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Denkmal für alle Opfer der Wehrmachtjustiz
Deserteurs-Denkmal für Ludwig Baumann
von
Der gebürtige Hamburger Ludwig Baumann, 1942 aus der Wehrmacht desertiert, war seit Anfang der 80er Jahre friedensbewegt sehr engagiert und hat sich authentisch und nachdrücklich dafür eingesetzt, dass alle Opfer der NS-Militärjustiz vom Deutschen Bundestag gesetzlich anerkannt und politisch rehabilitiert werden.
Nach jahrzehntelanger Ausgrenzung, ja Verfemung dieser Opfer aus bundesdeutschen Regelungen zur Entschädigung von NS-Opfern ist deren überfällige Anerkennung erst nach einem hürdenreichen Kampf in drei gesetzlichen Schritten in den Jahren 1998, 2002 und 2009 gelungen. Dass die Rehabilitierung erfolgte, ist sowohl der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Unrechts der Wehrmachtjustiz zu verdanken, als auch dem darauf gestützten politischen Einsatz der von Ludwig Baumann und 36 betroffenen Mitstreitern 1990 gegründeten Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz. Als eine Art Selbstorganisation betroffener Opfer und ihrer Angehöriger ist der in Bremen eingetragene Verein als gemeinnützig anerkannt. Auch nach dem Tod der Opfer der Wehrmachtjustiz verbleiben für deren Nachfahren und Freund*innen zahlreiche Aufgaben, um über erlittenes Unrecht aufzuklären, die Opfer zu würdigen und vor neuer Militarisierung der Justiz zu warnen.
In Hamburg-Wandsbek ist die Umwidmung einer früheren großen militärischen Liegenschaft (ehemalige Lettow-Vorbeck-Kaserne) zum Anlass genommen worden, im jetzt ausschließlich zivil genutzten Gelände Jenfelder Au mit der Namensgebung von neuen Straßen und Plätzen vor allem an Opfer des NS-Regimes zu erinnern. Ein speziell gestalteter Erinnerungsweg trägt zudem dazu bei, Wandsbeker NS-Opfer der Vergessenheit zu entreißen. Damals Geschmähte, Verfolgte und Ermordete werden durch die Benennung von Straßen lebensfreundlich und zukunftsgerecht gewürdigt. Ludwig Baumann konnte 2016 noch selbst an der Benennung der Kurt-Oldenburg-Straße mitwirken. Sie ist benannt nach seinem Freund und Kameraden, der mit ihm aus der Wehrmacht desertierte und den Krieg nicht überlebte. Eine Grünfläche, die ein Wohnquartier begrenzt und als Erholungs- und Spielplatzgelände genutzt werden soll, ist 2021 anlässlich seines 100. Geburtstags als Ludwig-Baumann-Park benannt worden. Dieser Park in der Jenfelder Au wird Anfang bzw. Endpunkt des Wandsbeker Erinnerungsweges sein. Um der Erinnerung eine größere Aufmerksamkeit zu verschaffen, wurde von Hamburger Freunden Ludwigs die Idee entwickelt, mit einer gut sichtbaren Stele an den Namensgeber der Fläche zu erinnern. Eine Informationstafel, die den Verlauf des Erinnerungswegs skizziert und beschreibt, soll gleichzeitig über Ludwig Baumanns Wirken als Vorkämpfer für die Anerkennung und Rehabilitierung aller Opfer der NS-Militärjustiz informieren.
Was ansonsten von den – auch in Hamburg in (zu) großer Zahl vorhandenen – Denkmälern kolonialistischer und militaristischer Provenienz zu halten ist, hat jüngst Jan Korte als Freund und Wegbegleiter von Ludwig Baumann verlautbart: „Wir brauchen keine neuen ‹Helden›, die für Nation, Gott oder Kapital auf zukünftigen Schlachtfeldern verrecken, sondern Humanisten und Diplomatinnen.“ (1) In Zeiten, in denen regierungsamtlich propagiert wird, Deutschland wieder ‚kriegstüchtig‘ zu machen, setzt eine Stele zur Erinnerung an Ludwig Baumann und dessen Engagement für Deserteure gänzlich andere, gegenläufige Akzente. Die erhabene Aufschrift auf dem Sockel, „Was gibt es Besseres, als den Krieg zu verraten“, dürfte den antimilitaristischen Denkanstoß verdeutlichen und unterstreichen, den solch ein Denk-Mal im besten Sinne setzen wird.
Die Bezirksversammlung Hamburg-Wandsbek hat im Dezember 2024 einstimmig beschlossen, die private Denkmal-Initiative der Hamburger Freunde Ludwig Baumanns zu unterstützen und die Realisierung des Denkmals behördlich zu begleiten. Die Bundesvereinigung leistet organisatorische Mithilfe für die bundesweite Einwerbung von Spenden. In Hamburg und bundesweit konnte in wenigen Monate die „erste Hälfte“ der benötigten Gesamt-Spendensumme von 30.000 Euro eingeworben werden. Ein guter Start also, um möglichst zeitnah die „zweite Hälfte“ Spenden zu akquirieren. Jede Spende an die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. (IBAN: DE32 2905 0101 0015 1459 15, Stichwort Denkmal) hilft mit, das Projekt zu ermöglichen und zeitgerecht zu realisieren.
Anmerkung
1 Quelle: https://www.rosalux.de/news/id/53356/unrecht-kennt-keinen-verrat