G20 in Hamburg

Erbärmliche Nullnummer

von Kristine KarchReiner Braun

Was sind die Ergebnisse des G20 Gipfel – politisch und materiell? Die Kosten: Die offiziellen 130 Millionen Euro Kosten entsprechen schon lange nicht mehr der Realität. 300 Millionen Euro kommt den Ausgaben für das Spektakel schon näher. Viele Ausgaben, wie die Ausfälle der Klein-Geschäfte-Betreibenden, der Menschen, die nicht zur Arbeit kamen, das provozierte Verkehrschaos, die ausgebliebenen TouristInnen können gar nicht skizziert werden.

Haben diese immensen Ausgaben „politischen Benefit“ gebracht? Ein Blick in die Abschlusserklärung verdeutlicht die Nullnummer dieses Gipfels. Was gibt es alles nicht:

  • Keinen Cent für den globalen Klimafond der UN, dieser tauchte gar nicht erst auf.
  • Keine weitere finanzielle und politische Unterstützung für die Realisierung der Sustainable Development Goals (SDG) der UN. Propagandistisch werden sie erwähnt, keinen Schritt zu ihrer Realisierung wurde vereinbart.
  • Keine einzige Initiative für die Realisierung des Abkommens von Paris. Wie können die Ziele des Abkommens von Paris 2015 Realität werden, wie Emissionen gesenkt, wie den Ärmsten der Armen im Kampf gegen die Klimaerwärmung geholfen werden? Wieder nichts in der Schlusserklärung. Deutschland schaltet seine Kohlkraftwerke immer noch nicht ab und wird mit der Politik dieser Regierung keine Klimaziele erreichen.
  • Abrüstung taucht nicht auf. Wie sollen denn die SDGs und die Klimaziele erreicht werden, wenn nicht durch die Reduzierung der 1,7 Billionen USD für die Rüstungsausgaben?
  • Von Ziviler Konfliktbearbeitung und Krisenprävention kein Wort – Krieg und Krisen werden täglich weiterhin tausende Menschenleben kosten.

Was gibt es in der Schlusserklärung:

  • Ein Bekenntnis zur gescheiterten neoliberalen Wirtschafts- und Handelspolitik. Ob globaler neoliberaler Welthandel oder protektionistischer nationaler Handel, beide werden auf dem Rücken der ärmeren Länder ausgetragen, beide sind das Gegenteil von gerechtem fairen Handel. Diese gescheiterte ausbeuterische Handelspolitik wird gelobt und fortgeschrieben – wider allen Wissens um ihr Scheitern. Die Ungerechtigkeit des Handels und des Wirtschaftssystems wird fortgeschrieben.
  • Mehr fossile Energien für Jahre besonders in den USA, aber auch in vielen anderen Ländern der G20. Deutschland beteiligt sich aktiv an der fossilen Ausbeutung der Rohstoffe. Das so dringend notwendige Ende des fossilen Zeitalters wird hinausgeschoben – der Planet in seiner Existenz gefährdet, die Klimaauswirkungen werden wir mehr und mehr täglich merken, und wieder sind die Ärmsten der Armen am meisten betroffen – unfairer, ausbeuterischer geht es kaum.
  • Die Verlogenheit im Umgang mit den MigrantInnen wird festgeschrieben. Haltet sie von der Festung Europa fern, wie auch immer. Da kann Trump mit seiner eigenen Mauer leicht mitwirken. Menschenrechte sind außer bei Sonntagsreden ein Fremdwort.
  • Was dann nicht fehlen darf: Ein Bekenntnis zum „Wachstum“, als ob hemmungsloses Wachstum an den Krisen und Katastrophen unserer Zeit nicht mit Schuld ist, und als ob die einfache Erkenntnis, dass ungehemmtes Wachstum auf einem begrenzten Planeten nicht möglich ist, nicht auch schon die Regierenden der Welt erreicht hätte.
  • Emanzipation der Frau wird auf die Entwicklung von einer Minderheit von Frauen zu widerlichen Kapitalistinnen a la Ivanka Trump reduziert. „Emanzipation“ durch Ausbeutung – nein danke.
  • „Alter Wein in neuen Schläuchen“ - so lassen sich die Ergebnisse des pompös als Afrika-G20-Gipfel angekündigten Formulierungen in der Abschlusserklärung zusammenfassen. Neoliberale Handelspolitik, „Markt“öffnung und Zollsenkungen als noch größerer Raubbau an Ressourcen und Land: Die alter Leier, die verantwortlich ist für die desaströse Situation in vielen Ländern dieses Kontinents. Diktatoren werden hofiert. Solidarische Hilfe zur Selbsthilfe und Entwicklung sehen anders aus.

Für dieses Ergebnis, dass nicht einmal als Nullnummer, sondern als Schlag gegen das Abkommen von Paris zu bezeichnen ist, wurde

  • Die Demokratie außer Kraft gesetzt.
  • Durch Hundertausende Flugkilometer die Umwelt zerstört.
  • Irre Summen an Geld verschwendet.
  • Das System der UN weiter geschwächt.

Das ist verantwortungslose Politik, wofür? Für den Profit einiger weniger Konzerne und Banken, einiger global players. Die Zehntausende, die bei den Protesten mutig und entschlossen auf die Straße gegangen sind, sind ein Zeichen der Hoffnung – es müssen noch viel mehr werden, um diesen ökologischen, demokratie- und menschenfeindlichen Wahnsinn zu beenden.

P.S. Wenn es wirklich zu einem Waffenstillstand in dem Südwesten Syriens kommen sollte – großartig. Aber die beiden Herren hätten sich billiger, intensiver und einfacher in Alaska treffen können - und ausgehandelt war dieser Plan schon wochenlang vorher in Geheimverhandlungen in Jordanien.

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Hintergrund
Kristine Karch engagiert sich beim International Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility (INES)
Reiner Braun war Geschäftsführer der IALANA Deutschland und ist ehem. Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB).