Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 31. August 2024 in Braunschweig

 

- Es gilt das gesprochene Wort! -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ch danke den Veranstalterinnen und Veranstaltern für die freundliche Einladung, heute dazu beizutragen, einige weniger beleuchtete Perspektiven für Frieden oder Krieg in Afrika zu erläutern. Vielleicht sind Ähnlichkeiten wiederzuerkennen.

Als 1884 europäische Mächte die Landkarte des afrikanischen Kontinents unter sich aufteilten, wurde hier zulande die öffentliche Meinung damit in die Irre geführt, man wolle sich – unter Europäern - nur über die Binnenschiffahrtswege in Afrika verständigen. Die Kontrolle dieser Wege seien unabdingbar für das Überleben europäischer Volkswirtschaften, die sonst zugrunde gerichtet werden würden. Ob das Wort „alternativlos“ damals schon im Umlauf war, weiß ich nicht, aber heute wäre es als „alternativlos“ vermittelt gewesen, in anderen Worten andere Optionen kommen nicht in Frage.

Zuvor wurden betrügerische und sittenwidrige Verträge mit lokalen Häuptlingen im Küstenbereich unterzeichnet und dafür garantierten diese Häuptlinge bestimmten Europäern den freien Zugang und den Handelsverkehr.

Es sei hier daran erinnert, dass die Bodenschätze in Afrika, den Europäern besser bekannt und sogar kartographiert waren, als den Afrikanerinnen und Afrikanern selbst. Wie hätte es auch anders sein können nach mehr als 400 Jahren Verwüstung der afrikanischen Zivilisationen durch Sklaverei und Kriege.

Ganz früh wurde Krieg als Weg und Mittel ausgewählt, um etwas zu kriegen, wie es so bezeichnend in der deutschen Sprache heisst: „Das kriegen wir schon!“, sprich, das geht schon bald in unseren Besitz über! In anderen Worten, Krieg, um etwas zu kriegen, das uns nicht gehört!

Schlimmer noch, um den Weg zu diesem kriegerischen Ziel in der Vorkolonialzeit niedrigschwelliger zu machen, wurden passende Narrative entwickelt, um einen Beweggrund, eine Motivation zu liefern.

Als die afrikanischen Länder Anfang der 60-er Jahre ihre formellen Unabhängigkeiten erhielten, dauerte es nicht lange, bis Diktaturen aller Couleur wie gerufen an die Macht kamen.

Durch diese geopolitischen Winkelzüge ist Afrika, einer der reichsten Kontinente dieses Planets gleichzeitig der Kontinent mit den meisten und am längsten andauernden Kriegen.
Menschen in Südafrika, in Namibia, in Simbabwe und in Angola mussten blutige Kriege kämpfen, um an den eigenen Reichtümern teilhaben zu dürfen.

Die Menschen in Somalia leben heute noch in einem Staat, der nur noch dahinvegetiert. Ein Blick auf die Weltkarte zeigt schnell, dass die geo-politische Lage höchstwahrscheinlich etwas damit zutun hat.

In vielen Ländern mit unermesslichen Reichtümern an Öl, Gold, Diamant, Uran und seltenen Metallen leben die Menschen in einer unfassbaren Armut. Dennoch gab es und gibt es bis heute nachhaltige Bestrebungen, die Menschen, die unter diesen Verhältnissen mehr überleben als leben, daran zu hindern, ihre demokratischen Grundrechte auszuüben, um diese Verhältnisse durch freie Wahlen und aus eigener Kraft zu ändern.

Angola hat mehr Öl als der Golfstaat Kuwait. Dazu auch noch Diamanten. Doch mussten sich die Menschen bis in den Anfang der 80-er Jahre ihre Unabhängigkeit in einem 30-jährigen Befreiungskrieg erkämpfen.

Die Westafrikanische Republik Niger zählt seit Jahrzehnten zu den größten Lieferanten, die den französischen Atomstrom-Giganten EDF mit dem Uran zu spottbilligen Preisen versorgt. Doch die Menschen aus der Region, in der das Uranerz abgebaut wird, beleuchten immer noch bis heute ihre armseeligen Stroh- oder Lehmhütten mit der Öllampe.

In der Zentralafriknaischen Republik liegen große Diamantreserven. Dennoch hat das Land bis vor kurzem zu den ärmsten Ländern der Welt gehört.

Der Südsudan galt bis vor kurzem als ein „Armenhaus“, solange bis Unmengen Öl und Gas entdeckt wurden. Mit dem Öl kam auch gleich der „Bürgerkrieg“ mit im Huckepack.

Es sieht im Moment so aus, als käme mit der Entdeckung neuer Bodenschätze gleich eine Rebellengruppe mit ungeklärter Fianzierungsquelle, die dafür sorgt, dass der Zentralstaat die Kontrolle über diese Regionen verliert.

So exportiert z.B. ein Land wie Ruanda Bodenschätze in großem Stil, die in seinem Land nicht zu finden sind höchstwahscheinlich aus dem Nachbarland Kongo sind. Dieser Widerspruch dürfte den Abnehmern im Ausland nicht verborgen bleiben, die diese Metalle abkaufen: Also Krieg als Geschäftsgrundlage!

Unter diesen Umständen werden diese Bodenschätze ohne Rücksicht auf Mensch, Natur und Umwelt bei gröbsten Mißachtungen von Bürger-, Menschenrechten und insbesondere von Kinder- und Frauenrechten abgebaut und exportiert.

Vor diesem Hintergrund sucht die jüngere Generation aus Mangel an Perspektiven in der Heimat ihre Chance in der Auswanderung über das Mittelmeer unter abenteuerlichen Bedingungen. Diese menschliche Tragödie wird hier zulande so wahrgenommen, als hätten sich diese jungen Menschen nur aus Abenteuerlust auf den Weg gemacht.

Wie gehen wir als Individium und als Gruppe, als Bürgerinnen und Bürger, als Wählerinnen und Wähler damit um?

Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Lantagswahlen in Sachsen und Thüringen müssen wir befürchten, dass einige politische Kräfte ihre braunen Hemden lediglich gegen blaue Hemden austauschen und sich als „neue politische Kräfte“ verkaufen. Wollen wir wirklich so lange warten, bis unsere Polizei, unsere Schulen unsere Kultueinrichtungen durch Funktionäre in blauen Hemden angewiesen werden? Denn all diese Bereiche sind Ländersache. Warten wir und hoffen, es würde irgendwann allein, von sich aus aufhören? Wollen wir als Bürgerinnen und Bürger wie ein Kaninchen vor der Schlange sitzen und sagen, hoffentlich geht es gut aus? Nein, unsere Demokratie ist es Wert, dass sie verteidigt wird. Die Demokratie ist gleichzeitig kein Selbstläufer! Wir müssen sie schützen und pflegen.

Ich weiß, wir leben in einer schwierigen Zeit, in der die alte Dichotomie, Krieg oder Frieden, nicht mehr so einfach wiederzuerkennen ist. Frieden ist nicht da, nur weil es keinen Krieg gibt. Es gibt mittlerweise den Informationskrieg, der uns u. U. Krieg oder Frieden suggeriert. Trotz alledem müssen wir uns allein an der Realität orientieren und uns nur von der Realität leiten lassen. Dazu sind wir alle verpflichtet und unsere Demokratie ist es Wert, sie zu schützen.

Vielen Dank für Ihre Aufmersamkeit.

 

Adama Logosu-Teko ist ehem. Geschäftsführer und gegenwärtig Vorstandsvorsitzender im Haus der Kulturen Braunschweig.