Frauen und Frieden in Casamance

von Omar Diop

Die Casamance ist ein 360 km langer, im Südwesten des Senegals gelegener Landstrich, der sich über Hunderte von Kilometern an der Küste entlang erstreckt. Die westliche Grenze bildet der atlantische Ozean, die Grenze im Süden Guinea-Bissau und Guinea-Conakry sowie im Norden Gambia, das sie vom übrigen Senegal isoliert. Die Casamance ist ein relativ bevölkerungsreiches Gebiet; indem hauptsächlich die Diolas leben, gefolgt von den Mandingues und den Peuls. Sie verfügt über bemerkenswerte agrarische 'Potentiale und wird als die "Kornkammer des Senegals" bezeichnet.

Am 26. Dezember 1982 wurde eine von der Demokratischen Bewegung der Casamance (Mouvement des Forces Democratiques de Casamance, MFDC) organisierte Demonstration für die Unabhängigkeit von den Behörden brutalst niedergeschlagen. Es gab unzählige Opfer zu beklagen, besonders Frauen. Im darauf folgenden Jahr begannen nach der Ermordung von sechs Polizisten Guerillakämpfe. In der Region etablierte sich ein Kreislauf aus Unsicherheit und Gewalt, aus militärischer und juristischer Unterdrückung, sowie bewaffneten Angriffen der MFDC. 1991 wurde ein Waffenstillstandsabkommen von der Regierung und der MFDC in Cacheuin Guinea-Bissau unterzeichnet.
Andere Initiativen für den Frieden wurden im laufe der darauffolgenden Jahre mit einigen großen Erfolgen unternommen: das Abkommen von Ziguinchor aus dem Jahre 1993, der einseitig vom Priester der MFDC, Diamacoune Senghor, beschlossene Waffenstillstand, das Waffenstillstandsabkommen von 1999, das Banjuler Abkommen von 2000, das „Friedensabkommen", das 2001 von der im Jahr 2000 neu gewählten Regierung und der MFDC unterzeichnet wurde. Dennoch, trotz dieser Errungenschaften sowie der Gefechtspause, die nach 2001 an der Front einigermaßen eingehalten wurde, hat der Konflikt mit seinen vielen Opfern und der Zerstörung aus vielfältigen Gründen weiter angehalten. Dazu zählen etwa die Führungskrise der Verwaltung oder die Streitigkeiten innerhalb der MFDC. Nach zwei Jahrzehnten Krieg sind Hunderte von Toten auf Seiten der Armee, der Rebellen und der Zivilbevölkerung zu beklagen. Tausende Menschen, besonders Frauen und Kinder, wurden zu Vertriebenen, ganz zu schweigen von den Hunderten von Opfern durch Antipersonen-sowie Panzerabwehrminen. Der Krieg ist gleichermaßen verantwortlich für den andauernden Verfall der Wirtschaft sowie für die Verarmung der ganzen Region durch die Ruinierung der beiden lebenswichtigen Sektoren Landwirtschaft und Tourismus.
2004 erlebte die Krise eine positive Wendung mit der Unterzeichnung des als ,,historisch" bezeichneten Friedensabkommens zwischen der Regierung und der MFDC. Anfang 2005 begannen die Verhandlungen zwischen den beiden Parteien im senegalesischen Ort Foundiougne. Zum ersten Mal scheint sich eine wirkliche Perspektive für den Frieden in Casamance abzuzeichnen.
Dieser Erfolg, der die Jahre der anhaltenden Bemühungen krönt, ist verschiedenen Akteuren zu verdanken, darunter nicht zuletzt Frauen.
Im Senegal arbeiten unzählige Frauenvereinigungen für den Frieden und fördern Herangehensweisen, die auf dem Prinzip der gewaltfreien Konfliktbearbeitung und der Solidarität basieren. Sie haben nicht die Annahme der Resolution 1325 des Sicherheitsrates vom Oktober 2000 abgewartet, um sich in die Suche nach Frieden in Casamance einzubringen. Allerdings haben die Frauen zu tausenden einen schweren Preis im Krieg bezahlt, sowohl in körperlicher Hinsicht (Minenopfer, Vergewaltigungen, Todesfälle) als auch in psychologischer und ökonomischer Hinsicht. Sie haben sich jedoch nicht von den Geschehnissen unterkriegen lassen. In den ersten Jahren des Konflikts waren die Frauenvereine auf den Baustellen für den Frieden weniger und unregelmäßiger aktiv. Aber seit 1990 sind sie stark engagiert und initiieren sehr abwechslungsreiche und originelle Aktionen, die das nationale und lokale kulturelle Erbe aufgewertet haben. Die im Folgenden aufgelisteten Aktionen illustrieren diese Dynamik sehr gut: 

  •     Der Umzug der Frauen in Ziguinchodm Februar 2000
  •     Die Initiativen der feministischen Bewegung Yeewu Yewwi seit 1993
  •     Die Gründung des Vereins zur kulturellen Verständigung von Augene und Diabone, die die kulturelle Verwandtschaft zwischen        den Diolas und den Sertres fördern will
  •     Die jährliche Radtour für den Frieden in Casamance, die von einer bekannten diolischen Sportlerin ins Leben gerufen wurde
  •     Die Veranstaltung eines Frauenforums für den Frieden 1999
  •     Der regionale Frauenmarsch im Oktober2000
  •     Der nationale Frauenmarsch im März 2001
  •     Die Demonstration für die Rückkehr zum Frieder, die etwa 3000 schwarz gekleidete Frauen, angeführt durch die Frauen mit            geweihtem Holz auf dem Kopf des Vereins Kabonketor (was auf diolisch „sich entschuldigen heißt), die früher auf der Seite der      Rebellen standen.

Ich habe noch nicht die Aktion von Frauen erwähnt, die in den politischen Parteien und den Gewerkschaften organisiert sind.
Die Mobilisierung von Frauen war ein entscheidender Faktor in der Schaffung einer friedensfördernden Dynamik, indem sie den Krieg unpopulär und die Forderung nach Frieden stärker und sichtbarer machte, und die Suche nach gewaltfreien Lösungen ermutigte. Sie hat zu dem Friedensabkommen von 2004 beigetragen und zu der langen Ruhe, von der die Region profitiert.
Aber der Weg zum Frieden ist noch lang, insbesondere in Bezug auf die Meinungsverschiedenheiten bei den Rebellen, wo ein Teil der bewaffneten Kämpfer radikale Positionen einnimmt. Aus diesem Grund ist die Einbeziehung von Frauen unabdinglich auch für das Lobbyingin Casamance bei den letzten Anhängern des bewaffneten Kampfes und für die laufenden Verhandlungen. Auch wagt man zu hoffen, dass einerseits die Frauen die neuen Möglichkeiten, um ihren Status und Rolle in dem Prozess zu ergreifen, nutzen, und andererseits dass die Regierung und die MFDC diese Einbeziehung der Frauen und ihre Wirksamkeit berücksichtigen, wenn sie einen endgültigen und dauerhaften Frieden in Casamenceerrreichen wollen.

Übersetzung aus dem Französischen: Sandra Busch und Christine Schweitzer.

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