Atomwaffen in Deutschland

büchel65: Neunzehn Blockaden später ...

von Martin Otto

Vor dem Atomwaffenstützpunkt bei Büchel habe ich am 26. März an der Auftaktaktion zu der auf 65 Tage angelegten Sitzblockaden-Serie teilgenommen. Heute, am 12. Mai, 47 Tage und neunzehn Blockaden später – und kurz vor dem Redaktionsschluss für diese Ausgabe des FriedensForums – ziehe ich hier eine kleine subjektive Zwischenbilanz. Für eine "richtige" Bilanz hat unser siebenköpfiges büchel65-Orgateam ein Wochenende Anfang Juni vorgesehen, ein paar Tage nach der Abschlussblockade vom 29. Mai.

 

Der Unterschied von büchel65 zu früheren Aktionen des Zivilen Ungehorsams am und im Fliegerhorst bestand darin, dass diesmal von unserer Orgagruppe ein Aktionsrahmen erstellt wurde, der dann aber von vielen verschiedenen anderen Gruppen ausgefüllt wurde. Das heißt: Diesmal agierte nicht in erster Linie die Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen (deren Aktive schon seit 1997 immer wieder Zivilen Ungehorsam in Büchel leisten) und auch nicht die Kampagne atomwaffenfrei.jetzt (die federführend war bei der spektakulären 24-stündigen Musikblockade im August 2013), sondern es agierten andere Gruppen wie das Rostocker Friedensbündnis, das Jugendnetzwerk für politische Aktionen, die Pazifikgruppe Hamburg, die DFG-VK-Gruppe Köln, die französische Gruppe von Armes Nucléaire STOP, das Friedensnetz Saar, die IPPNW Mannheim und etliche weitere. Alle Gruppen wurden allerdings unterstützt von mindestens einer Person aus dem Orga-Team, die jeweils am Vortag einer Aktion die Blockadevorbereitung der Gruppe begleitete, dann während der Aktion zugegen war, ohne selbst Zivilen Ungehorsam zu leisten, und nachher einen auswertenden Bericht verfasste. Bis Anfang Mai nahmen schätzungsweise schon mehr als 200 Menschen an den Blockaden teil.

Eine Aktivistin aus der Orga-Gruppe fungierte als Pressesprecherin. In Artikeln für Zeitschriften (so auch im FriedensForum 1/2015 auf Seite 6) hatten wir schon Monate vor dem Beginn der Blockadenserie auf büchel65 aufmerksam gemacht, ebenso über diverse Mailinglisten und über die Internetseite buechel-atomwaffenfrei.de, und auch mit 20.000 Flyern, die bundesweit an potenzielle MitblockiererInnen verteilt wurden. Vor allem aber der guten Arbeit der Pressesprecherin war es zu verdanken, dass zum Beginn der Auftaktblockade am 26. März um 5.30 Uhr mitteleuropäischer Winterzeit bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nicht nur Blockierende am Fliegerhorst auftauchten, sondern auch ReporterInnen von Deutschlandradio.Kultur, SAT1- Fernsehen, SWR1, RPR1, epd und Rhein-Zeitung. In einer Pressemitteilung drei Tage zuvor hatten wir deutlich gemacht, dass wir mit "begrenzter Regelüberschreitung" der Forderung nach sofortigem Abzug der Atomwaffen einmal mehr Nachdruck verleihen wollten – und zwar kurz vor und während der New Yorker Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag, die alle fünf Jahre bei der UNO stattfindet, diesmal vom 27. April bis zum 22. Mai 2015.

Natürlich hatten auch Bundeswehr und Polizei schon lange mitbekommen, was da auf sie zukommen würde, und sie hatten ihre Vorkehrungen getroffen. Dass die Polizei mit genügend Einsatzkräften vor Ort sein würde, um Blockaden zu räumen, hatten wir vorausgesehen. Überrascht hat uns hingegen, dass die Bundeswehr die Zufahrt zum zweitgrößten Fliegerhorst-Tor ("Lutzerather Tor") mit großen Betonelementen selbst versperrt hatte und vor den beiden anderen vielgenutzten Toren "Bauzäune" errichtet hatte, wodurch die BlockiererInnen schon etliche Meter vor den eigentlichen Toren des Militärgeländes aufgehalten wurden. (Der Fliegerhorst hat insgesamt 9 Tore, aber nur 3 sind für Fahrzeuge bequem über asphaltierte Straßen zu erreichen. –  Falls sich die eine oder der andere LeserIn fragt, warum wir es denn in Büchel mit der Bundeswehr zu tun haben, wo es doch US-Atombomben sind, die dort gelagert werden: Die Bomben sind in der Tat im Besitz der USA, jedoch handelt es sich in Büchel um den Flugplatz eines Bundeswehr-Luftwaffengeschwaders, und es sind deutsche PilotInnen in deutschen Tornado-Kampfbombern, die hier im Rahmen der Nuklearen Teilhabe üben, die US-Bomben im Ernstfall zu ihren Abwurfgebieten zu fliegen.)

Die Blockaden bis zum Zeitpunkt dieses Zwischenberichts (12. Mai) verliefen meistens so, dass die Polizei einen Teil der Sitzenden mit sanfter Gewalt von der Straße hob, um wenigstens eine Zufahrt in das Militärgelände zu öffnen. Wer gleichzeitig andere Zufahrten blockierte, blieb in der Regel unbehelligt. Wer von der Polizei einen Platzverweis erhielt und diesen missachtete, wurde bis zum jeweiligen Aktionsende in Gewahrsam genommen. Es wurden Strafverfahren wegen Nötigung angekündigt und von der Polizei entsprechende Anhörungsbögen sowie Einsatzkostenbescheide versandt. Die Orgagruppe hat Vorsorge getroffen, wie diese und eventuell weitere von juristischen Folgen Betroffene unterstützt werden können.

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