Freie Fahrt für die Bundeswehr

Deutsche Bahn blockiert Friedensarbeit

von Klaus Pfisterer
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Das Bündnis „Schulfrei für die Bundeswehr – Lernen für den Frieden“ in Baden-Württemberg wollte zur Landtagswahl an über 100 Stellen mit Plakaten für mehr Friedensbildung statt Bundeswehr an Schulen werben. Doch die Deutsche Bahn sagte NEIN.

Geplant war, in Kooperation mit dem Außenwerbungs-Dienstleister Ströer zwei Plakat-Motive in den S-Bahnen im Raum Stuttgart, in Bahnhöfen in Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Mannheim, Karlsruhe, Reutlingen und Ulm sowie in Bussen im Raum Friedrichshafen zu zeigen. Die Verträge für das Plakat „Krieg erklären war gestern, heute erklären wir Frieden“ in den Bahnhöfen waren unterschrieben und die Zusage von Ströer incl. Druckauftrag lag dafür vor. Ein weiteres Plakat „Bildung ist die beste Verteidigung“ war für die Deutsche Bahn Anlass, die Plakatierung in den S-Bahnen und Bussen zu prüfen. Die DB untersagte, dieses Plakat zu zeigen, auf dem andeutungsweise Maschinengewehrläufe zu sehen sind. Na gut, dachten wir uns, wenn die Deutsche Bahn Gewissensbisse hat, militärisches Material in ihrem Bereich zu zeigen, könnte davon später auch die Bundeswehr betroffen sein. Also zeigten wir guten Willen, zogen das Plakat zurück und reichten dafür die beiden anderen Plakate zur Veröffentlichung ein. Die Deutsche Bahn untersagte auch diese Plakatierung; da sie „ihre Neutralität wahren möchte“, würden Plakate „mit Aussagen gegen die Bundeswehr generell abgelehnt“. Auf Nachfrage bei der Fa. Ströer, wer bei der Deutschen Bahn diese Ablehnung verfasst hatte, gab es aus Datenschutzgründen keine Antwort.

Das wollten wir so nicht hinnehmen. Auf der einen Seite plakatiert die Bundeswehr mit ihrer Kampagne „Mach, was wirklich zählt“ die Bahnhofshallen und Bahnsteige der Deutschen Bahn zu, auf der anderen Seite wird das Eintreten für mehr Friedensbildung an Schulen als unzulässige Einmischung abgekanzelt.

In einem Protestschreiben forderten wir die Deutsche Bahn auf, ihre Entscheidung umgehend zu revidieren und die Plakatierung zuzulassen. Angeblich ist dieses Schreiben nie bei der Deutsche Bahn Niederlassung in Stuttgart angekommen. „Wir können nicht nachvollziehen, wo ihr Brief angekommen ist“, lautete die lapidare Antwort der DB.

Mit einer Pressemitteilung machten wir am 24.2.2021 auf den Skandal der Ablehnung der Friedensplakate aufmerksam und erreichten einige Presseveröffentlichungen, die die Haltung der DB sehr kritisch beschrieben. Das zentrale Argument lautete: „Unsere Plakate wenden sich ja nicht generell gegen die Bundeswehr. Vielmehr wenden wir uns mit den Plakaten gegen die Präsenz der Bundeswehr an Schulen und sprechen uns für mehr Friedensbildung an Schulen aus.“

Vor dem Hintergrund, dass die Bundeswehr im Rahmen ihrer Kampagne „Mach, was wirklich zählt“ in und vor den Bahnhöfen Werbeplakate in großen Stil zeigen konnte, sei der Verweis auf eine Selbstverpflichtung zur Neutralität der Bahn nicht haltbar. Und auch aus juristischer Perspektive gebe es nach unserer Auffassung keine Neutralitätspflicht der DB.

Auf Presseanfragen hin äußerste sich die DB wie folgt: „Die Deutsche Bahn lässt auf ihren Werbeflächen aus Gründen der Neutralität keine politische Werbung zu. Die Aussage ‚Für Friedensbildung statt Bundeswehr an Schulen‘ haben wir nicht als neutral, sondern als politisch wertend eingestuft und daher abgelehnt. In den Motiven, mit denen die Bundeswehr um Rekruten wirbt, sehen wir dagegen keinen Regelverstoß“, so Achim Strauß, Konzernsprecher der Deutschen Bahn AG, Berlin. Da fehlen einem die Worte!!

Politische Unterstützung erhielten wir von der GEW-Vorsitzenden in Baden-Württemberg, Monika Stein (die GEW ist Mitglied im Schulfrei-Bündnis), vom Verdi Landesbezirksleiter Martin Gross und vom linken Bundestagsabgeordneten Tobis Pflüger. Ihr Tenor lautete: Die Plakate machen sich für mehr Friedensbildung in den Schulen stark. Dies ist in den Bildungsplänen für die Schulen in Baden-Württemberg verankert und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.

Damit wir uns dennoch mit den Friedensplakaten in den Landtagswahlkampf einbringen konnten, mieteten wir über die Fa. Ströer vom 5.- 18.3. andere kommerzielle Werbeflächen in Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Freiburg, Heilbronn, Stuttgart, Reutlingen, Ulm und Friedrichshafen.

Es bleibt festzuhalten, dass die Deutsche Bahn die Friedensarbeit massiv behindert, während Soldat*innen in Uniform in den Zügen freie Fahrt haben. Plakate der Bundeswehr mit dem Slogan „Gas, Wasser, Schießen“ stellen für die Bahn kein Problem dar. Für uns sind das ebenso politische Aussagen wie das Eintreten für mehr Friedensbildung an Schulen.
Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten die Ablehnung der Friedensplakate durch die Deutsche Bahn weiter skandalisieren und hoffen auf weitere Unterstützung. Jede/r kann seinen Unmut in einem Schreiben der Deutschen Bahn gegenüber ausdrücken.

Die Anschrift lautet: Deutsche Bahn AG, Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin, mail: Achim [dot] Stauss [at] deutschebahn [dot] com

Der Artikel ist eine gekürzte Fassung aus den Südwest-Kontakten 2/21 der DFG-VK Baden-Württemberg

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