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Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2023 in Berlin
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich spreche hier als eine der aktiven Gewerkschafterinnen, die sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs aktiv für den Stopp des Krieges engagiert haben. Ich bin Mitglied im ver.di-Landesfachbereichsvorstand Gesundheit Berlin-Brandenburg.
Ich spreche aber auch für die Kollegin Carla Boulboullé, Herausgeberin der „Sozialen Politik und Demokratie“, die aus gesundheitlichen Gründen heute leider nicht dabei sein kann, aber der Kundgebung ausdrücklich viel Erfolg wünscht.
Die NATO und alle Regierungen betreiben -unter dem Kommando der US-Regierung – eine Eskalation des Krieges in Europa, der die Gefahr eines bewaffneten Konflikts über große Teile der Erde heraufbeschwört.
Die Regierung Scholz, die die Führungsmacht der NATO in Europa übernimmt, nimmt ganz ihren Platz dabei ein. Sie gibt Milliarden zur Finanzierung von Waffenlieferungen an die Ukraine und an das Herrschaftssystem von Selenskyj. Jetzt geht es um Marschflugkörper vom Typ Taurus, die russische Städte weit hinter der Grenze bombardieren können. Das würde Deutschland zusehends in einen direkten Krieg mit Russland treiben.
Carla und ich haben mit vielen hundert anderen Kolleg:innen den Aufruf „Gewerkschafter sagen Nein zum Krieg – Nein zum sozialen Krieg gegen den Sozialstaat“ unterstützt.
Es ist die arbeitende Bevölkerung und Jugend, die die Kosten für diesen Krieg bezahlen sollen. Das können wir als Gewerkschafter nicht akzeptieren!
Auf der einen Seite beschließt die Regierung Scholz wachsende Milliardensummen für Kriegsaufrüstung, wie aber werden sie finanziert? …
… durch schmerzliche Ausgabenkürzungen in den sozialen Haushalten! Nur der Rüstungs- und Kriegshaushalt ist ausgenommen.
„Wer mehr für Verteidigung ausgibt, dem bleibt weniger für Gesundheit und Bildung“, diese Devise von NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat sich Kanzler Scholz zu „100% zu eigen gemacht“, wie er selbst stolz verkündet hat.
In der von mir genannten Erklärung der Gewerkschafter:innen gegen den Krieg wird als Antwort auf die kriegstreibende Politik der Regierung gefordert: „Waffenstillstand sofort!“
Und weiter: „Wir sagen Nein zur Sanktionspolitik gegen Russland“. Denn sie trifft die Bevölkerung hier, sie stürzt Deutschland in eine Welle der Deindustrialisierung. Inflation und Verteuerung sind auch Folgen der Sanktionspolitik. Sie verlangen die Verschärfung der Kaputtsparpolitik gegen den Sozialstaat. Ein Beispiel:
Der Krieg belastet die Kolleg:innen im Tarifkampf. Die Regierung Scholz hat in allen letzten Tarifabschlüssen Reallohnverluste diktiert.
Ich selbst komme aus dem Gesundheitswesen. Die Kolleg:innen sind damit konfrontiert, dass die Regierung Scholz systematisch das öffentliche Gesundheitswesen zerstört.
Fast jede 2. Klinik soll im Zuge der Gesundheits“reform“ von Lauterbach geschlossen werden. Auch in Berlin drohen Krankenhausschließungen, wie Gesundheitssenatorin Czyborra angekündigt hat. Die Teil-Verlagerung des Wenckebach Klinikums ist nur der Einstieg in weitere sog. „Konzentrationen“ von Standorten. Für mehr Personal kämpften die Kolleg:innen bei Vivantes und Charité. Trotz Tarifvertrag gibt es keine Neueinstellung von Personal, statt dessen Bettenabbau.
Was können wir tun? Am 8. Juli haben Kolleg:innen aus 14 europäischen Ländern an einer Videokonferenz teilgenommen. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, wie die Widerstandskräfte auf europäischer Ebene eine Verbindung schaffen können, um den Kampf gegen die Kriegspolitik der Regierungen in den jeweiligen Ländern zu unterstützen und zu stärken.
Alle Beiträge waren davon geprägt, dass in allen diesen Ländern die militärische Gewaltspirale begleitet wird von einer Verschärfung der Angriffe auf alle erkämpften sozialen und demokratischen Errungenschaften der Arbeitnehmer.
Sie haben dokumentiert, dass es einen direkten Zusammenhang gibt zwischen der Kriegswirtschaft und der sozialen Zerstörung, dem Abbau des öffentlichen Dienstes und der Gewerkschaftsrechte. Der Krieg einerseits und die Inflation und die sozialen Angriffe sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Die Dokumente der Konferenz zeigen, die Widerstandsbewegung in ganz Europa wächst. Ein Zeichen dafür ist auch die wachsende Zahl ukrainischer wie russischer Männer, die sich der Mobilisierung als Kanonenfutter an der Front entziehen – trotz harter Strafandrohungen! Ihnen gehört unsere besondere Solidarität.
Die Beiträge der europäischen Konferenz werden im Internet und einer Dokumentation veröffentlicht. Es wurde vereinbart, eine europäische Präsenz-Konferenz in Berlin Anfang 2024 vorzubereiten.
Nun aber stehen wir kurz vor zwei wichtigen Gewerkschaftstagen, von ver.di und der IG Metall.
Auf beiden Gewerkschaftstagen wird es um die Frage des Krieges gehen und vor welche Herausforderungen er die Gewerkschaften stellt, gerade auch angesichts des von der Regierung entfesselten sozialen Krieges.
Diese Diskussion hat in Teilen von ver.di und anderen Gewerkschaften begonnen.
Weit über tausend Kolleg:innen haben in Unterschriftensammlungen und Demonstrationen erklärt: „Wir sagen Nein zum Krieg“.
Ich wende mich an Euch, unterstützt Initiativen wie „Gewerkschafter sagen Nein zum Krieg – Nein zum sozialen Krieg“, damit wir dieser Stimme einen kraftvollen Ausdruck auf den Gewerkschaftstagen geben können.
So hat heute – leider parallel zu unserer Kundgebung –der Bezirksvorstand ver.di Berlin Gewerkschafter*innen zu einer Berliner Runde eingeladen, auf der die Fragen, die der Ukraine-Krieg aufwirft und seine politischen und sozialen Auswirkungen diskutiert werden sollen.
Noch ein letztes Wort:
Die soziale Zerstörungspolitik der Regierung Scholz provoziert Widerstand.
Carla hat mich gebeten, Euch darauf hinzuweisen, dass die Zeitung „Soziale Politik und Demokratie“, die schon bisher ausführlich über die Kämpfe, Demonstrationen und Streiks berichtet hat, Euch alle auf ihren Seiten zur Diskussion der brennend aktuellen Frage einlädt:
„Wie kann die Widerstandsbewegung sich als Gegenmacht zur Regierung organisieren?“
Die Dokumente der Konferenz zeigen, die Widerstandsbewegung in ganz Europa wächst.
Wir rufen euch auf, euch dem Widerstand anzuschließen:
Sagt Nein zum Krieg – Sagt Nein zum Krieg gegen den Sozialstaat!
Vielen Dank.
Redebeitrag: Charlotte Rutz-Sperling ist aktive ver.di-Gewerkschafterin im Gesundheitsbereich in Berlin (Sie spricht in Vertretung für Carla Boulboullé -GEW-Mitglied, Herausgeberin von "Soziale Politik&Demokratie"-).