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Freiheit für die DDR!
Arbeitskreis deutsch-deutsche Zusammenarbeit von unten im Netzwerk Friedenskooperative
Wie haben wir alle Beifall. geklatscht als sich das Volk der DDR sich seine Freiheit gegen die bürokratische SED-Herrschaft gewaltfrei erkämpfte. Mit Recht fordern alle freie Selbstbestimmung für die Bürgerinnen und Bürger in der DDR. Diese Befreiung war ein Schritt, der die Kraft sozialer Bewegungen demonstriert, ein Schritt zur Mündigkeit der Menschen in diesem Land.
Während die Menschen in der DDR aber noch darum kämpfen, die Strukturen der SED-Bürokratie zu überwinden, damit sie sich nicht durch die Hintertür von Sach-, Ordnungs- und Verwaltungszwängen wieder festigt, wird von bundesrepublikanischer Seite aus Schritt für Schritt die Befreiung in der DDR infrage gestellt. Allerdings: Die neuen Fesseln werden in Glanzpapier geliefert. Dabei sind die herrschenden Kräfte hier demagogisch-eifrig am Werke, aus dieser Fremdbestimmung das hohe Lied der Selbstbestimmung zu reimen. Die Bürger der DDR werden von unseren Parteien nicht nur zur Wahlkampfmunition in der BRD degradiert, die hiesigen sozial- über frei- bis unionsdemokratischen Parteien versuchen auch, Korrespondenzparteien in der DDR nach ihrem Ebenbild zu formen, indem sie diese politisch und materiell ködern und direkt intervenieren. Vorsieht! Hier sind Marionettenspieler am Werket, die Selbstbestimmung scham1os mit Füßen treten.
Die Bundesregierung setzt noch einen drauf: Vor dem Bundestag am 18.1. erklärte sie, wenn die DDR nach den Wahlen am 6. Mai nicht bereit sei, die Vertragsgemeinschaft als ersten Schritt zur deutschen Einheit anzusehen, werde es nichts mit dem Vertrag. Sie stellt diese Bedingung an eine dann frei gewählte DDR-Regierung und sie meint die Einheit Deutschlands im Rahmen der NATO. Sie will in Wahrheit keine souveräne Regierung in der DDR, die eigenständig·handelt, sondern diktiert noch vor dem Gang zur Wahlkabine die Bedingungen.
Die DDR braucht schnelle Hilfe, sonst verfallen weiter die ökonomischen Strukturen und qualifizierten BürgerInnen laufen weg. Freilich erklären alle an diesem Spiel Beteiligten im Westen, dies wollten sie um jeden Preis verhindern, doch ohne Bedenken fügen sie hinzu: Hilfe bekommt Ihr erst, wenn Ihr die Bedingungen, die wir Euch stellen, erfüllt habt. Das heißt im Klartext:
Gebt Eure Identität und Eigenständigkeit auf. Pfeift auf die Ideale derjenigen, die den gewaltfreien Aufstand gegen die SED begonnen haben. Werdet wie der Weste. Behindert nicht länger den Selbstlauf des Kapitals. Erst dann werden wir Euch helfen. Und wenn Ihr nicht wollt oder immer noch denkt, Selbstbestimmung hieße, daß Ihr und nicht wir bestimmen, dann wird der Flüchtlingsstrom bald genug die Fundamente Eurer noch verbliebenen Handlungsfreiheit unterspülen. Jetzt sind die Menschen in der DDR, die mühsam ihren Weg suchen, gemeint, nicht die noch amtierende SED-Übergangsregierung.
Wir halten diese Politik der Bundesregierung für freiheitsfeindlich und erpresserisch gegenüber den BürgerInnen der DDR. Wer wirklich Selbstbestimmung will, muß dafür die Voraussetzungen schaffen. Deshalb fordern wir:
- Großzügige Hilfe, ohne Bedingungen, die nicht nur schnell bei den Menschen dort ankommt, sondern die auch die langfristigen Voraussetzungen für Selbstbestimmung stützt;
- Respektierung der Selbstbestimmung der Bevölkerung der DDR ohne westliche, Bevormundung, das heißt aber Anerkennung der DDB als souveräner Staat mit allen Konsequenzen als Vorbedingung für Verträge und gemeinsame Kommissionen. Wer zu solchen Schritten sich nicht entschließen kann, soll von Freiheit und Selbstbestimmung schweigen.
Der Zweistaatlichkeit·Deutschlands liegt die Teilung Europas als Ergebnis des Zweiten Weltkriegs zugrunde. Europas Teilung gilt es durch gleichberechtigte Kooperation und Entmilitarisierung, zuförderst auch beider deutscher Staaten, zu überwinden. Dazu sind die bestehenden Grenzen ohne wenn und aber anzuerkennen. Stattdessen spielt. die Bundesregierung -zynisch mit Worten, wenn der Bundeskanzler sagt: "Niemand will … die Wiedervereinigung verbinden mit einer Verschiebung bestehender Grenzen"! Das ist doch nur zu verstehen als: Erst Vereinigung,·dann Grenzkorrekturen. So schürt die Regierung falsche Erwartungen, so als könnten Deutsche in Schlesien oder Pommern irgendwann wieder "Land nehmen". Das ist Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen.
Wer sich nicht zur zweifelsfreien Anerkennung der polnischen Westgrenze bekennen will, darf von der Überwindung der europäischen Teilung nicht reden.
Frieden, freie Selbstbestimmung und gleichberechtigte Partnerschaft vertragen keine Politik der Erpressung und der Verunsicherung über Grenzen.
Wir fordern deshalb alle Beteiligten in der Bundesrepublik auf, diese Politik zu beenden. Wir befürworten eine Vertragsgemeinschaft der beiden deutschen Staaten in Fortführung des Grundlagenvertrages von 1972 in Verbindung mit einer Verstärkung der gesamteuropäischen Zusammenarbeit. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, setzen wir uns für eine Zusammenarbeit der sozialen Bewegungen, der Bürgerinitiativen, der Frauen- und Ökologiegruppen in beiden deutschen Staaten ein. Diese Zusammenarbeit von unten ist darauf gerichtet, das Zusammenwirken aller basisdemokratischen Kräfte im KSZE-Bereich zu entwickeln.