Büchel-Proteste

25 Jahre Proteste gegen Atombomben in der Eifel

von Marion Küpker
Initiativen
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Zum 25. Jahrestag der Proteste in Büchel plant die Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt eine Ausstellung, die ab Juni 2021 der Friedensbewegung auch überregional zur Verfügung gestellt werden soll. Der Artikel gibt einen kleinen Einblick in die Anfangsgeschichte der Anti-Atomwaffen-Bewegung in Büchel.

Vor 25 Jahren, am 16. Juni 1996, fand die erste größere Protestaktion am Atomwaffen-Stützpunkt Büchel statt: Rund 80 Mitglieder der Atomteststopp-Kampagne führten eine gewaltfreie Sitzblockade am Haupttor des Fliegerhorstes Büchel durch und zogen von dort in einer Demonstration zum 2,5 km entferntem Atombomben-Außendepot. Das einzige Tor dieses Depots wurde mit einer mitgebrachten schweren Eisenkette verschlossen ("Schließung eines Atomwaffenlagers"). Hier schritten weder Polizei noch Bundeswehr oder Wachschutz ein. Der Schlüssel, mit dem das Tor verschlossen wurde, wurde am nächsten Tag dem Bürgermeister von Büchel auf einem roten Samtkissen überreicht. Mitaufrufer dieser Aktionen war der noch junge bundesweite Trägerkreis (1994) Atomwaffen abschaffen – bei uns anfangen!.

Über die angrenzende Bundesstraße wurde für dieses Außendepot extra eine eigene Brücke zum Tor 1 in die Militärbasis gebaut, was von der Bundeswehr auch Wildenten-Tor genannt wird. Hierüber sollten auf Befehl die Atombomben in den Fliegerhorst transportiert werden. Das Tor 1 steht  auch für das Frauen-Widerstandstor der 24-stündigen Musikblockade des Jahres 2013. Es ist zudem eines von drei Zufahrts-Toren, welches bei einer Blockade der anderen Tore von der Bundeswehr immer wieder als Ausweich-Zufahrt genutzt wird.

Zum allerersten Mal gab es bereits am 30. Januar 1988 einen regionalen Anti-Atomwaffen-Protest, nachdem der US-amerikanische Kongress 2 Millionen US Dollar für neue Atombomben-Grüfte, die später direkt unter den Kampfflugzeug-Hangars gebaut wurden, freigab. Der Spiegel berichtete u.a. vom Standort Büchel, sodass der Senheimer Friedensstammtisch der Jusos und der Grünen sich kurzfristig diesem Thema annahmen.

Erst als Anfang 1996 der internationale Atomteststoppvertrag (ATSK) absehbar wurde, trafen sich  einige Aktive der ATSK im Februar 1996 privat im Ort Odernheim, um über zukünftige Friedensziele zu diskutieren. Thema wurden die noch aktiven Atomwaffen-Stützpunkte mit US-Atombomben, d.h. die Militärbasen der Bundeswehr Nörvenich in Nordrhein Westfalen, Memmingen in Bayern, Büchel sowie die US-Stützpunkte in Ramstein und Spangdahlem, alle drei in Rheinland Pfalz. In Deutschland wurden zu dieser Zeit noch ca. 140 Atombomben oder -sprengköpfe gezählt, darunter auch 30 britische in Brüggen.

In Odernheim fiel die Entscheidung  auf den Standort Büchel, weil dort die deutsche nukleare Teilhabe in der NATO thematisiert werden konnte, was bei den Atombomben der US-Basen nicht der Fall war. Büchel blieb am Ende übrig, da ein Atomwaffen-Abzug aus Nörvenich und Memmingen bereits absehbar war. So begannen die Planungen für die Aktionen Mitte Juni 1996! 

Einige der Odernheimer-Initiativgruppe sind noch heute in der Friedensbewegung aktiv gegen die Atombomben: Roland Blach, Koordinator des aus über 70 Gruppen/Organisationen bestehenden bundesweiten Trägerkreises Atomwaffen abschaffen - bei uns anfangen!, er ist der Trägerkreis der laufenden Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt; Martin Otto, der für die Rechtshilfe der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA/Mitgliedsgruppe in der DFG-VK) steht sowie Joachim Willmann, ehemals aus der GAAA, er ist heute im regionalen Initiativkreis gegen Atomwaffen (eine Regionalgruppe des Versöhnungsbundes) vertreten.

Nur wenige Wochen nach unserem ersten Protest veröffentlichte der Den Haager Internationale Gerichtshof (IGH) am 8. Juli 1996 überraschend ein Rechtsgutachten, das besagt: Die Androhung des Einsatzes und der Einsatz von Atomwaffen verstoßen generell gegen das Völkerrecht. Damit wurde die Illegaliät von Atomwaffen erklärt. Dies gab uns starken Rückenwind!

Am 10. September 1996 verabschiedete eine Sondersitzung der Vereinten Nationen eine Resolution zum Atomteststoppvertrag.  Am 24. September 1996 unterzeichnete endlich auch US-Präsident Clinton den Vertrag.

Gründung der GAAA
Im Oktober 1996 feierte die Atomteststopp-Kampagne in Wetzlar diesen Erfolg und erklärte die Kampagne als erfolgreich und für beendet. Mit den anwesenden 33 Anti-Atomwaffen-AktivistIinnen gründeten wir nahtlos übergehend die Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA), zufällig gleichzählig wie das Bücheler-Luftwaffengeschwader 33. Hier entstand die Idee, Teams von selbst ernannten "GerichtsvollzieherInnen" des IGH zu bilden, die den Bücheler Militärflughafen "inspizieren" sollen, um in Erfahrung zu bringen, ob gemäß dem IGH-Spruch der Abzug der Bomben in die Wege geleitet wird.

Hierzu steht in der Chronik der GAAA: "Solche „Zivile Inspektionen“ wurden im Februar und März 1997 von der GAAA in Briefen an den Verteidigungs- und den Außenminister sowie an die Polizei in Cochem und den Commodore des Fliegerhorsts Büchel angekündigt und begründet. Einem ersten Inspektionsteam wurde am 19. April 1997 am Haupttor des Fliegerhorsts in Büchel der Zutritt verwehrt. Zum Team gehörte ein Oberstleutnant a.D. [Lothar Liebsch, Darmstädter Signal], der früher Kommandeur von Bundeswehr-Wachsoldaten eines Atomwaffenlagers war und später zum aktiven Atomwaffengegner geworden ist. Daraufhin drangen am 20. April 1997 neunzehn AktivistInnen der GAAA, die sich als ehrenamtliche Gerichtsvollzieher des Internationalen Gerichtshofs bezeichneten, an verschiedenen Stellen durch den Militärzaun in das Fliegerhorstgelände Büchel ein, wurden dort festgenommen und wegen Hausfriedensbruchs und/oder Sachbeschädigung angezeigt. Dreizehn Angehörige der GAAA demonstrierten am 20. Mai 1997 auf der Bonner Hardthöhe gegen die nukleare Teilhabe Deutschlands und wurden von einem Oberst im Planungsstab zu einer Diskussion im Verteidigungsministerium empfangen."

Mit diesen Go-In - Aktionen wurden drei Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht in den kommenden Jahren gerichtlich erstritten, aber das Gericht lehnte die Beschäftigung damit ab. Für diese Aktion  stehen folgende Namen: Eberhard Mitzlaff, Elisa Kauffeld, Wolfgang Sternstein und Erika Drees.

Bis heute gibt es noch ca. 20 US-Atomwaffen in Deutschland auf dem Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel. Die GAAA organisierte seit 1997 mehrere Entzäunungs- und Go-In-Aktionen in den Atomwaffenstützpunkt Büchel der deutschen Luftwaffe und in die U.S.-Atomwaffeneinsatzzentrale EUCOM in Stuttgart.

Heute beteiligen sich viel mehr Menschen an den vielfältigen Protesten aus vielen unterschiedlichen Friedensgruppen. Auch die hier fehlenden 24 Jahre sind ebenso spannend und ich hoffe, ich konnte mit diesem Ausschnitt Interesse für die geplante Ausstellung wecken!

Anmerkung der Redaktion: Die Autorin bevorzugt als Schreibweise das große "I" in ihren Texten.

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Marion Küpker ist internationale Koordinatorin der DFG-VK gegen Atomwaffen.