten gerutscht ist. Versorgungsangebote werden immer weiter zurückgefahren, kommunale Kliniken privatisiert oder ganz geschlossen, wie dies 2022 bei 31 Kliniken vorgesehen ist. Aber das Geld, das die Bundesländer für Investitionen bräuchten, es ist da, aber wird lieber in die Aufrüstung gesteckt.

Gebraucht würde das Geld auch, um die hohe Inflation, entstanden vor allem durch die Sanktionen gegen Russland, auszugleichen. Deutschland nimmt jedoch mit seinem verschärften Sanktionskurs gegen Russland, u.a. durch die selbst entschiedene extrem niedrige Gas- und Öllieferung aus Russland, eine ernsthafte Schwächung der deutschen Industrie und damit enorme Arbeitsplatzverluste billigend in Kauf.

Die Auswirkungen stark steigender Lebenshaltungskosten, insbesondere Energie, wird noch mehr Menschen in Abhängigkeit von Sozialleistungen bringen, denn die Löhne der unteren Einkommensgruppen reichten in den letzten Jahren schon kaum dazu, über die Runden zu kommen.

Noch mehr Menschen werden ihre Wohnung verlieren, weil sie den Mietzins und die Energiekosten nicht mehr bezahlen können. Die Obdachlosigkeit wird in der Krise nicht abnehmen, sondern sich verstetigen.Tafeln und Suppenküchen sind jetzt schon am Limit, denn mehr Menschen sind als Bedürftige dazugekommen und weniger Lebensmittel werden gespendet.

Der eigenen Bevölkerung wird dagegen von der Regierung machtbewusst demonstriert, wie selbstherrlich man die Muskeln gegenüber Russland spielen lassen kann. Dabei sollte vordergründig die Aufgabe der Regierung sein, Schaden von Deutschland abzuwenden. Dagegen breitet sich die Armut weiter aus und auch die soziale Infrastruktur bleibt auf der Strecke. In den sozialen Wohnungsbau, in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, um nur einige Beispiele zu nennen, müsste ebenso massiv investiert und Personal eingesetzt werden. Auch müssten Renten und Sozialleistungen erhöht werden, um allen ein würdiges Leben zu ermöglichen. Vieles wäre mit dem 100 Milliarden-Paket möglich und würde dem Versprechen der Ampelregierung, unser Land sozial gerechter zu machen, näherkommen.

Massive Waffenlieferungen werden mehr Leiden und Geflüchtete zur Folge haben, ebenso die Not der Menschen hierzulande vergrößern. Nur mit Diplomatie und Vernunft kann es einen Ausweg aus dem Krieg geben, und dies sollte Deutschland allein schon aus historischen Gründen unterstützen.

 

Elisabeth Wissel ist Fraktionsvorsitzende in die Linke in (Berlin-)Tempelhof/Schöneberg.