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Bundeswehr und Privatisierung
vonDie Partnerschaft zwischen Bundeswehr und Wirtschaft verspricht zu einer Erfolgsstory zu werden, zitiert die Frankfurter Rundschau am 5.5.2000 Verteidigungsminister Scharping und führt aus: "Wenn ein General dafür Anreize bekomme, dass erProfit macht, dann, so ein Manager, sei die Bundeswehr auf dem richtigen Weg". Wie das mögliche "Happy End" dieser "Erfolgsstory" aussehen könnte, hat im Bonner "Behörden Spiegel", Novemberausgabe 1998, der Generalmajor a.D. der Bundeswehr, Dr. Johannes Gerber, bis 1980 stellvertretender Kommandierender General des III. Korps in Koblenz, danach Lehrbeauftragter an zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen, ausgeführt. Unter der Überschrift "Zur Wirtschaftlichkeit der Bundeswehr" gab er einen Vorgeschmack dessen, was Minister Scharping nun beginnt, in die Tat umzusetzen.
Gerber wörtlich: "Wie aus aktuellen Ereignissen erkennbar, wird sich auch der Einsatz militärischer Dienstleistungen nicht vermeiden lassen. Dazu bedarf es gut ausgebildeter und auftragsgemäß ausgerüsteter Interventionsverbände. ... Die Politiker als die Träger des Primats der Politik und die militärische Führung als Exekutive mit der Institution des Befehls und Gehorsams bekommen damit eine bisher noch nicht definierte Verantwortung. Sie kann berechenbar gemacht werden durch die Frage nach der Rentabilität eines militärischen Eingreifens, Rentabilität als die betriebswirtschaftliche Überlegung einer Kosten-Nutzen-Rechnung einer militärischen Unternehmung. Unter Kosten ist hier vor allem das wertvollste, über das das Primat der Politik verfügt, der Einsatz seiner Bürger, des Humankapitals der europäischen Nationen, zu verstehen". Gerhard Schröder scheint schon einmal diese Kosten-Nutzen-Rechnung angestellt zu haben, als er den deutschen Soldaten im Kosovo für ihren Einsatz mit den Worten dankte: "Sie nehmen damit uns in Deutschland die Notwendigkeit ab, die Menschen bei uns zu beherbergen" (FR, 24.7.99).
Der Vordenker Dr. Johannes Gerber geht noch einige Schritte weiter: "Die Verschuldung der Bundesrepublik liegt am Rande der Verfassungswidrigkeit Artikel 115 GG. ... Für militärische Unternehmungen, die im öffentlichen Interesse liegen, könnten öffentliche Anleihen aufgelegt werden. Für militärische Unternehmungen, die beispielsweise einzelne Branchen begünstigen, z.B. Ölproduzenten, könnten diese als Sponsoren oder für Teilunterstützung herangezogenwerden. Weiterhin ist zu denken an Betreiberfonds für Depots, Schulen, Kasernen mit dem Ziel wirtschaftlicher Nutzung nicht benötigter Teile". Werden wir bald - natürlich im Pay-TV - Werbespots der Art sehen: Dieser Golfkrieg wurde Ihnen präsentiert von Exxon/Amoco/BP/Shell....?
Generalmajor a.D. Johannes Gerber schlägt folgende Unterscheidung vor: "Den europäischen Militärbetrieben sind zwei Ziele gesetzt: Verteidigung des NATO-Territoriums und weltweiter Einsatz zum Schutze der Menschenrechte. ... Die Aufträge sind zu unterschiedlich. Es ist daher folgendes vorzuschlagen: Die Landesverteidigung ist zu vereinen mit der Zivilverteidigung in eine selbständige Institution im Sinne eines öffentlichen Betriebes. Nur eine solche Institution ist berechtigt, die Bezeichnung `Bundeswehr` zu tragen. Die militärischen Dienstleistungen für humanitäre Zwecke, Krisenmanagement etc. bedürfen einer anderen Organisation, anderen Personals und Ausstattung. Auf Grund der unterschiedlichen Aufträge muss eine Verzahnung als unwirtschaftlich angesehen werden. Sie verhindert den reibungslosen Ablauf beider Aufträge. Ihre Bezeichnung sollte `Deutsche Streitkräfte` lauten, wie bei anderen Armeen üblich.Beide Institutionen müssen in einen Rahmen gestellt werden, der unternehmerisches Denken und Handeln ermöglicht. Unternehmerische Freiheit ist notwendig, um die Einsätze selbstverantwortlich auf eigener ökonomischer Grundlage zu führen. Esdarf nicht fremdbestimmt werden über Einsätze oder Verlängerung derselben, die vorher nicht vereinbart waren, deren Finanzierung nicht sichergestellt ist. Gesteuert werden die beiden Unternehmen über eine Holdinggesellschaft als Finanzierungs- und Investitionsgesellschaft. Sie ist eine Gruppe von Personen aus dem politischen Bereich und der Exekutive. Sie steuert durch Zuteilung von Mitteln jeweils nach aktueller Lage den Schwerpunkt der militärischen Dienstleistung". So weit Herr Dr. Gerber.
Wenn dieses mögliche "Happy End" der von Minister Scharping eingeleiten "Erfolgsstory" Realität werden wird, soll niemand sagen, es sei nicht vorhersehbar gewesen. "Happy" dürften dann allerdings lediglich die Vertreter eines ungezügelten Neoliberalismus sein, für den ursprünglich von den Grundgesetzvätern anvisierten Zweck der Bundeswehr wäre damit das "Ende" gekommen.
Wem die Vision des Generalmajor a.D. (noch) utopisch-phantastisch erscheint, der möge sich einen Augenblick bewusst machen, was er einem Menschen geantwortet hätte, der 1988 behauptet hätte, die NATO würde im Jahre 2000 ein Großmanöver "Schild des Friedens" in den Staaten Ukraine, Bulgarien und Estland durchführen. Vermutlichwäre dieser Person von der Bevölkerungsmehrheit eine Untersuchung auf geistige Zurechnungsfähigkeit angeraten worden - und dennoch ist dies heute Wirklichkeit.