Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2022 in Berlin

 

- Es gilt das gesprochene Wort! -

 

Liebe Freundinnen unf Freunde,

wir stehen hier vor der Zentrale der Deutschen Bahn. Und ich möchte heute über die Beteiligung der Deutschen Bahn an kriegerischen Auseinandersetzungen sprechen. Viele kennen die Deutsche Bahn ja eher durch Verspätungen am Bahnsteig und nicht funktionierende Klimaanlagen und Toiletten. Was dagegen sehr gut funktioniert, sind die Kapitalerträge outgesourcter Dienstleistungsunternehmen, die für die Deutsche Bahn arbeiten.

Hierbei geht es heute um die BwFuhrpark Service GmbH mit Sitz in Troisdorf in NRW. Die Anteile des Bundes sind 75,1 % unmittelbar über das Bundesministerium der Verteidigung, sowie 24,9 % mittelbar über die Deutsche Bahn. Ihr Umsatz beträgt 343,7 Mio. Euro (31. Dez. 2020).

Das Unternehmen verwaltet und erneuert den Großteil der ungepanzerten Fahrzeuge der Bundeswehr inklusive der teilweise militärisch ausgestatteten LKWs. Darüber hinaus ist das Unternehmen im Carsharing und im Fahrdienst des Bundestages aktiv. Mit rund 160 Niederlassungen über ganz Deutschland verteilt sind an jedem Standort der Bundeswehr Fahrzeuge der Firma.

Unter den Outsourcing-Projekten der Bundeswehr nimmt BwFuhrpark eine Sonderstellung ein. Anders als andere hat die BwFuhrpark nicht nur zwei Gesellschafter, sondern auch zwei Kunden – neben der Bundeswehr den Bundestag.

Die Bundeswehr hat seit ihren Anfängen auf handelsübliche Fahrzeuge zurückgegriffen und diese in angepasster Form, beispielsweise mit zusätzlichen Schutzelementen, z.B. mit zusätzlichen Dachluken und vormontierten Waffenhaltern, bei den Herstellern erworben. So ist beispielsweise der leichte Lastkraftwagen Wolf der Bundeswehr nur eine veränderte Version der G-Klasse von Mercedes Benz.

Mit BwFuhrpark wurde ein Unternehmen geschaffen, das anstelle der Bundeswehr diese Fahrzeuge anschafft und ihre „Bewirtschaftung“ organisiert. Dazu „verleiht“ die BwFuhrpark einige Fahrzeugklassen dauerhaft an Einheiten der Bundeswehr, die dann dauerhaft in der dortigen Einrichtung stehen und von Soldaten gefahren und verschoben werden – dies gilt auch für den Bedarf im Einsatz. Andere Fahrzeugklassen werden von der BwFuhrpark direkt verwaltet und bei einem besonderen Bedarf, z.B. dem Transport zu einem Manöver, zur Verfügung gestellt.

Schließlich organisiert die BwFuhrpark eine Art Carsharing für beispielsweise kleinere PKW, die von Führungspersonal oder Einheiten gebucht werden, um spezifische Aufgaben, wie den Transfer einzelner Personen, zu ermöglichen. Zudem gibt es PKW, Busse und LKW mit Chauffeurdienstleistungen, d.h. die BwFuhrpark greift auf eigenes Personal (aktuell rund 898 Chauffeure) zurück, um den punktuellen Bedarf zu befriedigen. Diese letzte Dienstleistung steht auch den Mitgliedern des deutschen Bundestages zur Verfügung. Insgesamt verwaltet die BwFuhrpark rund 35.000 Fahrzeuge an rund 160 Standorten. Die BwFuhrpark hat 1.433 Mitarbeiter. Es gibt außerdem fünf Einsatzgebiete weltweit, sowie 2.580 Nutzerdienststellen der Bundeswehr.

Als große Aufgabe wird die Unterstützung der VJTF 2023 (Very High Readiness Joint Taskforce) gesehen. Dies ist die sog. schnelle Eingreiftruppe der NATO oder auch zynisch Speerspitze der NATO genannt. Der BwFuhrpark unterstützt die Bundeswehr bei Einsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen und gewährleistet die notwendige Materiallogistik.

Aber wie ist sowas überhaupt möglich?

Im Rahmen der Privatisierungswelle Ende der 90er und Anfang der 2000er sahen findige Unternehmer*innen und Unternehmen eine Chance darin, sich dauerhaft an der Erfüllung von Bundeswehrdienstleistungen eine goldene Nase zu verdienen. Hier tut der Bund letztlich so, als sei er ein Wirtschaftsbetrieb. Der Vorteil für das Verteidigungsministerium ist, dass nur die Mietkosten in der Ausgabenstatistik auftauchen, und das Finanzziel eingehalten werden kann.

Das kann so nicht sein. Es kann nicht sein, dass private Dienstleister weiterhin vom Krieg profitieren und seit diesem Jahr nochmal 100 Mrd. € extra in die Taschen bekommen, zusätzlich zu den 50 Mrd. € jährlich, was bereits Platz 7 der Militärausgaben bedeutet. Ob das der BwFuhrpark ist, ob das Rheinmetall ist oder sonst ein Softwaredienstleister. Krieg ist keine Ware und kein Ort, um Geld zu verdienen. Geld, das uns stattdessen bei der Friedenssicherung, der Klimakrise und einem sozial gerechten Umbau unserer Gesellschaft fehlt.

Die Deutsche Bahn muss sich endlich wieder auf ihren Kern besinnen. Den friedlichen Transport von Gütern und Menschen. Wie kann es sein, dass der Deutsche Bahn Konzern, der mehrere hundert Unternehmen vereint, 50% der Einnahmen im Ausland verdient und wir hier über ein 9€-Ticket streiten müssen?

Wir als NaturFreunde fordern daher, die deutsche Bahn zu reformieren, Dienstwagenprivilegien und Chauffeur*innen für Bundestagsabgeordnete und Generäle abschaffen.

Kein Profit mit dem Krieg, stattdessen freie und friedliche Fahrt für uns alle!

 

Yannick Kiesel ist Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde Deutschland.