Planungstreffen

Bewegung braucht Kampagnen!

von Susanne GrabenhorstPhilipp IngenleufElise KopperKristian GollaUlrich Wohland
Planungstreffen
Planungstreffen
(c) Netzwerk Friedenskooperative

Am 10. April fand in Hannover das Planungstreffen „Bewegung braucht Kampagnen!“ statt. (1) Knapp 20 Interessierte aus den unterschiedlichsten Bereichen der Friedensbewegung waren der Einladung des Initiativkreises rund um das Netzwerk Friedenskooperative gefolgt, um die vorgetragenen Ideen kritisch zu diskutieren. Bei dem Treffen wurde zum einen die Kampagnenunterstützung des Netzwerks Friedenskooperative vorgestellt, die zukünftig einen größeren Arbeitsschwerpunkt des Bonner Büros ausmachen soll. Zum anderen wurde eine neue Kampagnenidee zum Thema „Keine Mandatsverlängerung des Bundeswehreinsatzes in Syrien“ diskutiert und erste Verabredungen dazu getroffen.

Seit Mitte 2015 wurde in einer kleinen Arbeitsgruppe, bestehend aus Susanne Grabenhorst (IPPNW), Uli Wohland (Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, CampaPeace) sowie Kristian Golla und Philipp Ingenleuf (beide Netzwerk Friedenskooperative) überlegt, welche Schritte nötig sind, um mehr „Bewegung“ in die Friedensbewegung zu bekommen. Ausgangspunkt und Auslöser für diese Überlegungen waren die Umstrukturierung des Netzwerk Friedenskooperative nach dem Tod von Mani Stenner sowie der Generationswechsel und die zurzeit vergleichsweise geringe Mobilisierungsfähigkeit innerhalb der Bewegung. Dabei kristallisierte sich schnell die Erkenntnis heraus, dass politische Kampagnen und insbesondere Druckkampagnen ein Schlüssel für eine aktive und breite Bewegung sind. Im Ergebnis wurde daher die Idee herausgearbeitet, eine Struktur aufzubauen, die die Kampagnenfähigkeit der Bewegung verbessert und insbesondere Druckkampagnen fördert. Diese Rolle soll künftig das Bonner Büro einnehmen.

Das Bonner Büro und Kampagnen
Bereits in den vergangenen Jahren hat das Bonner Büro zunehmend im Kampagnenbereich gearbeitet und Erfahrungen sowie Kompetenzen gesammelt, insbesondere mit der Kampagne "atomwaffenfrei.jetzt". Künftig soll das Bonner Büro eine tragende, impulsgebende und professionalisierte Struktur für Druckkampagnen innerhalb der Bewegung aufbauen. Ziel ist es, quantitativ mehr und qualitativ verbesserte Kampagnen innerhalb der Bewegung zu haben. Damit würde es für Interessierte und Aktive mehr Handlungsoptionen bzw. Aktionen geben und mittelfristig eine höhere Mobilisierungsfähigkeit entstehen, da mehr und neue Menschen mit den Kampagnen angesprochen werden.

Kampagnen in der Friedensbewegung
Innerhalb der Friedensbewegung gibt es bereits verschiedene Druckkampagnen, wie z.B. „Büchel ist überall – atomwaffenfrei.jetzt“, „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ oder „Schulfrei für die Bundeswehr“. Die Kampagnen der Bewegung laufen mal mehr und mal weniger erfolgreich. Allen ist aber gemein, dass sie Probleme bei der schon angesprochenen Mobilisierungsfähigkeit haben. Die Gründe dafür liegen sicherlich beim Thema „Frieden“ selber, das, obwohl immer noch hochaktuell und brisant, nicht mehr die gleiche Aufmerksamkeit erfährt wie noch zu Hochzeiten der Friedensbewegung in den 1980er Jahren. Gleichzeitig sind aber auch strukturelle Probleme innerhalb der institutionellen Friedensbewegung ein Grund. Fehlende Ressourcen und noch zu wenig entwickeltes Know-How in den Bereichen Fundraising, Öffentlichkeitsarbeit, Soziale Medien oder auch im Bereich Kampagnenarbeit sind hier beispielhaft zu nennen.

CampaPeace: Frieden braucht CampaignerInnen
Mit CampaPeace, der Ausbildung für Kampagnenarbeit und Moderation in der Friedensbewegung, wurde in den letzten Jahren bereits ein wichtiger Grundstein gelegt. 2012 von Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden, IPPNW, DFG-VK und Ohne Rüstung Leben ins Leben gerufen, wird sie in diesem Jahr bereits zum dritten Mal stattfinden. Mittlerweile bringen schon mehr als 20 dort ausgebildete Personen ihr Wissen und ihre Kompetenzen in Kampagnen, Projekte und Aktionen der Bewegung ein. Durch die Kampagnenunterstützung soll CampaPeace nun noch stärker an die Praxis angebunden werden.

Beirat“ aus der Bewegung für die Kampagnenunterstützung
Für die Kampagnenunterstützung wird zurzeit eine Art “Beirat“ gegründet. Dieser soll den Austausch zwischen Bewegung, Netzwerk Friedenskooperative und neuen Druckkampagnen ermöglichen und aufrechterhalten. Er soll das Bonner Büro bei der Kampagnenunterstützung begleiten und beraten, aber auch neue Kampagnen anregen und dafür Impulse aus der Bewegung aufgreifen. Dabei soll er nicht „für“ die Bewegung sprechen oder entscheiden, sondern lediglich als Katalysator dienen und die Kommunikation innerhalb der Bewegung in Bezug auf Kampagnenarbeit verbessern.

Nach Möglichkeit sollen im Beirat die verschiedenen Strömungen der Bewegung vertreten sein. Idealerweise wären dies zunächst einmal die beiden großen Bündnisse „Kooperation für den Frieden“ und „Bundesausschuss Friedensratschlag“. Hinzu kommen die InitiatorInnen der Kampagnenfortbildung "CampaPeace", Uli Wohland, Susanne Grabenhorst und Roland Blach, sowie Philipp Ingenleuf und Kristian Golla für das Netzwerk Friedenskooperative. Aber auch VertreterInnen anderer Strömungen der Bewegung, z.B. aus dem kirchlich/religiösen Bereich, sollen vertreten sein.

Erste Kampagne im Rahmen der Kampagnenunterstützung
Neben diesen strukturellen Überlegungen gab es parallel auch erste Gedanken zum Start einer neuen Kampagne, die sich auf die Struktur der Kampagnenunterstützung stützt. Aus vielen Gesprächen und Rückmeldungen in den letzten Monaten wurde deutlich, dass viele in der Bewegung eine Kampagne zum Thema Bundeswehreinsatz in Syrien für nötig und wünschenswert halten. Bei dem Treffen am 10. April wurde daher auch ein erster Entwurf für eine solche Kampagne vorgestellt, der von den TeilnehmerInnen überwiegend positiv aufgenommen und konstruktiv-kritisch diskutiert wurde. Mittlerweile sind aus diesen ersten Überlegungen konkrete Pläne entstanden.

Entstehen wird eine zyklische Druckkampagne, die sich mit Aktionen und Aufklärungsarbeit auf den Termin der Mandatsverlängerung am 16. Dezember 2016 hin zuspitzt. Ziel der Kampagne soll sein, so viele Bundestagsabgeordnete wie möglich dazu zu bewegen, gegen den Einsatz zu stimmen und sich gleichzeitig für zivile Lösungen stark zu machen.

Das Netzwerk Friedenskooperative wird als Kampagnenbüro fungieren und die Kampagne mit einer Campaignerin und einem Koordinator unterstützen. Die Kampagne soll in einem Kampagnenrat geplant und von den Organisationen, die sich auf ein gemeinsames Konzept verständigen, umgesetzt werden. Ein erstes Planungstreffen wird am 17. und 18. Juni in Köln stattfinden.

Ausblick
Mit dem Büro für die Kampagnenunterstützung, der Einrichtung des Beirats sowie der Syrienmandatskampagne sind erste Schritte getan hin zu professionelleren Kampagnenstrukturen innerhalb der Bewegung. In den nächsten Monaten sollen diese neuen Strukturen nun etabliert und auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden. Wir hoffen, dass daraus positive Impulse für die Bewegung entstehen und freuen uns sehr über Feedback zu den hier und in Hannover vorgestellten Plänen und Ideen.

Anmerkung
1 Das Protokoll des Treffens kann beim Netzwerk Friedenskooperative angefordert werden (Kontakt s.u.).

Kontakt für Fragen und Anregungen zum Kampagnenbüro: p [dot] ingenleuf [at] friedenskooperative [dot] de
Kontakt für an der Syrienmandats-Kampagne Interessierte: elise [dot] kopper [at] friedenskooperative [dot] de

 

Hinweis: Definition "Druckkampagne":

Druckkampagnen sind zugespitzte und eskalierende Kampagnen. Zugespitzt auf einen Entscheidungstermin, einen Entscheidungsort und auf einen (personalisierbaren) Gegner oder Gegenüber. Der Druck auf die EntscheiderInnen wird nach und nach durch eine Reihe eskalierender Aktionen erhöht. Der Druck kann ausgehen von Basisgruppen, Graswurzel-Lobbyarbeit oder bei Wirtschaftsunternehmen, auch von Boykottaktivitäten. Eine Sonderform ist die zyklische Druckkampagne, die wiederkehrend und wellenförmig ein Thema eskaliert, bis es zu einer Entscheidung kommt (vgl. Castortransporte). Sollte ein Kampagnenzyklus nicht zum Erfolg führen, werden Anschlusskampagnen mit veränderten Formen von Druck geplant. Druckkampagnen greifen in der Regel gesellschaftliche Themen auf, die in der Öffentlichkeit bereits ein hohes Maß von Aufmerksamkeit und Zustimmung besitzen. Darin unterscheiden sie sich von Aufklärungs- oder Infokampagnen, die ein Thema erst zum Thema machen wollen. (Ulrich Wohland)

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
Susanne Grabenhorst ist Ärztin für Psychosomatische Medizin und Vorsitzende der deutschen Sektion der Internationalen ÄrztInnen für die Verhütung des Atomkriegs, ÄrztInnen in sozialer Verantwortung (IPPNW).
Geschäftsführer und Kampagnenkoordinator beim Netzwerk Friedenskooperative sowie Co-Sprecher der Kooperation für den Frieden.
Mitglied des Vorstands im Bund für Soziale Verteidigung e.V., Geschäftsführerin beim Frauennetzwerk für Frieden e.V. und Referentin für Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit bei erlassjahr.de - Entwicklung braucht Entschuldung e.V.
Ulrich Wohland arbeitet ehrenamtlich bei der Werkstatt für Gewaltfreie Aktion Baden und ist Initiator der Ausbildung "Campapeace". Er ist Moderator, Coach, Campaigner und Kommunikationstrainer.