Dienstaufsichtsbeschwerde

(ms) Lt. OWI-Gesetz beträgt die höchste Geldbuße im Versammlungsgesetz 1.000 Euro. Rechtswidrig drohte die Polizei 15.000 Euro an. Die Dienstaufsichtsbeschwerde dagegen wurde ein halbes Jahr später beantwortet: Man hätte ja Schlimmeres androhen können (§ 240 StGB). So einfach geht das.

Antwort des Polizeipräsidenten Weiss-Bollandt vom 31.10.2003 auf die Dienstaufsichtsbeschwerde bezüglich polizeilicher Einsatzmaßnahmen am 29.03.03 in Frankfurt am Main Air Base.

Sehr geehrter Herr Singe,

Sie beschwerten sich darüber, dass zur Durchsetzung der Auflösung einer Versammlung die Polizei am 29.03.2003, Flughafen Frankfurt am Main, Air Base, rechtswidrig die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von bis zu 15.000 Euro über die Polizeilautsprecher mehrfach angedroht habe.

Für den diesbezüglichen Polizeieinsatz war meine Abteilung Einsatz federführend verantwortlich. Der Einsatz wurde aus einer zentralen Befehlsstelle heraus geführt, die nicht die unmittelbaren Abläufe vor Ort direkt wahrnehmen konnte. Um den von Ihnen beanstandeten Umstand abzuklären, waren deshalb zeitaufwändige Prüfungen notwendig; dies auch deswegen, da der in Frage stehende Sachverhalt keine Maßnahmenrelevanz hatte und somit nicht explizit dokumentiert wurde.

Sie haben jedoch recht, dass gegen 15.40 Uhr eine Durchsage erfolgte, die die mittlerweile sich vorm Einfahrtstor der Air Base widerrechtlich aufhaltenden Personen darauf hinwies, dass die Veranstaltung seit 15.00 Uhr durch den Versammlungsleiter beendet war und bei weiterer Blockade Ordnungswidrigkeitsgelder bis zu 15.000 Euro verhängt werden können. Weitere Verhaltensanweisungen an die Blockierer wurden gegeben. Es handelte sich hier nicht um die Durchsetzung einer Maßnahme, wie von Ihnen angenommen, sondern um reine Informationen an die Personenmenge mit der Zielsetzung, keine Vollzugsmaßnahmen treffen zu müssen. Die Personen wurden weiter zum Aufstehen aufgefordert, da ein längerfristiges Verweilen in der Blockade der Zufahrt zur Air Base ohne Zweifel den Verdacht einer Nötigungshandlung nach 240 StGB begründete.

Zahlreiche Personen mussten deswegen später auch festgenommen werden. Zur Zeit werden die Straftaten gerade vor Gericht verhandelt.

Es war eindeutig nicht die Intention der Polizeiführung, durch die Ansage über die 15.000 Euro Maßnahmen durchzusetzen, sondern lediglich über Folgen zu informieren, die bei einer weiteren Blockade eintreten. Den Betroffenen sollte eine faire Chance gegeben werden, Repressalien zu vermeiden. Sie wissen, dass die Polizei mit viel Langmut und Umsicht - was übrigens auch in allen Medien entsprechend dargestellt wurde - die Situation vor Ort behandelte. Durch den von Ihnen beanstandeten Sprachgebrauch "Ordnungswidrigkeitsgeld bis 15.000 Euro" ist Ihnen und auch sonstigen Personen kein Schaden entstanden.

Die inhaltlich exaktere Durchsage an die Blockierer hätte darauf hingewiesen, dass sie sich nach § 240 StGB wegen Nötigung strafbar machen und dies mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann. In Abwägung der Unterschiedlichkeit dieser Durchsagen ist in ihrer Wirkung auf die Betroffenen kein Missverhältnis ersichtlich.

Es ist auch trotz intensiver Bemühungen nicht mehr nachvollziehbar, wer in Person diesen Sprachgebrauch dem Beamten am Lautsprecher vorgab. Die analoge Bedeutung der Durchsage beweist auch, dass keiner meiner Beamten vorsätzlich Befugnisse überschritten hat. Ich sehe hiermit Ihre Dienstaufsichtsbeschwerde als erledigt an. Eine Durchschrift dieses Schreibens lege ich dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, an welches Sie Ihre Beschwerde auch richteten, zur Kenntnisnahme vor.

Mit freundlichen Grüßen,
Weiss-Bollandt
Polizeipräsident

 

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