16. April 2005: `Bombspotting XL`

Kurz vor dem Beginn der Nachbereitungskonferenz der NPT im Mai 2005 planen wir eine große internationale "Bombspotting" Aktion an verschiedenen Orten in Belgien, die wichtige Standorte für Atomwaffen sind: Dem Nato Hauptquartier in Brüssel, SHAPE, dem militärischen NATO Hauptquartier in Mons und dem Militärstützpunkt in Kleine Brogel. Wir möchten diese Orte in offener und gewaltloser Art und Weise besichtigen, um Indizien für die Produktion von Atomwaffen oder Beteiligung an Atomwaffenpolitik zu sammeln und zur Verhinderung von Kriegsverbrechen beizutragen.

Die `Bombspotting` Kampagne in Belgien
Die Bombspotting Kampagne existiert seit sieben Jahren. Seit 1997 haben Massendemonstrationen zivilen Ungehorsams politischen Druck mit dem Ziel, Atomwaffen abzubauen, ausgeübt. Die Tatsache, dass der Einsatz von Atomwaffen nicht ohne die Verletzung von internationalem Menschheitsrecht vonstatten gehen kann, wird als juristische Rechtfertigung für Inspektionen von Orten benutzt, die mit Atomwaffen in Verbindung stehen. Dazu gehört der Luftwaffenstützpunkt Kleine Brogel (wo amerikanische Atomwaffen gelagert werden), das politische Hauptquartier der NATO in Brüssel und SHAPE, das militärische Hauptquartier der NATO in Mons. Über 2000 Menschen haben an entsprechenden Aktionen teilgenommen, was zu 500 bis 1000 Festnahmen pro Aktion innerhalb der letzten Jahre geführt hat. Der belgische Gerichtshof traut sich nicht, Strafverfahren einzuleiten, da er befürchtet, dass ein Strafprozess zur Freisprechung führen könnte. Die belgische Regierung versucht die politischen Folgen eines Verfahrens, das mit einem Freispruch enden könnte, zu vermeiden, da dies die Frage nach der Rechtmäßigkeit der belgischen (und der NATO) Atomwaffenpolitik aufwerfen könnte. Die Ablehnung von Strafverfahren ist von daher die Entwaffnung von juristischer Unterdrückung.

Dies hatte die Entstehung einer schnell wachsenden Bewegung zur Folge. Die Kombination von Akten zivilen Ungehorsams, die die Existenz von Atomwaffen zu einem politischen Problem gemacht haben, das nicht einfach ignoriert werden kann, zusammen mit politischer Lobbyarbeit hatte politische Folgen. Die politische Klasse in Belgien steht einer Entfernung amerikanischer Nuklearwaffen von belgischem Boden positiv gegenüber. Aber die belgische Regierung traut sich nicht, mit der US-Regierung in offenen Konflikt zu treten.

Mit unseren Aktionen haben wir uns einen Platz in der politischen Debatte gesichert, den wir nicht erhalten hätten, hätten wir uns nur auf Lobbying beschränkt. Politiker sind gezwungen, über Atompolitik zu diskutieren und können das Problem nicht mehr einfach übergehen. Sich einen Platz in der Debatte zu sichern, ist allerdings nicht genug. Wir müssen ihn auch ausfüllen.

Durch unsere Lobbyarbeit haben wir es geschafft, die politische Debatte zu fokussieren und die essentiellen Fragen zu stellen.

Leider sind wir mit unseren Möglichkeiten, den eroberten Platz zu füllen, bisher auf Belgien beschränkt, obwohl die Aktionen in sich Auswirkungen auch auf die europäische Öffentlichkeit haben könnten. Deswegen suchen wir nach Partnern in anderen NATO Ländern, um die politischen Einwirkungen dieser Aktionen zu erhöhen.

Eine europäische `Bombspotting` Kampagne
Um die Politik der NATO zu beeinflussen werden kräftige Kampagnen in den verschiedenen NATO Ländern benötigt, die versichern können, dass sie nicht von den nationalen Regierungen übersehen werden.

Die "Bombspotting XL" Aktion in Verbindung mit nationalen Kampagnen könnte dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Presse und der Politiker für die Atomfrage in Eurem eigenen Land zu erregen.

Wie geht das?
Zuallererst muss eine nationale Kampagne gegen Nuklearwaffen, die auch die Politik der NATO hinterfragt, stattfinden. Es ist wichtig, eine Nachricht an Eure Politiker zu schicken, die deren Verantwortlichkeit an NATOs Atompolitik klärt und ihnen aufzeigt, was sie tun können. Die "Bombspotting" Aktionen werden durch die Unrechtmäßigkeit der Existenz aller Nuklearwaffen gerechtfertigt. Um diese Aktionen ausnutzen zu können, müsst Ihr auch diese Frage aufwerfen oder zumindest keine Botschaft aussenden, die dem widerspricht.

Der nächste Schritt ist es sicherzustellen, dass die `Bombspotting` Aktion als eine Eurer Aktionen angesehen wird, das heißt als eine Aktion, die von Eurem Land ausgeht. Dies kann durch Mobilisierung und durch die Teilnahme eines Landesvertreters bei der Aktion geschehen. Um Eure Teilnahme sichtbar zu machen, ist Pressearbeit während und vor der Aktion nötig.

Dies ist nur ein Minimalprogramm. Je mehr diese Aktion als von Eurem Land ausgehend angesehen wird und die Unterstützung der breiten Öffentlichkeit gewinnt, desto hilfreicher ist sie bei der Sicherung eines Platzes in der internatonalen Debatte.

In Belgien haben wir oft Kampagnen benutzt, um Deklarationen zu untermauern und kleinere Aktivitäten wie z.B. "Beschwerdentage", um auf uns aufmerksam zu machen und die Unterstützung der Öffentlichkeit vor der Ausführung der aktuellen Aktion zu sichern.

Atomwaffen verletzen internationales Menschheitsrecht. Dies ermöglicht konkrete Aktivitäten. Um die Aktion zu starten, haben wir die offizielle Übergabe eines Bürgeraufrufs an die Regierungschefs, die sich am 8. Juli 1997 zu einem NATO Gipfel in Madrid versammelt hatten, organisiert. In dem Bürgeraufruf wurde darauf hingewiesen, dass ihre Politik internationales Recht verletze. Wenn diese Politik nicht geändert werde, würden Taten folgen. Zwei andere Bürgeraufrufe mit ähnlichem Inhalt folgten später. Vor jeder Aktion in Belgien wird ein Bürgeraufruf erstellt und eine Warnung an die entsprechenden Verantwortlichen gesendet, in der darauf hingewiesen wird, dass Taten folgen werden, falls die Politik nicht geändert wird. So ein Bürgeraufruf kann auch an die Politiker in Eurem Land geschickt werden als öffentliche Erklärung von einer Gruppe von Organisationen, die "Bombspotting XL" unterstützt. In ähnlicher Art und Weise kann die Rechtsobrigkeit dazu aufgerufen werden zu handeln. Dazu gehört, dass das Rechtssystem dazu aufgefordert wird die Straftaten, die die Regierung und das Militär vollzogen haben, indem sie an der NATO Atompolitik teilnehmen, zu untersuchen. In Belgien haben wir einen "Beschwerdentag" organisiert, an dem Bürger die Möglichkeit hatten eine Beschwerde bei ihrer Polizeistation abzulegen. In mehreren Orten wurde diese Aktion von den Bürgermeistern unterstützt. Dies würde eine Kooperation mit den Bürgermeistern auch im Bezug auf eine Friedenskampagne möglich machen.

Die Teilnahme von bekannten Persönlichkeiten und Politikern war auch sehr wichtig. Man könnte von daher versuchen, Europaabgeordnete davon zu überzeugen, an der Aktion teilzunehmen.

Zu Beginn bitten wir Organisationen und Bürger der NATO Länder eine Teilnahmeerklärung zu unterschreiben und etwas Geld zu spenden. Dabei handelt es sich um einen symbolischen Betrag (z.B. 1 Euro), da es sich hier nicht um eine Fundraising Aktion handelt. Es soll vielmehr die politische Unterstützung sichtbar gemacht werden. Wenn man Geld spendet, wird man nach belgischem Strafrecht Mittäter an der Aktion, auch wenn man nicht in persona an ihr teilnimmt. Dies hat keine praktischen Konsequenzen, aber falls einige Aktivisten verurteilt werden, können sie dem Gericht beweisen, wie viele Bürger und Organisationen ihre Aktion als rechtmäßig beurteilen.

Bombspotting XL
Bombspotting XL ist eine Massenaktion zivilen Ungehorsams, in der wir versuchen, die Vorbereitung von Kriegsverbrechen zu verhindern, indem wir in Atomwaffen-Militärstandorte und Hauptquartiere eindringen und diese inspizieren. Bisher haben wir Aktionen am Luftwaffenstandort Kleine Brogel (wo amerikanische Atomwaffen gelagert werden), dem NATO Hauptquartier in Brüssel und SHAPE, dem NATO Militärhauptquartier in Mons organisiert. Am 16. April 2005 werden wir uns wieder an alle drei Orte begeben.

Ohne Erlaubnis in das Gelände eines Militärstandortes einzudringen, ist nach belgischem Strafrecht eine Straftat, aber wir sind der Meinung, dass unsere Aktionen berechtigt sind, da sie nötig sind, um die Vorbereitung von Kriegsverbrechen zu stoppen. Bisher haben belgische Gerichtshöfe noch niemanden für diese Aktionen verurteilt. Sie haben sich im Gegenteil als inkompetent erwiesen.

Unsere Aktionen sind immer gewaltfrei und wir möchten dies beibehalten. Die juristischen Rahmenbedingungen, innerhalb derer wir arbeiten, rechtfertigen unsere Aktionen, aber sie können nicht alles rechtfertigen. Da unsere Aktionen auf juristischen Argumenten basieren, müssen wir auch deren Einschränkungen beachten. Letztendlich versuchen wir, so viel Unterstützung wir möglich für eine Änderung der NATO-Strategie zu bekommen. Wir möchten, dass möglichst viele Leute sich vorstellen können, an unsere Aktionen teilzunehmen. In unseren Aktionen ist kein Platz für irgendeine Art von gewalttätigen Handlungen. Jeder Teilnehmer muss eine Teilnahmeerklärung unterschreiben, in der er oder sie erklärt, dass sie die gewaltlosen Richtlinien der Aktion akzeptiert. Wenn man diese Erklärung nicht unterzeichnet, kann man nicht an der Aktion teilnehmen.

Wir bieten Teilnehmern Training für gewaltfreie Aktionen an, um sicherzustellen, dass jeder gut vorbereitet ist und dazu beitragen kann, die Aktion gewaltfrei zu gestalten. Das Training ist nicht verpflichtend aber es wird empfohlen.

Wenn Teilnehmer aus dem Ausland kommen, bitten wir sie, uns vorher zu kontaktieren, damit wir Unterkunft und Training arrangieren und die Presse etc. benachrichtigen können.

Übersetzung aus dem Englischen: Aline Sierp

Mehr Informationen findet Ihr unter: www.bomspotting.be (Achtet auf den korrekten Namen, an der www.bombspotting.be Seite wird noch gearbeitet).

Kontakt:

International: hans [at] vredesactie [dot] be, tel: +32-479-68 24 43

Allgemein: bomspotting [at] vredesactie [dot] be, Patriottenstraat 27, 2600 Berchem, Belgium

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Friedensbewegung international