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„Erfolg mit Verfallsdatum“
Atomabkommen mit dem Iran
von
Einen „Erfolg mit Verfallsdatum“ nennt Clemens Adebahr (1) das 2015 geschlossene internationale Abkommen, das zum Ziel hatte, das iranische Atomprogramm zu kontrollieren und zu verhindern, dass der Iran eine Atombombe entwickeln würde. (Ob er das vorhat oder hatte, ist umstritten. Der Iran selbst hat es stets geleugnet, allerdings lässt ein solches „ziviles“ Atomprogramm immer auch Raum für die Entwicklung von Atomwaffen.) Vertragspartner des Abkommens, dessen Aushandlung zwölf Jahre dauerte, sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die USA, Russland, China und der Iran. Der Iran stimmte umfassenden Überwachungsmaßnahmen zu, im Gegenzug wurden die Sanktionen der Vereinten Nationen, der EU und der USA gelockert.
In der Amtszeit von Präsident Trump wuchsen die Spannungen zwischen den USA und dem Iran. Die USA behaupteten, der Iran würde das Abkommen nicht einhalten – was die Überwacher*innen des Abkommens von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) bis Mitte 2019 nicht bestätigen mochten (2) –, und schließlich kündigten die USA im Mai 2018 das Abkommen einseitig auf. Die anderen Vertragspartner wollten den Vertrag aufrechterhalten, aber angesichts der US-Sanktionen nicht nur gegen den Iran, sondern auch gegen Firmen, die mit dem Iran Handel trieben, brach die iranische Wirtschaft deutlich ein.
Ein Jahr später reagierte der Iran und setzte seinerseits die Verpflichtungen aus dem Abkommen aus. Er erhöhte u.a. die Produktion niedrig angereicherten Urans und reicherte es bis zu 60% an, verweigerte Inspektor*innen der IAEO teilweise den Zugang und begann Uranmetall zu gewinnen.
Seit Amtsantritt von Präsident Biden im Januar 2021 verhandeln der USA und die anderen ausländischen Vertragspartner wieder miteinander; die Verhandlungen wurden angesichts der Wahlen im Iran unterbrochen und bislang nicht wieder aufgenommen; allerdings erklärte sich der Iran im Oktober bereit, ab November wieder zu verhandeln. Das war das Ergebnis von Vorgesprächen mit der EU in Brüssel. (3) Gleichzeitig wurde der Ton wieder rauer: Israel drohte – mit Zustimmung der USA – mit einem Angriff auf den Iran: "Wenn ein Terrorregime im Begriff ist, sich eine Atomwaffe zu beschaffen, müssen wir handeln und deutlich machen, dass die zivilisierte Welt dies nicht zulassen wird.“ (4)
Die vielfältigen Spannungen im Nahen Osten mit den Konflikten zwischen den von Saudi Arabien geführten sunnitischen Ländern und dem schiitischen Iran und insbesondere die Feindschaft zwischen dem Iran und Israel dauern seit Jahrzehnten an. Das Abkommen mit dem Iran schuf da eine Atempause, da es den Iran in seinem Atomprogramm beschränkte und so auch die Bedrohungsängste Israels hätte mindern können. Was nach der teilweisen Aufkündigung des Vertrags seit 2018 passiert ist, zeigt auch den Wert dieses Abkommens. Leider sind die Chancen, die es für die Suche nach einer Bearbeitung der umfassenden Konflikte geboten hat, nicht genutzt worden.
Für den Iran war der Vorteil des Abkommens, aus der Sanktionsschraube herauszukommen, was auch die Entwicklung im Land hätte positiv beeinflussen können.
Anmerkungen
1 https://www.bpb.de/internationales/asien/iran/303542/das-internationale-...
2 https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/wiene...
3 https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2125407-USA-zeigen... und https://www.tagesschau.de/ausland/asien/iran-atomverhandlungen-113.html
4 https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-10/atomstreit-iran-usa-israel-a...
Der Beitrag wurde von der Redaktion des Friedensforum verfasst, als ein uns zugesagter Artikel „Pro Iranvertrag“ kurzfristig ausfiel.