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Advocacyarbeit auf UN-Ebene am Beispiel der IFFF/WILPF
Frauen- und Friedensbewegung
vonDie UNO Resolution 1325 (2000) zu Frauen, Frieden, Sicherheit ist nun schon 21 Jahre alt. Die einstimmige Annahme der von Namibia gesponserten Resolution wird als Wendepunkt für die internationale feministische und Frauenrechtsbewegung beschrieben (Anderlini, 2007). Mit nunmehr insgesamt zehn Resolutionen zur Agenda 1325 Frauen, Frieden und Sicherheit krempelte sie das Verständnis von Konfliktdynamiken und Friedensbedingungen von Grund auf um.
Zivilgesellschaftliche Akteur*innen, insbesondere afrikanische Frauenrechts- und feministische Aktivist*innen, waren die treibende Kraft dieser Normagenda (Hendricks, 2017). Als Teil der internationalen Frauenrechtsentwicklung baut die Agenda auf die Arbeit von Frauen und Zivilgesellschaft von über einem Jahrhundert auf. Die Aktivistinnen der internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (Englisch Women’s International League for Peace and Freedom, WILPF) stellten beispielsweise schon 1915 Forderungen für eine feministische Friedenspolitik statt kapitalistischer Kriegstreibung und unterstrichen die Unabdingbarkeit der gleichberechtigten Teilnahme von Frauen an Verhandlungstischen und den Einbezug ihrer Lebenswelten. Bei den internationalen UN-Frauenkonferenzen seit 1975 waren zivilgesellschaftliche Akteur*innen die treibende Kraft der Veränderung und auch heute ist die feministische Zivilgesellschaft in einer zentralen und unverzichtbaren Rolle, indem sie Regierungen und die internationale Staatengemeinschaft in die Verantwortung nimmt, Druck ausübt, sich über Kontinente hinweg vernetzt und Missstände publik macht. Das alles hat die Agenda 1325 ermöglicht. Auch als imperfekte internationale Agenda, die durchaus kritisiert werden muss, stellt sie ein zentrales Werkzeug zur Umsetzung von gleichberechtigter Beteiligung von Frauen, der Kriminalisierung von sexualisierter und geschlechtsbasierter Gewalt (nicht nur) in Konfliktkontexten und dadurch zu mehr Geschlechtergerechtigkeit, sowie auch Frieden.
Die WILPF ist, als die älteste internationale Frauen-Friedensorganisation, zentrale Akteurin in der nationalen und internationalen Advocacyarbeit für feministischen Frieden. Bestehend seit 1915 aus über 40 nationalen Sektionen und Gruppen sowie zwei internationalen Büros in Genf und New York ermöglicht ihre Struktur direkte politische Forderungen und Kritik von der lokalen bis zur internationalen Ebene zu transportieren. Die WILPF ist also gleichzeitig ein eigenes großes Netzwerk verschiedenster feministischer Aktivist*innen, als auch Teil eines internationalen und Organisationen-übergreifenden Netzwerks, die sich für die Umsetzung der Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit einsetzen. Internationale Lobbyarbeit für Menschenrechte funktioniert demnach meist auch auf mehreren Ebenen, wie das Beispiel der von Deutschland eingeführten UN-Resolution 2467 im Jahr 2019 zeigt. Das zivilgesellschaftliche “Bündnis 1325” in Deutschland, zu dem u.a. auch die WILPF gehört, forderte in einer Stellungnahme die deutsche Bundesregierung dazu auf, keine neue Resolution im Rahmen der Frauen, Frieden und Sicherheitsagenda auf den Weg zu bringen. Im Angesicht der politischen Lage unter Trump und international zunehmendem Anti-feminismus und Pushbacks gegen Frauenrechte, warnte das Bündnis vor einem inhaltlichen Rückschritt und betonte die Wichtigkeit der Umsetzung der schon existierenden Agenda anstatt neuer Regelwerke. Durch die international vernetzten Frauenrechts- und Friedensorganisationen, wie z.B. durch das New Yorker Büro der WILPF, konnte die Forderung, direkt an die Vertreter*innen des Sicherheitsrats gerichtet werden. Die Resolution wurde schlussendlich trotz expliziter Warnung der internationalen Zivilgesellschaft verabschiedet und veranschaulicht den für Frauenrechte besonders gefährlichen internationalen Einfluss konservativer und autoritärer Akteur*innen. In Bezug auf die Agenda 1325 ist demnach ein Trend zum Rückschritt der Frauenrechte zu erkennen: auf Pochen der USA, mit Unterstützung von China und Russland, wurden zentrale Aspekte der sexuellen Gesundheit und reproduktiven Selbstbestimmung aus der benannten 2467 gestrichen. Es gilt hier insbesondere Zivilgesellschaft in den betroffenen politischen und regionalen Kontexten zu fördern und somit ihre Arbeit gegen eine Rückentwicklung von den gewonnenen Rechten entgegenzutreten.
Trotzdem fordert die WILPF und ihre Partnerorganisationen kontinuierlich die Weiterentwicklung von Außen- und Sicherheitspolitik im feministischen und anti-rassistischen Sinne. International entwickelte die WILPF 2019 z.B. ein Forderungspapier an den UNO-Sicherheitsrat mit fünf zentralen Vorschlägen, wie dieser feministisch gestaltet werden kann. Dazu gehört eine demokratische Reform und die Abschaffung des Veto-Rechts, erhöhte zivilgesellschaftliche Beteiligung, Unterstützung von lokalen, nationalen und regionalen Frauenfriedensorganisationen und Initiativen, Genderanalysen von Konflikten und allem voran internationale Abrüstungsinitiativen. Auf nationaler Ebene forderte WILPF-Deutschland im Prozess der Entwicklung des aktuellen Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit an die deutsche Bundesregierung ähnliche Maßnahmen: sofortige Abrüstung, die Prävention von gewaltvollen Konflikten, der Einbezug von marginalisierten Gruppen in Entscheidungsprozessen - insbesondere Frauen -, Klimagerechtigkeit und eine auf basierend der Einhaltung von Menschenrechten basierte Migrationspolitik.
Quellen:
Anderlini, S. N. (2007) Women Building Peace: What They Do, Why It Matters. Boulder: Lynne Riener Publishers.
Bündnis 1325 (2020) 'Policy Briefing Zum Dritten Nationalen Aktionsplan Der Bundesregierung'. (https://www.medicamondiale.org/frauen-frieden-sicherheit-frauenrechte-un...).
Böhme et al (2019) ‘Bundesregierung Begibt Sich Im VN-Sicherheitsrat Auf Gefährliches Terrain’. (https://www.medicamondiale.org/frauen-frieden-sicherheit-frauenrechte-un...).
Hendricks, C. (2017) ‘Progress and Challenges in Implementing the Women, Peace and Security Agenda in the African Union’s Peace and Security Architecture’, Africa Development, 42(3), pp. 73–98.
Ruane A. und Kumskova M. (2018) 'Towards a Feminist Security Council - A guidance note for Security Council Members'. https://www.peacewomen.org/sites/default/files/WILPF_Feminist%20Security...
WILPF/IFFF (2020) '20 Jahre UNSCR 1325 – ein trojanisches Pferd für die Frauenbewegung?' https://www.wilpf.de/20-jahre-unscr-1325-ein-trojanisches-pferd-fuer-die....