Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 31. August 2024 in Braunschweig

 

- Es gilt das gesprochene Wort! -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir erleben im Krieg in Gaza aktuell ein beispielloses Vorgehen einer Besatzungsmacht gegen das Volk in den besetzten Gebieten.

Im Gazastreifen der knapp halb so groß wie Hamburg ist - lebten 2,1 Mio. Palästinenser. Sie werden täglich bombardiert. Es gibt vor den militärischen Angriffen Israels kein Entkommen. Der Gazastreifen ist ein Gefängnis. Die Grenzen sind dicht, auch für Hilfslieferungen. Krankenhäuser, Schulen, Infrastruktur, ganze Wohnviertel wurden vom israelischen Militär dem Boden gleich gemacht. Die UN spricht von einer systematischen und großflächigen Zerstörung von Wohnungen und ziviler Infrastruktur. 55 % der Häuser sind völlig zerstört oder schwer beschädigt.

Das sind Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, worunter übrigens auch der Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 fällt.

Israel rechtfertigt seinen Krieg gegen die Menschen in Gaza als Selbstverteidigung und meint damit immer noch im Einklang mit dem internationalen Recht zu sein. Allerdings sind sich Experten einig, dass das Ausmaß von Toten und Zerstörung nicht mehr unter Selbstverteidigung fällt.

In der renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet wurden im Juli Schätzungen über die Zahl der Todesopfer in Gaza veröffentlicht. Nach den Einschätzungen der Gesundheitsexpert*innen ist von 186.000 Toten auszugehen. Das sind 6 % der Gesamtbevölkerung.

6 % der Gesamtbevölkerung.

Davon sind mehr als 40.430 Tote direkt durch das israelische Militär getötet worden. Weitere Todesursachen sind Krankheiten, Epidemien, verschmutztes Trinkwasser, Verhungern und Verdursten.

Israel ist verpflichtet die Versorgung der Palästinenser in Gaza mit ausreichend Nahrung und Wasser sicher zu stellen und ihnen sichere Zufluchtsorte einräumen. Aber die rechtsextreme Regierung setzt Hunger als Waffe ein.

Menschrechtsexpert*innen der Vereinten Nationen erklären, dass die vorsätzlichen und gezielten Hungerkampagnen Israels gegen das palästinensische Volk eine Form genozidaler Gewalt ist.

Wer die Bilder in den Medien sieht und die Nachrichten hört, kann die Augen nicht verschließen vor diesen grausamen, unmenschlichen und völkerrechtswidrigen Verbrechen.

Südafrika hat die israelische Regierung im Dezember 2023 aufgrund des Krieges in Gaza vor dem internationalen Gerichtshof wegen des Begehens eines Völkermordes verklagt. In seiner Entscheidung vom Januar 2024 sah das Gericht Anzeichen für einen Völkermord und hat die Klage Südafrikas angenommen.

Nach Artikel I der Völkermordkonvention verpflichten sich die Vertragsstaaten, also auch Deutschland Völkermord zu verhindern. Bereits bei einem Verdacht, wie vom Gericht erkannt, besteht bereits eine Vertragspflicht die Vergehen zu verhindern – auch für Deutschland. Mit den Waffenlieferungen an Israel macht sich Deutschland mitverantwortlich für dem potentiellen Völkermord. Das muss ein Ende finden. Es dürfen keine weiteren Waffen an die rechtsextreme israelische Regierung geliefert werden.

Im Rahmen des Urteilsspruchs zu Gaza hat der Gerichtshof zudem alle Staaten auf ihre Sorgfaltspflicht hingewiesen, dass, wenn Waffen in Konfliktgebiete geliefert werden, dass die liefernden Staaten sicherstellen müssen, dass keine Völkerrechtsverstöße damit begangen werden. Die Entscheidungen des Gerichtshofes sind bindend.

Auch der UN-Menschenrechtsrat verlangt einen Stopp von Waffenlieferungen an Israel.

Ich möchte auf ein weiteres Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs im Juli diesen Jahres hinweisen. Es urteilte, dass die seit 1967 andauernde israelische Besatzung im Westjordanland und in Ost-Jerusalem illegal ist und so schnell wie möglich beendet werden muss. Das ist zunächst nichts Neues. Neu ist die Begründung: Die Besatzung sei das Produkt »systematischer Diskriminierung, Segregation und Apartheid«, eine »De-facto-Annexion«. Die israelische Regierung müsse sofort alle Siedlungsaktivitäten stoppen und die Siedler aus den bestehenden Siedlungen evakuieren sowie die »Rückkehr aller Palästinenser, die während der Besatzung vertrieben wurden, an ihren ursprünglichen Wohnort« ermöglichen. Israel habe für alle Schäden, die alle »natürlichen und juristischen Personen« durch die Besatzung erlitten hätten, Entschädigung zu leisten. Zudem wiederholt das Gericht seine Forderung von 2004 nach Rückbau der Mauer auf israelisches Territorium. Damit wäre auch der Weg frei für einen eigenen und souveränen Staat der Palästinenser in ihrem völkerrechtlich verbrieften Land.

Die Mehrheit der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen erkennt Palästina inzwischen als Staat an sowie die beiden EU-Mitgliedsländer Spanien und Irland. Auch Deutschland muss endlich Palästina als Staat anerkennen. Dazu ist Deutschland auch historisch verpflichtet. Genauso wie Juden ihre Heimat im Staat Israel finden konnten, so steht auch den Palästinensern auf der Westbank und in Gaza nach dem UN Teilungsplan die Gründung ihres Staates zu.

Es muss Druck auf Israel ausgeübt werden, um die Besatzung zu beenden. Während die EU und Deutschland nicht müde werden, Staaten mit Sanktionen zu belegen, die sich in ihrem Sinne rechtswidrig verhalten - es sind insgesamt das 79 Nationen, so finden wir Israel vergeblich auf der Liste.

Dieser Krieg muss ein Ende finden:

  • Freilassung aller Geiseln sowohl der israelischen als auch der palästinensischen,
  • Anerkennung des Staates Palästina durch Deutschland
  • Diplomatie und Prinzipien der friedlichen Konfliktlösung weltweit müssen wieder das politische Handeln bestimmen.

Ich möchte noch auf zwei Petitionen aufmerksam machen, die an die Bundesregierung gerichtet sind und mit der wir unserer Betroffenheit Ausdruck geben können:

  • Amnesty International hat eine Petition mit dem Titel “Israel/Gaza: Fordere alle Konfliktparteien zu einem Waffenstillstand auf“ gestartet und
  • Auf der OpenPetition Plattform haben 7 internationale Organisationen eine Petition gestartet, die von 21 weiteren Organisationen unterstützt wird, mit dem Titel: „Für einen gerechten Frieden in Gaza. Waffenexporte stoppen & Hilfsblockade beenden!“

Beide können unterzeichnet werden.

Vielen Dank.

 

Ute Lampe ist aktiv beim Braunschweiger Friedensbündnis.